Die Königin der Tulpen. Christian Macharski

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Die Königin der Tulpen - Christian Macharski

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verlassen worden war. Es musste ungefähr einen Tag nach dem Erhalt seiner unbefristeten Aufenthaltserlaubnis gewesen sein, als man Owamba das letzte Mal mit einem Koffer am Bahnhof gesehen hatte. Bis dahin hatte er zuverlässig alles repariert, was kaputt gegangen war und auch an der Friteuse hatte er ausgeholfen, wenn Not am Mann war. Nun war Rosi wieder auf sich allein gestellt. Wie all die Jahre vor Owamba auch. Sie hatte den gut aussehenden Schwarzafrikaner damals bei einem Cluburlaub in Kenia kennengelernt, wo er sich als Animateur um die Gäste gekümmert hatte. Kurz danach war er ihr nach Saffelen gefolgt, wo sie bald geheiratet hatten. Fredi und Borowka kannten Rosi noch aus der Schule. Und deshalb war es natürlich Ehrensache für die beiden gewesen, dass sie die Frau in ihrer schwierigen privaten Situation mit einem Sonntagsbesuch unterstützten. Zwar hatten Rita und Martina auf etwas anderes gehofft, als Fredi stolz verkündet hatte, dass er einen Tisch für vier Personen bestellt hatte, aber egal – es war Sommer und die Laune war bei allen prächtig. Außer bei Borowka, der angeödet mit der Speisekarte vor sich hin wedelte. Rita und Martina waren enge Freundinnen und konnten sich stundenlang über nichts unterhalten, was sie auch diesmal wieder mit großer Begeisterung taten. Fredi genügte es völlig, Martina anzusehen und mit einem fast schon an Debilität grenzenden verzückten Grinsen jede einzelne Sommersprosse auf ihrer Nase und jedes einzelne blonde Härchen auf ihrem Unterarm zu bewundern. Borowka war so satt, dass er nicht mal mehr etwas essen konnte gegen die lähmende Langeweile. Sie hatten jeder eine große Portion Fritten mit Bratrollen und Bamis gegessen und Unmengen Cola getrunken. Die Frauen hatten anschließend jeweils einen Cappuccino getrunken, ein neumodisches Szenegetränk, das langsam in Saffelen Einzug hielt. Fredi und Borowka dagegen hatten es beim bewährten Jägermeister belassen. Zu Beginn des Treffens hatte Borowka sich noch mit Fredi über Autos unterhalten, aber der hatte nie richtig zugehört, weil er immer mit einem Ohr auf das Frauengespräch geachtet hatte, um ja nicht zu verpassen, wenn sich Martina an ihn wandte. Was aber nicht passierte.

      Gerade als Borowka dachte, dass es nicht mehr schlimmer kommen konnte, sah er mit hohem Tempo einen schwarzen BMW X5 auf den Parkplatz schießen. Der Fahrer bremste sportlich ab und etwas Rollsplitt spritzte bis kurz vor Borowkas Füße. Das Gespräch am Tisch verstummte und auch Fredi, Martina und Rita sahen nun zu dem schicken Wagen hinüber. Mit einem Satz sprang Bernd Bommer heraus und kam selbstbewusst mit federndem Gang und durchgedrücktem Kreuz auf den Frittencontainer zu. Eine große Sonnenbrille steckte in seinem dunkelblonden, mit Gel gebändigten struppigen Haar. Über einer dunklen Cargohose mit ausgebeulten Seitentaschen trug er ein eng tailliertes buntes T-Shirt, auf dem Borowka einen Totenkopf erkannte, aus dessen rechtem Auge eine Schlange herauszüngelte. Darüber stand in verspielter Schrift „Ed Hardy“. Was für Scheißklamotten, dachte Borowka und zupfte sich die Lederkrawatte auf seinem Jeanshemd zurecht. Bernd Bommer war vor knapp zwei Monaten nach Saffelen gezogen und hatte für einigen Aufruhr unter der heiratsfähigen weiblichen Bevölkerung gesorgt, weil er recht gut aussah und mit seinem gepflegten Dreitagebart immer sehr verwegen wirkte. Doch Bommer hatte nie Augen für die Frauen des Dorfes gehabt, so sehr sie sich auch um ihn bemüht hatten. Es hieß, dass er sich gerade erst von seiner Frau und seinem kleinen Sohn getrennt hatte. Er war aus der Nähe von Euskirchen gekommen und wollte nun in der ländlichen Gegend neu anfangen. Noch wohnte er in einem Fremdenzimmer der Gaststätte Harry Aretz, doch er suchte fieberhaft nach einer geeigneten Wohnung. Er war freiberuflicher Dolmetscher und arbeitete von zu Hause aus. Im Dorf hatte er sich schon ganz gut eingelebt. Er spielte sogar zusammen mit Fredi und Borowka in der Reserve des SV Saffelen, die sich zumeist am Tabellenende der Kreisliga C tummelte. Noch trainierte er nur mit, aber zur kommenden Saison würde er spielberechtigt sein. Bommer war für die Saffelener Reserve weit mehr als nur eine Verstärkung. Er war eine Art Hoffnungsträger, hatte er doch beim Kaller SC sogar in der Landesliga gespielt.

      Als er nun auf die Frittenbude zumarschierte, zeigte Borowka auf das Euskirchener Nummernschild des X5. „Guck mal. ,EU’ – Esel unterwegs.“ Er lachte, doch die anderen ignorierten ihn.

      Fredi stieß nur hervor: „Das ist mal eine geile Karre!“ Martina und Rita schauten sich kichernd an.

      Bommer blieb vor dem Vierertisch stehen und musste wegen der Sonne blinzeln. „Hallo Fredi, hallo Borowka.“ Martina und Rita bedachte er mit einer angedeuteten Verbeugung. „Die Damen.“

      „Setz dich doch, Bernie“, sagte Fredi. Borowka versetzte ihm unter dem Tisch einen Tritt gegen das Schienbein. „Aua!“

      „Ja, komm, hol dir ein Stuhl“, setzte Rita nach. Genau wie Martina mochte sie den quirligen Kerl, der immer gute Laune zu haben schien.

      „Warum nicht?“, sagte Bommer, holte sich vom Nebentisch einen Plastikstuhl und nahm Platz. „Was für ein Wetter, oder? Ich wollte mir hier bei Rosi noch schnell zwei Flaschen Cola holen für heute Abend. Rosi“, brüllte er Richtung Theke, „bring mir doch bitte ein kleines Weizen! Und für die vier Hübschen hier auch noch mal eine Runde. Ach, und noch eine Bratrolle spezial. Für hier zu essen.“ Rosi nickte. Bommer wandte sich wieder an seine Tischnachbarn: „Für hier zu essen. Ist doch richtig, oder? So langsam lerne ich eure Sprache.“ Er lachte. Auch Martina und Rita prusteten los. Selbst Fredi lachte nach einem kurzen Seitenblick auf Martina, auch wenn er den Witz nicht verstanden hatte. Nur Borowka verzog genervt das Gesicht. Bommer bemerkte das. Er schlug ihm freundschaftlich auf den Oberschenkel und sagte salopp: „Was ist los, Borowka? Schlechte Laune?“

      „Ach der. Der ist schon seit Tagen total muffelig“, warf Rita ein.

      Borowka merkte, dass er in die Defensive geriet. Um nicht als Spielverderber dazustehen, sagte er: „Kann schon sein. Wird Zeit, dass die Sommerpause vorbei ist. Zum Glück ist Mittwoch das Freundschaftsspiel gegen Kleinwehrhagen.“

      „Hast du schon eine Wohnung gefunden?“, versuchte Martina das Gespräch wieder vom Fußball wegzulenken. Bommer wendete sich ihr zu. „Nee, leider nicht. Ist gar nicht so einfach. Ich werd wohl noch eine Weile beim Harry über der Kneipe wohnen. Ist aber kein Problem. Das ist ein richtig netter Kerl.“

      „Und du sitzt an der Quelle“, platzierte Borowka einen Scherz, um zu demonstrieren, dass er alles andere als eine trübe Tasse war. Dabei stieß er Fredi feixend mit dem Ellenbogen in die Seite.

      „Aua!“

      „Wo hast du denn das coole T-Shirt her?“, fragte Rita unvermittelt. Borowka blieb das Lachen im Hals stecken.

      Bevor Bommer antworten konnte, kam Rosi mit einem Tablett an den Tisch geschlurft. Dabei rieben ihre Oberschenkel, die sie in viel zu enge Leggings gezwängt hatte, wie Schmirgelpapier aneinander. Ihre käsigen Füße steckten in ausgetretenen weißen Birkenstock-Sandalen. Sie keuchte leise vor sich hin. Die Hitze machte ihr sichtbar zu schaffen. Mit ihrer fleischigen, weißen Hand nahm sie die Getränke vom Tablett und stellte sie auf den Tisch. Zuletzt setzte sie vor Bommer eine längliche Plastikschale ab. Darin lag eine Bratrolle, die in Ketchup und Mayonnaise schwamm. Darüber waren frische Zwiebeln gestreut. Rosi steckte noch eine weiße Plastikgabel in die Wurst. „Einmal Bratrolle spezial für hier zu essen. Aber nachher kommst du rein, Bernie: für drinnen zu bezahlen.“

      Der ganze Tisch brach in lautes Gelächter aus. Auch Borowka lachte pro forma mit, während er Bommer mit festem Blick fixierte. Du musst mal schwer aufpassen, Junge, sonst hängt der Kiefer tiefer, dachte er.

       7

      Sonntag, 12. Juli, 16.10 Uhr

      Kommissar Kleinheinz hatte sein Laptop aufgeklappt und einen kleinen tragbaren Drucker auf den Tisch gestellt. Er sah Frau Thönnissen beruhigend in die Augen und strich ihr über die leicht zitternde Hand. „Machen Sie sich keine Sorgen. Es dauert nicht lang.“ Nachdem Kleinheinz sich davon überzeugt hatte, dass die alte Dame vernehmungsfähig war und auch bereit, mit ihm über den gestrigen Vorfall zu sprechen, hatten sie sich auf ihren Wunsch hin in einer kleinen

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