Projekt Golem. Paul Baldauf

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Projekt Golem - Paul Baldauf страница 6

Projekt Golem - Paul Baldauf

Скачать книгу

würde eines von ihnen sagen wollen:

      «Ich bin doch ein halber Mensch: WARUM kann ich nicht sprechen?»

      Dann wiederum kommt es mir vor, als flüsterten sie:

      «Ich bin ein Tier, warum muss ich auch MENSCH sein?» – oder: «Ich bin ein Mensch, warum muss ich auch ein TIER in mir tragen?»“

      „HÖR AUF, JOHN, HÖR AUF!!!“

      Frank, von nacktem Entsetzen durchdrungen, hielt sich die Ohren zu. Hoffentlich hat er die Tür nicht verriegelt. Ohne ihn komme ich hier vielleicht nicht mehr heraus.

      „Beruhige dich, du wirst dich an sie gewöhnen.“

      „Das ist nicht dein Ernst, John, sag mir, dass das nicht stimmt! MENSCH-TIER, TIERMENSCH: Das ist nicht möglich! Ich weiß, dass ihr früher derartige Forschungen angestellt habt, ihr und viele andere Labore.

      Aber es war ja nur bis zu einem Frühstadium legal, maximal sechs Wochen, wenn ich mich recht erinnere und – soweit ich weiß – führte es nie weit. Ich war immer ganz strikt dagegen, das weißt du. Wie konntest du auf die Idee kommen, ausgerechnet mir… Wenn das wirklich stimmt, dann ist das ILLEGAL!“

      „Ich weiß. Aber manchmal kommt man nicht umhin, ein Gesetz zu umgehen oder auch zu brechen, wenn der Fortschritt der Menschheit auf dem Spiel steht.“

      „Der «Fortschritt der Menschheit»? Das glaubst du selbst nicht! Das habt ihr einfach so deklariert, ich kann mich noch erinnern: Angeblich trieb euch die Hoffnung an, einst alle unheilbaren Krankheiten zu kurieren. Aber gib es zu, das war nur ein Vorwand! Welche unheilbare Krankheit habt ihr denn kuriert? Du hast dich strafbar gemacht. Wenn das herauskommt, wirst du inhaftiert!“

      Frank schaute fassungslos nach rechts. Einige der grauenhaften Kreaturen waren deutlich kleiner als andere. Ihre Gliedmaßen waren ausgeprägt, ihr Nacken war stark. Es schien, als habe der Organismus sich zwischen aufrechter Haltung und auf-allen-Vieren nicht recht zu entscheiden gewusst.

      „Eines Tages gelang es uns, das Frühstadium eines Wesens zu erzeugen, das genetisch aus Ratte, Schwein, Kampfhund zusammengesetzt war. Eine originelle Kombination, nicht wahr? Natürlich nicht zu gleichen Prozentzahlen. Ich nannte das Resultat «Chimäre». Das klang nach humanistischer Bildung.“

      Frank legte sich eine Hand auf den Mund, seine Übelkeit wuchs. In den Räumlichkeiten des Untergeschosses herrschte überdies stickige Luft. Professor Moore wirkte beinahe abwesend, als er weitersprach:

      „Wir haben zunächst in einem größeren Team gearbeitet, alles hochspezialisierte Leute. Später habe ich einige aussortiert, als sich für mich langsam ein zum Ziel führender Weg abzuzeichnen begann.

      Am Anfang haben wir uns strikt an gesetzliche Vorgaben gehalten. Irgendwann haben wir eine Woche hinzugegeben…Doch als ich genug Kenntnisse gesammelt hatte, bin ich zum Schein ausgestiegen. Ich tat so, als würde ich diese Forschung einstellen. Die Gruppe löste sich auf. Was ist, so sagte ich mir, wenn einer von ihnen nicht den Mund halten kann? Außerdem wollte ich – wie ein Bergsteiger, den der Ehrgeiz packt, als Erstes einen Achttausendergipfel zu ersteigen – der Erste sein.

      Hier unten ist alles schalldicht. Die Geräte sind teuer, z.B. der Quantencomputer, mit dem wir unsere Molekül-, unsere Genmodelle berechnet und dreidimensional dargestellt haben. So fiel keinem auf, dass der Zugangsweg zu diesem Raum hier bewacht wird, obgleich ich den Aufwand hierfür inzwischen reduziert habe. Besucher kommen nur in die oberen Etagen. Dort arbeiten wir an harmlosen Dingen, Untersuchungen an Viren- und Bakterienstämmen, auch in Zusammenhang mit Pflanzen, alles legal. Aber, wie du weißt, haben in letzter Zeit radikale Genforschungsgegner von sich reden gemacht. Ich will hier keinen Ärger, muss vorsichtig sein. Also, zunächst war es mir auch unheimlich, als sie ein gewisses Entwicklungsstadium überstanden und nicht abstarben. Aber dann wollte ich unbedingt sehen, wie es weitergeht.“

      John steckte die Fackeln in Eisenringe, die an der Wand angebracht waren. Nun trat er näher und sah Frank eindringlich an.

      „Ich will dir nicht zu nahtreten. Ich achte jede Überzeugung oder Religion als Ausdruck freier Selbstbestimmung, aber, wie heißt es noch gleich in der Bibel:

      «Er schuf ein jegliches nach seiner Art»?

      Du wirst die Stelle besser kennen als ich, aber diese hier“, er deutete zu den Käfigen, „habe ICH geschaffen: Eine Art, die es vorher nie gab! Selbst wenn ich diese BIBEL für eine HEILIGE SCHRIFT halten würde: Was bedeutet uns heute noch der Glaube an einen «Schöpfer»? ICH BIN jedenfalls ein Schöpfer! Ich muss nur noch einen passenden Namen für sie finden: «Sie bei ihrem Namen nennen». So heißt es doch in diesem Buch, das manche immer noch für «das Buch der Bücher» halten, nicht wahr?“

      Frank hatte seinem alten Bekannten mit steigerndem Entsetzen zugehört.

      „Wie lange schläfst du nicht mehr richtig, John?“

      Professor Lewis hörte Geräusche aus einem der Käfige. Er drehte sich um, doch von erneutem Grauen befallen, wandte er seinen Blick wieder ab.

      „Und dann, wenn du für diese monströse «Art» einen Namen gefunden hast, was willst du als Nächstes tun? Sie dir vielleicht patentieren lassen?“

      Der höhnische Unterton war nicht zu überhören. Doch Professor Moore schien er entgangen zu sein. Er sah vor sich hin.

      „Patentieren…, eine gute Idee. Aber noch ist es nicht so weit. Es darf ja niemand davon wissen. Was soll ich tun, Frank, was würdest du tun? Irgendwann muss die Wahrheit ans Licht.“

      „Alles kommt irgendwann ans Licht.“

      Sein Gegenüber verzog das Gesicht.

      „Sei mir nicht böse, Frank, aber das klang eben nach einem Spruch aus einem verstaubten Andachtsbuch.“

      Für einen Moment schwieg Frank pikiert, dann nahm er seinen Faden wieder auf.

      „Wenn du jetzt damit an die Öffentlichkeit gehst, wanderst du ins Gefängnis. Vielleicht leben sie ja nicht mehr lange, und das Problem löst sich von selbst.“

      „Glaube ich nicht. Sie sind erstaunlich robust. Natürlich habe ich auch alles durch Fotos, 3-D-Videos dokumentiert. Am Anfang habe ich viel experimentiert, auch mit ihrer Nahrung. Mittlerweile weiß ich, dass sie fast alles essen: Nahrung, wie wir sie zu uns nehmen, aber auch Tierfutter, interessant, nicht wahr?“

      „Du kannst sie nicht in Käfigen halten, das ist“

      Professor Moore unterbrach ihn.

      „Meintest du «menschenunwürdig»? Es sind aber keine Menschen, vergiss das nicht.“

      „Aber auch keine Tiere.“

      „Wir neigen ja dazu, immer eine Möglichkeit auszuschließen. Wenn A gleich A ist, dann ist A nicht gleich B, «Aristoteles» lässt grüßen: Aber sie sind beides, auf einmal! Früher hieß es einmal, der Mensch sei die «Krone der Schöpfung». Wer sagt, dass du in diesem Moment nicht vor der neuen Krone der Schöpfung stehst? Vielleicht vereinen sie die Vorteile menschlicher Art und tierischer Arten, wer weiß? Tiere waren und sind uns in mancher Beziehung schon immer um einiges voraus, zum Bespiel: Instinkte, Witterung. Vergleiche das Verhalten von Tieren und Menschen und du wirst überdies sehen, dass Tiere, im Schnitt,

Скачать книгу