5 Strand Krimis: Killer, Kohle und Konsorten. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу 5 Strand Krimis: Killer, Kohle und Konsorten - Alfred Bekker страница 37
Was will er damit nur überspielen?, überlegte Moeller.
Der Kommissar hörte gar nicht mehr auf die einzelnen Worte.
Für ihn klang das Gerede in diesem Moment wie ein diffuser Tonbrei.
Wie sieht die Hölle aus?, dachte er. Einen Tag lang dazu gezwungen zu sein, die Musik von Tom Astor oder Heino zu hören oder dieses Gesabbel?
Er mochte nicht entscheiden, was schlimmer war.
Statt dessen schaltete er einfach ab.
Moeller hörte im Kopf die fulminanten, geradezu wahnwitzigen Läufe aus Charlie 'Bird' Parkers Stück AH-LEU-CHA.
Markus 'Bird' Moeller. Klingt doch auch nicht schlecht, oder?, ging es dem Kommissar durch den Kopf. Er dachte daran, den Song mal aufzunehmen, ließ den Plan in der nächsten Sekunde aber wieder fallen. Wahrscheinlich würde er beim Saxophonspielen nur einen Knoten in die Finger bekommen. Bei den Wahnsinnsläufen!
Martin Fellers Gerede wirkte auf Moeller wie Kaufhausmusik im Hintergrund. Man nahm sie erst war, wenn sie plötzlich nicht mehr lief und jemand sagte: "12 bitte 13!"
Moeller blickte quer durch den Raum.
Carola Feller stand am Fenster. Sie wirkt sehr nachdenklich und schaute hinaus. Die Arme hatte sie vor der Brust verschränkt. Ihre Augen waren rot umrandet.
Moeller ließ den Gebrauchtwagenhändler einfach stehen und trat neben sie.
"Muss ein Schock für Sie gewesen sein", sagte er, um Verständnis zu signalisieren.
Sie sah Moeller kurz an, antwortete aber nicht.
"Ich denke, dass Sie jetzt aufatmen können, Frau Feller."
Ihr Lächeln war dünn. "Sicher", murmelte sie.
Moeller hörte einen klagenden Saxophonton in seinem Kopf.
44
Moeller stand am Fenster seiner Wohnung und beobachtete, wie die Sonne als verwaschener Lichtfleck im grauen, dunstigen Himmel hinter der nächsten Anhöhe versank.
"Na, wat macht die Kunst?", rief der Mann im Unterhemd zu ihm herauf. Es war lausig kalt an diesem Abend, aber das schien der Kerl gar nicht zu registrieren.
Moeller blickte hinab.
"Häh?", meinte er.
"Na, kein Gedudel heute, woll? Ich habe mich schon gewundert! Unsere alte Mutter meinte schon, als sie Ihre Rostlaube auf dem Parkplatz gesehen hat: Dat wird 'ne unruhige Nacht! Aber bis jetzt habe ich noch keinen Laut gehört!"
"Künstlerische Krise", knurrte Moeller.
Aber das war nicht die Wahrheit.
Die Krise hatte nichts mit dem Saxophon zu tun, sondern mit dem kleinen Nebenjob, den er zu verrichten hatte.
Dies war einer jener Augenblicke, in denen Moeller sich wünschte, er wäre doch Musiker geworden und nicht Polizist.
Selbst, wenn man miserabel spielte und das Publikum mit Tomaten nach einem warf - Moeller glaubte einfach nicht, dass man sich dann unzufriedener mit sich und seiner Arbeit fühlen konnte, als ein Kriminalkommissar, der einen Fall zu den Akten legen musste, von dem er glaubte, dass allenfalls die Oberfläche aufgeklärt war. Und genau das würde passieren.
Moeller sah es auf sich zukommen.
So ein Mist!, durchfuhr es ihn.
Und dabei sah er das triumphierende Gesicht von Martin Feller vor seinem inneren Auge.
Wer mochte da noch an die göttliche Musik eines John Coltrane denken?
Alles passte viel zu gut zusammen.
Kurt Erichsen, wohnhaft in Essen, hatte die letzten Wochen auf einem Campingplatz in Windebruch an der Listertalsperre verbracht. In seinem Iglu-Zelt hatte man einiges an Belastungsmaterial gefunden. Insbesondere Fotos von Feller und Wolf, sowie einige zusammengeklebte Drohbriefe, die offenbar noch nicht abgeschickt worden waren.
Es sprach alles dafür, dass er Norbert Wolf am Abend seines Todes angerufen und unter irgendeinem Vorwand ans Ufer der Talsperre gelockt hatte, um ihn dort zu ermorden.
Seine Versuche, Feller umzubringen, waren jedoch gescheitert.
Aber was das Motiv war, das diesen jungen Mann dazu getrieben hatte, blieb nach wie vor im Dunkeln.
Es ist wie mit den Eisbergen, dachte Moeller. Neun Zehntel sind unter der Oberfläche.
"Sind Sie heute Abend eigentlich auch im Brauhaus?", drang jetzt wieder die Stimme des Mannes im Unterhemd an Moellers Ohr und riss ihn aus seiner inneren Welt heraus.
"Wieso?", fragte er. "Ist da heute was besonderes?"
"Der WDR macht da 'ne Fernsehsendung. 'Pro und Contra Sperrstunde' heißt dat Thema. Dat musste auch endlich mal diskutiert werden, woll?"
"Ja, ja", murmelte Moeller.
"Aber eigentlich gehört erstmal wat ganz anderes auf den Tisch!"
"So?"
"Nämlich dat unsere Stadt pleite ist."
"Welche Stadt ist das nicht?", meinte Moeller und überlegte sich dabei, ob es unhöflich war, wenn er einfach das Fenster schloss. Er hatte jetzt nämlich nicht die Nerven, sich einen Monolog über Kommunalpolitik anzuhören, dessen Essenz am Ende doch nur darin bestand, das alle Politiker entweder Schweine oder unfähig waren.
"Mein Zahnarzt hat mir erzählt, dat es jetzt in Werdohl eine Regenwassersteuer gibt! Ja echt, auf solche Gedanken kommen die, wenn die Kasse leer ist, woll?"
"Schlimm, schlimm", meinte Moeller und rang noch mit sich und der Frage, wie unhöflich man zu seinen Nachbarn sein durfte. Bei den Zeugen Jehovas kannte Moeller da weniger Erbarmen.
Der Mann im Unterhemd redete sich warm. "Ja, diese Regenwassersteuer, die wird nach der Dachfläche berechnet, woll! Habe ich jedenfalls gehört. Mannomann, da kann man ja von Glück sagen, dass das Sonnenlicht noch umsonst ist!"
"Da würde sich eine Besteuerung in dieser Gegend wohl kaum lohnen", meinte Moeller.
Der Mann in Unterhemd sah ihn groß an.
"Ja, dat ist ein wahres Wort!"
45
Zwei Tage später saßen Fellers in Moellers und Simitschs Büro auf dem Polizeipräsidium.
Martin Feller tickte mit den Finger nervös auf der Stuhllehne herum. Carola hingegen