Einäugige Killer: 5 klassische Krimis. Cedric Balmore

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Einäugige Killer: 5 klassische Krimis - Cedric Balmore

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wert, und von dieser Gewichtseinheit hatte er mindestens fünf.

      Ich erwiderte ihr Lächeln, eher vorsichtig als liebenswürdig. An dem Mädchen war etwas, das mir nicht gefiel, aber ich konnte nicht auf Anhieb sagen, was es war. Sie hatte alles, was einen Mann das große Kribbeln überkommen läßt: ein vollkommenes Gesichtsoval mit riesigen langbewimperten Augen, silberblondes Haar, einen hungrigen Mund, Beine, die Klasse waren, und eine Figur, die männlichen Kennerblicken eine Menge Parkplätze bot.

      Ich stand in der Fulton Street, dem Hauser Building genau gegenüber. Ich hatte meinen alten Salz-und-Pfeffer-Anzug an. Er ließ mich stockkonservativ und ein wenig gestrig aussehen — als trüge ich die abgelegten Klamotten meines Chefs auf.

      Das Girl lächelte noch immer. Sie öffnete ihre Handtasche. Im nächsten Moment umspannte sie mit der schlanken gepflegten Rechten den Griff einer Pistole.

      Ich sah das Mädchen zum erstenmal in meinem Leben und wünschte mir, sie unter weniger sensationellen Aspekten kennengelernt zu haben. Es war nicht vorstellbar, daß sie den Wunsch hatte, mich mit der Waffe in der Hand um ein Rendezvous zu bitten. Ihre nächsten Worte bestätigten diese Annahme.

      »Sie werden jetzt sterben, G-man«, sagte sie.

      Es war kein Haß in ihrer Stimme, aber auch keine Fröhlichkeit. Was sie sagte, klang eher ein wenig bitter, aber auch abgeklärt und entschlossen. Sie machte nicht den Eindruck eines Menschen, der irgendeinem Argument zugänglich sein würde.

      Sie hatte den Finger am Druckpunkt des Abzugs liegen. Es war klar, daß ich versuchen mußte, ihr die Waffe mit einem Handkantenschlag aus den Fingern zu fegen, aber ich tat zunächst nichts dergleichen.

      »Jeder Verurteilte hat ein Anrecht, zu der gegen ihn erhobenen Anklage Stellung zu nehmen«, sagte ich. »Warum wollen Sie mich töten?«

      »Sie haben Les erschossen. Nun erschieße ich Sie!«

      Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber in diesem Moment krachte es.

      Die Puppe vor mir zuckte zusammen. Ich wußte jetzt, daß sie keine Lady war. Ladys töten nicht. Aber sie war schön, schön genug, um sich vorzustellen, wie es wohl wäre, wenn man seine Arme um sie schließen könnte.

      Die Puppe ließ die Hand mit der Pistole fallen. Die Waffe löste sich aus ihren Fingern und krachte auf den Bürgersteig. Meine Umgebung kam zu einem plötzlichen Halt, als wäre sie Teil eines Films, dessen Projektion gestoppt worden war.

      Der Schuß hatte die Leute versteinern lassen, aber schon im nächsten Moment kam Bewegung in die Masse. Die Menschen liefen schreiend auseinander. Sie suchten Schutz in Hauseingängen und hinter parkenden Fahrzeugen.

      Das Girl fiel mir in die Arme. Sie war leicht, weich und elastisch. Um so erschreckender war die Feststellung, wie sie auf einmal starr und schwer wurde. Meine rechte Hand, die auf dem Mädchenrücken lag, berührte den häßlichen Rand einer Einschußwunde und fühlte die Wärme des hervorquellenden klebrigen Blutes. Ich ließ das Mädchen zu Boden gleiten und hob gleichzeitig den Blick, um zu sehen, wer geschossen hatte.

      In diesem Moment sah ich meinen Freund und Kollegen Milo Tucker. Er stand nur sieben Schritte von mir entfernt, in der Rechten seinen Dienstrevolver.

      Milo gab sich einen Ruck und kam auf mich zu. Er schaute dem Mädchen in die brechenden Augen. Ich sah, wie er schluckte.

      »Aus«, sagte er dumpf.

      Warum starb das schöne Mädchen?

      Ich drehte das Mädchen behutsam auf die Seite. Meine Blicke hingen an seinen Lippen und warteten auf ein letztes Wort. Es kam nicht. Als ich mich erhob, war es mir zumute, als müßte ich eine Tonnenlast hochstemmen.

      »Warum hast du das getan?« fragte ich. Ich schaute noch immer die Tote an. »Okay, sie hat mich bedroht. Sie wollte mich töten. Aber du hättest sie mit einem gezielten Schuß in den Arm außer Gefecht setzen können…«

      »Sie wollte dich töten?« fragte Milo.

      Ich blickte ihn stirnrunzelnd an. »Das hast du doch gesehen«, sagte ich.

      Milo sah verblüfft aus. »Wovon redest du überhaupt?« fragte er. »Ich sah nur ein Mädchen, das mit dir sprach und mir dabei den Rücken zukehrte. Ich habe nicht auf sie geschossen. Ich riß die Waffe aus der Schulterhalfter, als ich den Schuß krachen hörte und das Mädchen zusammenzucken sah.«

      »Der Schuß kam aus deiner Richtung.«

      »Nein, er kam von da drüben, von der Fahrbahn her«, widersprach mir Milo und wies auf die Straße. Die Fahrer in der langen Autoschlange hatten nicht einmal bemerkt, was geschehen war. Die parkenden Fahrzeuge am Bürgersteig entzogen ihnen die Sicht auf die Tote. Zögernd kamen die geschockten Tatzeugen aus ihren Verstecken hervor. Um uns bildete sich ein dichter Ring von Neugierigen.

      »Ich hab’ den Mann gesehen«, erklärte eine Frau aufgeregt. »Er hat aus einem Wagen geschossen!«

      »Haben Sie sich die Wagennummer gemerkt?« fragte ich.

      »Nein — es ging zu schnell.«

      »Würden Sie den Mann wiedererkennen?« wollte ich wissen.

      Die Frau zögerte. Sie fühlte alle Blicke auf sich gerichtet. Sie war eine einfache Frau. Möglicherweise geschah es zum erstenmal, daß sie auf diese Weise in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt wurde. Sie fühlte, daß sie sich bewähren mußte, und versicherte: »Ganz bestimmt sogar! Ich weiß genau, wie er aussah… Ein brutaler Kerl mit einer Boxervisage.«

      »Unsinn«, widersprach ein hochaufgeschossener Endfünfziger. »Er hatte ein rundes, nichtssagendes Gesicht… Glatt rasiert, ohne besondere Merkmale. Der Kerl trug einen dunkelbrauen Filzhut mit hellem Band.«

      Die Leute redeten wild durcheinander; Gefühlsmäßig hielt ich den Mann für den zuverlässigeren Beobachter, aber natürlich mußten wir dafür sorgen, daß jede Aussage detailliert zu Protokoll genommen wurde.

      »Ich rufe die Polizei und die Mordkommission«, sagte Milo und drängte sich durch den Kreis der Neugierigen.

      Ich bückte mich nach der Lackledertasche der Toten und hob sie auf. Der Führerschein des Mädchens lautete auf den Namen Corinna Price. In einem Seitenfach entdeckte ich die quittierte Rechnung eines exklusiven Modehauses. Sie lautete über zweihundertelf Dollar und enthielt Corinnas volle Adresse: West End Avenue 414.

      Dann kam das übliche. Die Mordkommission, .Erklärungen, Fragen, Berichte und ani Ende das Unterschreiben der Protokolle. Milo und ich setzten uns eine halbe Stunde später in meinen Jaguar. Wir riefen das District Office an, gaben unseren Standort durch und berichteten, was geschehen war. Dann stoppten wir vor einem Schnellrestaurant, das für seine reiche Auswahl großer Steaks bekannt war.

      »Ich kann jetzt nicht essen«, sagte ich, als Milo ausstieg.

      »Ich kann mir denken, wie dir zumute ist«, meinte Milo. »Bloß mein Magen schafft das nicht.«

      »Ich hol’ dich in einer halben Stunde hier ab«, sagte ich. »Bis zur West End Avenue sind es nur fünf Minuten. Ich, muß feststellen, wer das Mädchen war.«

      »Das schaffst du auch mit ein paar Anrufen«, meinte

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