5 Strand Krimis: Killer, Kohle und Konsorten. Alfred Bekker
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу 5 Strand Krimis: Killer, Kohle und Konsorten - Alfred Bekker страница 39
Er spürte in seinem Innersten, dass er sie verloren hatte.
Jetzt, genau in diesem Augenblick.
Er musste schlucken.
Und dann fing er an zu reden. Gedämpft, tonlos und fast verzweifelt.
"Wenn ich's ungeschehen machen könnte, würde ich es tun. Bestimmt! Aber das geht nunmal nicht! Und damals brauchte ich Geld, saß auch sonst ziemlich tief in der Scheiße! Und bevor DU jetzt hier jetzt deine moralisch saubere, makellos weiße Weste zum Fenster hinaushängst, solltest du dir vielleicht mal eins vor Augen führen: Es hat dir all die Jahre nichts ausgemacht, von den Erträgen dieser 'Aufträge' zu leben."
"Ich habe es bis jetzt ja auch nicht gewusst", erwiderte sie. "Aber jetzt, jetzt weiß ich Bescheid. Und das ändert alles!"
"Was meinst du damit?"
Er fragte, obwohl er die Antwort im Grunde schon wusste.
"Das... muss ich mir noch überlegen", log sie.
"Überlegen? Willst du mich etwa nach all den Jahren hochgehen lassen?"
Carola schüttelte den Kopf.
"Keine Sorge! Ich habe ja schließlich für dich die Ahnungslose gespielt und diesem Moeller eine überzeugende Show geliefert. Das hast du selbst gesagt!"
"Ja..."
"Über diesen Punkt brauchst du dir also keine Sorgen machen."
"Und warum geht es dann?"
"Ob ich mit dir zusammen bleiben kann!"
Endlich war es also heraus.
"Verstehe...", murmelte er, obwohl das nicht stimmte. Er verstand kein bisschen, sondern war nur traurig und wütend.
Der Motor heulte auf. Carola klammerte sich unwillkürlich an ihren Sitz, als Martin die Kurve so rasant nahm, dass er auf die andere Straßenseite kam.
Ein entgegenkommender Mercedes antwortete mit der Lichthupe.
"Pass doch auf!", rief sie. "Wie fährst du denn! Willst du mich umbringen?
47
Moeller und Simitsch fuhren nach Essen, um sich mit einem dortigen Kollegen zu treffen, der ihnen die Wohnung von Kurt Erichsen zeigen sollte.
Simitsch fädelte sich ganz vorschriftsmäßig in den Verkehr gen Norden auf der A 45 ein.
Vor seinem Volvo befand sich ein lahmer Lkw und so dachte Simitsch an ein Überholmanöver. Er scherte nach links aus. Gleichzeitig kam ein Mercedes mit atemberaubender Geschwindigkeit heran und musste ziemlich abbremsen. Als er dann wenig später an Simitsch und Moeller vorbeizog, war ein wild gestikulierender, vogelzeigender Mann mit durchgeschwitztem Pilotenhemd und korrekt sitzender Krawatte zu sehen.
"Man kann es nicht jedem recht machen", tröstete Moeller.
Simitsch knurrte nur etwas Unverständliches vor sich hin.
Er drehte das Autoradio an. Die Bee Gees trällerten mit ihren hohen Stimmen einen ihrer Hits. Nein, das darf doch nicht wahr sein!, dachte Moeller. Das ist ja Ohrenfolter!
Er stellte sich vor, wie Coltrane den Gesang überspielt hätte. Atemlose Läufe, Tonkaskaden ohne die geringste Pause... Moeller nickte mit dem Kopf dazu.
Simitsch hatte sich auf die Fahrt gut vorbereitet und sich den Weg anhand einer detaillierten Straßenkarte präzise eingeprägt. Und so hatten sie keine Probleme, Erichsens Wohnung zu finden.
Es war eine schmucklose Wohnung in einem trostlosen Betonblock. Sie enthielt kaum Möbel, dafür einige Kisten mit Zeitungsausschnitten und Papieren.
Dazu Berge von Superhelden-Comics.
Die Durchsuchung war ziemlich gründlich, aber zunächst auch nicht sehr erfolgreich. Nichts, was irgendwie auf das Motiv hindeuten konnte, dass diesen Erichsen dazu getrieben hatte, einen Mord zu begehen und einen weiteren zu versuchen.
Dann fand Moeller einen Schlüssel, der hinter den Badezimmerschrank geklebt war.
"Sieht aus wie ein Schlüssel zu einem Bankschließfach oder so etwas ähnlichem", kommentierte Simitsch.
Moeller nickte.
"Wird sich ja wohl herausfinden lassen, wo dieses Ding 'reinpasst!"
48
Als Carola Feller an diesem Tag das Hauptpostamt verließ, schien die Sonne. Sie hatte Feierabend, aber sie wollte noch nicht nach Hause.
Sie ließ ihren Wagen auf dem Parkplatz am Hauptpostamt stehen und ging den schmalen Fußweg entlang, der zwischen Rathaus und Musikschule auf die Altenaer Straße führte, die bereits zur Fußgängerzone in der Innenstadt gehörte. Es war viel los. Das gute Wetter hatte die Leute aus den Häusern geholt. Cafés hatten Stühle und Sonnenschirme aufgestellt.
Ein Straßenkünstler brachte ein Abbild der Lüdenscheider Erlöser-Kirche auf das Pflaster, das er von einer Postkarte herunterkopierte.
Carola ließ sich von der Menge treiben, bis sie den Sternplatz erreichte. Links war etwas grün, ansonsten herrschten Stahl, Beton und Glas vor.
"Heh, warte mal!", rief eine Frauenstimme hinter ihr und riss sie aus ihren Gedanken.
Carola drehte sich um.
Ihre Kollegin Ingrid kam ihr entgegen.
"Hör mal, Carola, du lässt dich in letzter Zeit nirgends mehr sehen..."
"Naja..."
"Ist irgend etwas?"
"Nein."
"Hör mal, ich habe ein bisschen Zeit. Kommst du mit auf einen Cappuccino oder ein Eis?"
Carola sagte nicht nein.
Im nahen Stern-Center gab es eine Eisdiele. Gleich nebenan war ein Schwimmbad, nur durch eine Glaswand getrennt. Das sorgte für eine Art Urlaubsatmosphäre. Der leichte Chlorgeruch war ein Teil davon.
Carola hörte Ingrids Erzählungen kaum zu. Wie durch Watte hörte sie die neuesten Scheidungsgerüchte aus dem Kollegenkreis, die immer wieder durch kreischende Kinder aus dem Schwimmbad unterbrochen wurden, die sich todesmutig vom Einmeterbrett stürzten.
"Erzähl du doch mal was", forderte Ingrid dann. "Du bist so schweigsam. Ist was?"
Carola sah Ingrid an und fragte dann: "Sag mal, kennst du einen zuverlässigen Anwalt und Notar?"
"Oh", machte Ingrid. "So schlimm ist es schon mit euch. Das überrascht mich aber!"
49