Projekt Golem. Paul Baldauf

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Projekt Golem - Paul Baldauf

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zu einem derartigen Gebäude fahren zu lassen.

      „Kann man so sehen.“

      Professor Lewis gähnte demonstrativ. Der Fahrer sollte erst gar nicht auf die Idee kommen, dass er hier für ein Kurzinterview zur Verfügung stand.

      Professor Moore sprach das Kürzel, das eine Kommunikationsverbindung zu Madeeha aufbaute. Sie nahm nicht ab.

      „Sehr schön, auf dem Nachhauseweg.“

      Er ging in den Nebenraum. Auf das Wort «open» hin, öffnete sich ein Kühlschrank. Er entnahm ihm eine Flasche Krimsekt. Dann bewegte er sich auf eine kleine Anrichte zu, über der er auf einem Regal zwei geeignete Gläser entdeckte. Als er wieder in seinem Büro war, meldete sich Frank.

      „Ich stehe unten. Kannst du aufmachen?“ „Warte ein paar Sekunden, dann geht die Tür auf. Bleibe in der Vorhalle, ich komme.“

      Professor Moore spürte, wie seine Spannung anstieg. Wie gut, dass mir die Idee kam, Frank anzurufen. Er drückte auf einen Schalter, die Haupteingangstür öffnete sich. Während er zum Aufzug ging, kamen Erinnerungen an seinen Besucher an die Oberfläche seines Bewusstseins. Erlebnisse seiner Studienzeit tauchten wieder auf, Szenen von Begegnungen in Harvard und London. Auch wenn Frank schließlich eine andere Laufbahn einschlug, sich später besonders in Biophysik und Bionik einen Namen machte, so zählte er doch zu der fast schon aussterbenden Spezies von Menschen, die auf vielen Gebieten der Naturwissenschaft beschlagen waren und sich, von der Höhe umfassender Allgemeinbildung aus, zu breit gefächerten Themen kompetent äußern konnten.

      Unten angekommen, erkannte er ihn schon von weitem. Professor Moore beschleunigte seinen Schritt. Als er sich einem sichtlich gealterten Mann gegenübersah, war er für kurze Zeit fast gerührt.

      „Danke, dass du gekommen bist, Frank!“ Sie klopften sich gegenseitig auf die Schultern. „Mensch, lass dich ansehen: Wie lange ist es her, seit wir uns zuletzt trafen?“

      „Sieben, acht Jahre?“

      „Ich glaube länger. Hauptsache, wir sehen uns endlich wieder. Komm, lass uns erst einmal hochfahren.“

      Oben angekommen, trat Professor Lewis an die breite Fensterfront und blickte hinaus in die Weite. Dann sah er sich im Raum um. Sein Gastgeber deutete auf einen schweren Ledersessel.

      „Komm, nimm erst einmal Platz.“

      Professor Lewis konnte es immer noch nicht ganz glauben. Nun saß er hier, mitten in der Nacht einem alten Bekannten, zu dem der Kontakt abgerissen war, in einem relativ dunklen Büroraum gegenüber, weil angeblich eine «Sensation» auf ihn wartete. Er sah sich nochmals um. Eine Weltpremiere? Erlaubte John sich einen üblen Scherz?

      „Warte auf mich, bin gleich wieder da.“ Professor Lewis sah ihm nach. In Gedanken überflog er einen Kalender. Nein, John hat irgendwann im Winter Geburtstag, wenn ich mich recht erinnere, das kann nicht der Grund sein. Er hörte, wie sich dessen Schritte entfernten und wie er in einem unweit gelegenen Raum hantierte. Da kehrte er schon wieder zurück. John hielt eine Flasche Sekt und zwei Gläser in der Hand, kam näher und stellte sie in Reichweite auf einen kleinen Tisch. Dann entkorkte er und goss zielsicher in beide Gläser. Frank warf einen Blick auf das Etikett – Krimsekt? – dann auf John, der ihm noch eine Erklärung schuldig war.

      „Ich habe vergessen zu fragen, ob du um diese Uhrzeit Sekt trinkst.“

      „Selten, John…Nun rück schon heraus mit der Sprache. Was ist los, was gibt es zu feiern?“

      „Lass uns erst einmal anstoßen. Du wirst ein Glas brauchen. Nachher gehen wir nach unten, das Rätsel wird sich lösen. Du wirst sehen, ich habe nicht übertrieben.“

      Nun verriet schon John’s Stimme, dass er sich in Ausnahmestimmung befand. Franks Spannung und Gefühl der Irritation wuchs. „Auf dich, Frank, auf unser Wiedersehen, auf die freie Forschung!“

      Sie stießen an und nahmen einen ersten Schluck.

      „Auf die «freie Forschung» sagtest du?“ John schien es, als habe er aus Franks Stimme Argwohn herausgehört. Er führte sein Sektglas erneut an den Mund und trank es zügig fast leer. Frank bemerkte dies. Was war mit John los?

      „Freie Forschung: Ganz frei ist sie ja nicht, zum Glück nicht. Der Gesetzgeber zieht ihr Grenzen. Meiner Ansicht nach sollten sie manchmal deutlich enger gezogen werden.“ John winkte ab.

      „Ich weiß – darin kam ich mit dir ja nie auf eine Linie. Ich will dir wahrlich nicht zu nahetreten, aber das hat natürlich auch mit deiner, hm, wie soll ich sagen? «Weltanschauung» zu tun.“

      John biss sich auf die Lippen. Er wusste, dass Frank zu den selten gewordenen Wissenschaftlern zählte, die noch christlich orientiert waren. Zumindest war dies vor einem Jahrzehnt so. Vermutlich war es besser, das Thema gar nicht erst zur Sprache zu bringen. Der Einstieg war etwas missglückt.

      „Noch einen Schluck?“

      Er wartete die Antwort nicht ab und füllte Franks Glas bis an den Rand.

      „Arbeitest du hier oben, in diesem Stockwerk?“

      „Ja, das heißt, auch. Nachher wirst du es sehen und verstehen. Du bist der Einzige, Frank,“ – er trank sein Glas hastig zu Ende – „zumindest zunächst, dem ich alles anvertraue.“

      Frank verhielt den Atem und betrachtete möglichst unauffällig die Gesichtszüge seines Gegenübers. Bisher sprach John noch in Rätseln oder wie jemand, der unter Schlafentzug leidet.

      „Du sagtest, wir gehen nach unten?“

      „Ja, in einen Raum im Untergeschoss. Dort hat – seit einiger Zeit – kein Mensch mehr Zutritt.“

      „Also fasse ich es erst einmal als Ehre auf. Du machst es spannend.“

      Frank betrachtete erneut Johns Gesicht. Es wirkte auf ihn überspannt. Vielleicht war er einfach nur überarbeitet? Auch seine Stimme fiel ihm auf. Zuweilen hörte sie sich an, als sei sie aus dem Lot geraten. Professor Moore überprüfte den Pegelstand der Sektflasche. War es leichtfertig, Frank hierher zu bestellen? Ich habe doch die ganzen Jahre über den Mund gehalten. Andererseits, irgendwann muss es ja doch heraus. Ich werde es sowieso nicht lange geheim halten können, das würde ja auch gar keinen Sinn machen. Ob Frank noch einen Ton herausbringen wird? Und wenn er nicht Wort hält, sein Schweigen bricht?

      „John? Geht es dir gut? Woran denkst du?“ Professor Moore stand auf.

      „Möchtest du noch etwas essen, bevor wir nach unten gehen?“

      „Du meinst, ich sollte mich vorher noch stärken? Ein Sandwich wäre nicht schlecht.“

      Professor Moore entfernte sich. Sein Besucher hörte seine Schritte. Kurze Zeit später kam er mit einem großen Käsesandwich zurück.

      „Danke, John. Ganz schön groß das Gebäude.“

      Professor Lewis begann zu essen.

      „Einige Stockwerke stehen momentan weitgehend leer. Ein Pharmazieunternehmen war früher einmal an dem Haus interessiert, aber dann zerschlugen sich die Verhandlungen, angeblich wegen zu alter Bausubstanz.“

      Für einige Zeit trat Stille

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