Einäugige Killer: 5 klassische Krimis. Cedric Balmore
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Einäugige Killer: 5 klassische Krimis - Cedric Balmore страница 4
»Haben Sie etwas zu verbergen?«
»Nein, nein«, meinte sie hastig. »Was bringt Sie denn darauf?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich finde, Sie sollten der Polizei keine Schwierigkeiten machen und den Beamten erlauben, Lalas Zimmer anzusehen. Schließlich geht es darum, einen Hinweis auf die Motive Ihrer Schwester und des Täters zu bekommen.«
Corinna 'Price betrachtete das glühende Ende der Zigarette. Ich hätte etwas darum gegeben, in diesem Moment Gedanken lesen zu können.
»Wohnen Sie hier bei Ihren Eltern?« erkundigte ich mich.
»Nein — das Apartment gehört Lala und mir.«
»Wo leben Ihre Eltern?«
»Wir haben nur noch einen Vater«, sagte sie.
Ich wurde ungeduldig. Ich hatte Verständnis für die Verwirrung, die die Nachricht von Lalas Ende in dem Mädchen ausgelöst hatte, andererseits kam ich nicht von dem Verdacht los, daß Corinna Price’ Einsilbigkeit andere Ursachen hatte als die eines Schocks. Mir schien es so, als sei sie bestrebt, Zeit zu gewinnen oder meine Ermittlungsbemühungen zumindest zu bremsen.
»Wer ist Ihr Vater?« fragte ich sie. »Raymond Kenneth Price«, antwortete sie.
Ich starrte sie an. »Ist er unter dem Namen Ken Price bekannt?«
»Ja«, sagte sie.
Ken Price! Er lebte in Chicago. Er war möglicherweise der letzte große Syndikatsboß aus der Capone-Ära. Niemand wußte genau, wie er es geschafft hatte, das Sterben der großen Syndikate zu überdauern. Ken Price war bereits eine Legende. Ich hatte nicht gewußt, daß seine Töchter in New York lebten.
»Wann war er zuletzt hier?«
»Papa kommt nie nach New York«, erklärte Corinna Price. »Sie sind der erste, der erfährt, daß Lala und ich seine Töchter sind. Selbstverständlich gibt es ein paar Eingeweihte, die die Wahrheit kennen. Meine Schwester und ich hatten keine Ursache, damit hausieren zu gehen. Papa war strikt dagegen. Er hat viele Feinde, das wissen Sie. Er wollte diesen Feinden keine Gelegenheit geben, uns zu entführen, er wollte sich nicht auf diese Weise erpressen lassen. Price ist ein häufiger Name, fast Dutzendware. Niemand in New York denkt sich was dabei, wenn man ihn trägt. Und doch ist es ein besonderer Name«, schloß sie bitter. »Lalas schreckliches Ende beweist es.«
»Wäre Lala einfach so erschossen worden, hätte ich annehmen können, daß es dem Täter darum ging, Ihren Vater zu treffen. Aber Lala sprach mich an. Sie sagte wörtlich, daß ich sterben müßte, weil ich Les erschossen hätte.«
»Ich schwöre Ihnen, daß ich nicht verstehe, wie das zusammenhängt.«
»Sie waren Zwillinge. Schwestern. Sie müssen sich doch in- und auswendig gekannt haben!«
»Äußere Gleichheit muß nicht innere Harmonie voraussetzen«, widersprach Corinna. »Wir haben uns nicht verstanden. Wir gingen uns aus dem Weg.«
»Die Wohnung ist sicherlich groß genug, um das möglich zu machen«, sagte ich.
»Sonst hätten wir es nicht zusammen ausgehalten. Wir teilten nur dieses Wohnzimmer — aber wir betraten es nur einzeln«, sagte sie. »Wenn Lala hier war, blieb ich draußen, und wenn ich mich in diesem Raum aufhielt, kam Lala nicht herein. Jede von uns hat ein paar eigene Räume, jede ein eigenes Bad.«
»Wie groß ist der Scheck, den Sie von Ihrem Vater erhalten?« fragte ich.
»Für jede von uns sechzehnhundert im Monat«, antwortete das Girl. »Keine Miete. Das Apartment ist auf unseren Namen eingetragen. Papa hat es uns geschenkt.«
»Jetzt gehört es Ihnen«, stellte ich fest. »Es muß rund hunderttausend wert sein.«
»Etwas mehr«, meinte Corinna Price. »Vielleicht ziehe ich jetzt aus. Die Wohnung ist zu groß für mich. Sie birgt Erinnerungen, die ich nicht mag. Lassen Sie uns offen miteinander sprechen. Ich weine um Lalas Schicksal, aber ich werde meine Schwester nicht vermissen. Im Gegenteil, Lalas Gegenwart war für mich zuweilen unerträglich, ein Alpdruck. Ich weine, weil ich eine Schwester hatte, die mir niemals nahestand.«
»Sie waren mit ihr zerstritten?«
»Wir haben kaum miteinander gesprochen, nur das Notwendigste«, sagte Corinna Price.
»Empfing sie oft Besuch?« fragte ich. »Kannten Sie Lalas Freunde?«
»Nein, sie verbrachte die meisten Nächte außer Haus. Sie war beständig unterwegs.«
»War das Ihrem Vater recht?«
»Nein, aber gegen Lalas Dickkopf kam er nicht an.«
»Ken Price ist ein mächtiger, auf seine Sicherheit bedachter Mann«, stellte ich fest. »Wie erklärt es sich, daß er seine Töchter nicht beschützen läßt?«
»Oh, wir haben unsere Leibwache«, meinte das Mädchen bitter. »Das ist das Schlimmste an meinem Leben — nie wirklich allein zu sein.«
»Lala war allein, als sie der tödliche Schuß traf. Ich habe jedenfalls keinen Wächter bemerkt, der sie zu schützen versuchte.«
»Wahrscheinlich ist sie ihm entwischt. Dafür hatte sie eine besondere Begabung.«
»Würden Sie mir bitte erlauben, einen Blick in das Zimmer Ihrer Schwester zu werfen?«
Corinna Price drückte ihre Zigarette in einem Ascher aus. »Nein«, sagte sie nach kurzem Nachdenken. »Papa würde mich schelten, wenn ich das zuließe. Wer und wie Lala auch gewesen sein mag — sie war meine Schwester. Es ist meine Pflicht, alles zu tun, um ihren Tod nicht zur Ursache dunkler Skandalgeschichten werden zu lassen.«
Es war klar, was Corinna Price meinte. Sie wollte Lalas Briefe und andere persönliche Dinge aus dem Zimmer der Schwester entfernen, um der Öffentlichkeit keinen Einblick in die Intimsphäre der Ermordeten zu geben. Corinna Price wünschte, daß diese Öffentlichkeit Lala als das unschuldige Opfer eines brutalen Killers sehen sollte. Ich wußte, daß dieses Bild nur zur Hälfte stimmte und daß Corinna Price kein Recht hatte, die Tatsachen zu unterdrücken oder zu verfälschen. Ich sagte ihr das mit ein paar passenden Worten.
Das Mädchen blieb davon unbeeindruckt. »Ich bleibe bei meinem Nein«, sagte sie.
Ich wies mit dem Kopf auf das Telefon. »Wollen Sie nicht Ihren Vater anrufen?«
»Später«, sagte sie. »Wenn Sie gegangen sind.«
»Haben Sie ihn oft besucht?«
»Zwei-, dreimal im Monat«, sagte Corinna Price. »Lala war noch häufiger bei ihm. Sie'verstand es, ihren Vorteil zu wahren.«
»Ich werde im Haus herumfragen müssen, um mehr über Ihre Schwester zu erfahren«, sagte ich und stand auf.
»Muß das sein?« fragte Corinna Price pikiert. Sie begleitete mich in die Diele.
»Sie ziehen ja sowieso aus«, sagte ich