Projekt Golem. Paul Baldauf
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„Seien Sie willkommen, bitte, treten Sie ein. Sie sind die Ersten!“
Kapitel 2 – London-Richmond
Der Wecker klingelte. Madeeha schreckte auf, rieb sich die Augenlider und kam langsam zu sich. Dann stieß sie die Zudecke resolut zur Seite. Seit Beginn ihrer Arbeit in diesem Laboratorium, musste sie sich an einen ganz anderen Rhythmus gewöhnen, eine Umstellung, die ihr immer noch schwerfiel.
Mit zwei Wörtern aktivierte sie einen Schalter: Lichter erhellten daraufhin den Raum. Sie stieg aus dem Bett und griff nach ihrem leichten Morgenmantel. Dann beugte sie sich zu ihrem Nachttisch, nahm ihren kleinen «Communicator» an sich, aktivierte das Gerät per Fingerabdruck und sprach: „C“. Nun hörte sie, von der angrenzenden Küche kommend, das Geräusch der eingeschalteten Kaffeemaschine und sprach laut und klar „S“. Kurze Zeit später hörte sie schon das vertraute Geräusch fließenden Wassers aus der Dusche.
Während Wasser über ihren Körper rann, kehrten ihre Gedanken wieder zu ihrer Arbeitsstelle zurück. Sie war noch immer darüber erstaunt, wie leicht sie diesen Job bekam.
Meine Arbeitszeit ist sehr unregelmäßig, bei vergleichsweise guter Bezahlung. Versteht kein Mensch: Einmal soll ich früh kommen, dann spät, manchmal Dienst über Nacht. Am besten, ich denke gar nicht darüber nach, debattiere auch nicht mit ihm. Hauptsache, er zahlt. Wird ein zerstreuter Professor sein.
Seit ihr Mann vor ein paar Jahren von einem Heimatbesuch zunächst nicht zurückgekehrt und Monate später einer heimtückischen Krankheit erlegen war, bewohnte sie das kleine Apartment allein. Ihre Eltern lebten in einem anderen Stadtteil Londons, zusammen mit ihrem Bruder. Weder sie noch er wussten, worin genau ihre Arbeit bestand. Sie hatte ihnen erzählt, dass sie – zusammen mit einer Buchhalterin – einem Professor bei der Büroarbeit helfe und damit waren alle zufrieden.
Während Madeeha sich einseifte, kam ihr Professor Dr. Moore in den Sinn. Seltsamer Typ…Manchmal scheint er gar nicht richtig da zu sein, wie wenn er in die Ferne blicken würde. Verheiratet? Er hat so etwas Unruhig-Gehetztes im Blick. Möchte wissen, woran er forscht. Die Räume im Untergeschoss…Ich soll aufpassen, dass kein Unbefugter Zutritt erlangt und darf die Räume auf keinen Fall betreten. Angeblich wegen «nötiger Keimfreiheit» von Bakterienkulturen. Alle Leute, mit denen er im Labor zu tun hat und ausgewählte Besucher sind in seiner Datenbank erfasst, erlangten erst Zutritt, nachdem das Lasergerät ihre ID auf dem Chip abtastete. Aber er lässt längst niemand mehr hinein.
Was verbirgt sich hinter dieser mehrfach gesicherten Tür? Was bedeutete dieser verschlüsselte Hinweis, den ich auf einem Notizzettel von ihm fand: «PROJEKT GOLEM»? Es war durchgestrichen, aber ich konnte es noch entziffern. Wenn ich daran denke, wie einmal an der Haupteingangstür die Zugangskontrolle nicht funktionierte, Unbekannte, darunter auch Journalisten und Gentechnik-Gegner, bis zum 2. Stock vordrangen…Dabei steht oben vieles leer. Jemand schlug Alarm, nahm die Leute fest, ermittelte ihre Identität und übergab sie später der Polizei.
Es floss kein Wasser mehr.
Sie trat aus der Dusche und begann, sich abzutrocknen.
Kapitel 3
Professor Dr. Moore verließ den Fahrstuhl, nachdem ihm dort eine computergenerierte Stimme «Angenehme Nachtruhe!» wünschte.
„Nachtruhe?“ murmelte er, „wie schreibt man das?“
Dann schritt er in erhöhtem Tempo durch einen schmalen Gang, öffnete eine Glastür und betrat einen rundumlaufenden Balkon. Vom zehnten Stock aus war die Aussicht grandios. In der Ferne erkannte er das Parlamentsgebäude, das immer noch populäre – «London Eye» genannte– Riesenrad, früher eines der Wahrzeichen Londons und die Themse. Mit einer Hand fuhr er hastig in die Innentasche seines weißen Kittels und fingerte eine Zigarettenschachtel und Streichhölzer heraus. Er genoss den ersten Zug und stieß Rauch aus, während ihn ein nie zuvor mit dieser Intensität erlebtes Gefühl unsagbarer Genugtuung überkam. Er neigte den Kopf zurück und lehnte sich an der Wand an. Über London war schon die Nacht hereingebrochen. Aber «Nacht» oder «Tag», was bedeutete das für ihn, einen Mann, der in ganz anderen Kategorien dachte.
Wenn ich mir vorstelle, dass noch niemand davon weiß…Er spürte mit einer gewissen Beklemmung, dass es ihm zusehends schwerer fiel, sein Geheimnis für sich zu behalten. Professor Moore nahm einen weiteren Zug an der Zigarette und blickte erneut in die Weite.
Ein guter Schachzug, dass ich die Räume im Untergeschoss als «Lager für Büromaterial und Einrichtungsgegenstände» deklariert habe. Auch die schalldichte Isolierung, getarnt als Wärmedämmung, war eine gute Idee. Sonst hätte eines Tages vielleicht doch noch jemand irgendwelche Laute gehört. Offiziell arbeite ich in den oberen Etagen, an vergleichsweise harmlosen Projekten.
Zehn Jahre harter Arbeit, davor die Studienzeit: London, Harvard. Gar nicht zu reden von intensiver Weiterbildung, oft bis in die Nacht oder bis zum Morgengrauen. Dabei immer nur EIN ZIEL vor Augen, das ich anderen gegenüber – zumindest in den ersten Jahren – nie formuliert habe. Nun fühle ich mich wie ein Bergsteiger, der nach langem, äußert mühsamem Aufstieg endlich den Gipfel des höchsten Berges der Welt erreicht hat und dem sich eine einmalige, grandiose Aussicht bietet, ein Anblick, der anderen verschlossen ist.
Er zerdrückte den Zigarettenstummel mit dem Absatz. Nein, der Vergleich hinkt natürlich. Damit lässt sich noch nicht einmal die Mondlandung vergleichen!
Nun überkam ihn erneut eine Unruhe und innere Bewegtheit, die in eine Art Rausch übergingen. Das müsste gefeiert werden! Doch mit wem? Vor seinem geistigen Auge tauchte die Gestalt von Professor Dr. Frank Lewis auf. Er bemühte seine Erinnerung und ließ Gespräche und Begegnungen mit ihm Revue passieren. Dabei war er sich bewusst, dass sein alter Bekannter eine der seltenen Personen war, die man als verschwiegen bezeichnen konnte.
Kapitel 4
Bevor Madeeha Kaffee trank, sprach sie noch schnell ihre Musikanlage an: „Mahia!“ Als das Lied wieder verklang, machte sie sich fertig.
Wenn sie für eine Nachtschicht eingeteilt war, holte sie ein Fahrer, ein freier Mitarbeiter, in einem unauffälligen Auto ab. Madeeha bemerkte bald, dass er nicht gesprächig war. Dies war ganz in ihrem Sinne, brauchte sie doch eine ganze Weile, bis sie so richtig wach wurde. Zuweilen sah sie, wie er in rundumlaufende Rückspiegel blickte. Dann wieder sah er stur vor sich hin, während er einen Stadtteil Londons durchquerte. Sie blickte dann durch die Scheibe hinaus, betrachtete Straßenszenerien, Lichter von Reklamen, Schaufenstern und Ampeln, aufkreuzende Taxis oder Passanten. Sie sah Nachtschwärmern nach, die in kleinen Gruppen zusammenstanden oder orientierungslos durch die Straßen liefen.
Vor dem großen Gebäude angekommen, in dem das Forschungslabor untergebracht war, stieg sie aus dem Wagen. Der Fahrer stieg mit ihr aus, lüftete seine Mütze und wechselte ein paar belanglose Worte. Er wartete, bis sie im Inneren des Gebäudes verschwand, stieg wieder ein und fuhr davon.
Sie aktivierte einen Schalter und durchschritt einen schmalen Gang. Wie still es hier um diese Uhrzeit ist! Sie näherte eine Chipkarte einem Control-Display am Fahrstuhl. Ein Signal erklang als Zeichen, dass sie als berechtigte Nutzerin identifiziert war. Sie trat näher, sprach „D“ und der Fahrstuhl setzte sich, aus einem oberen Stockwerk kommend, in Bewegung. Ob Professor Moore noch da ist? Die Tür der Aufzugkabine öffnete sich:
«Good