Buchreihe:Respekt - Wirtschaft -. Joe Martin

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Buchreihe:Respekt - Wirtschaft - - Joe Martin

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Sozialdemokrat engagiert sich – Sigmar Gabriel

       Der Sozialdemokrat Gabriel, dessen Partei sich traditionell um die Belange der Arbeiter kümmert, sah es als seine Aufgabe an, gegen ein fürstliches Honorar Herrn Tönnies zu beraten. Zufällig in der Zeit als die Coronakrise das Geschäftsmodell des Fleischbarons bedrohte.

       Moralisch zumindest zweifelhaft. So sahen es auch Parteigenossen. „Ich hätte mir von Sigmar Gabriel mehr Zurückhaltung gewünscht“, sagt Thorsten Klute, SPD-Kreisvorsitzender in Gütersloh. „Für uns ist das eine richtig blöde Sache, wir kämpfen hier vor Ort seit Jahren gegen diesen Sumpf rund um die Werkverträge in der Fleischindustrie.“

       Die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sagten dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Für jeden aufrechten Sozialdemokraten ergibt sich dabei aus unseren Grundwerten, an wessen Seite man sich begibt und wo man besser Abstand hält.“16 Grundwerte sind so etwas wie ein Wertekompass.

       In diesem Respektbuch geht es genau um einen solchen Wertekompass, der dabei helfen soll, richtige Entscheidungen zu treffen. Es hat etwas mit Moral, mit Anstand und vor allen Dingen mit dem Respekt vor anderen Menschen zu tun. Jemand, der den Respektkompass anwendet, kann nicht für Herrn Tönnies arbeiten, schon gar nicht, wenn er Sozialdemokrat ist.

       Herr Gabriel, ein ehemaliger Staatsdiener, der als Sozialdemokrat für das Wohlergehen des Volks zuständig war, ist aber scheinbar ein weiteres Opfer des brutalen Raubtierkapitalismus geworden. Dieses Raubtier hat seine Fangzähne tief in das Hirn dieses Menschen getrieben und ihn völlig abheben lassen. Nur so ist zu erklären wie dieser moral- und respektfreie Mensch sich auch noch mit solchen arroganten und zynischen Worten für seine hoch vergütete Beratertätigkeit verteidigen kann: „Für normale Menschen sind 10.000 Euro viel Geld. Aber in der Branche ist das kein besonders hoher Betrag. Ich bin kein Politiker mehr.“

      Wie viel muss man für 10.000 Euro arbeiten?

       10.000 Euro im Monat für ein paar Tage Beratung hatte er vereinbart, dazu kam ein vierstelliger Tagessatz für Reisetage. Was wir nicht endgültig wissen ist, wie viele Tage oder Stunden er für diese 10.000 Euro pro Monat ableisten muss. Sind es 3 Tage im Monat oder nur einer? Viel mehr können es nicht sein, denn Herr Gabriel hat ja auch noch ein paar andere Jobs. Soziale Jobs sollte man eigentlich meinen.

       Nichts könnte ferner von sozialen Jobs sein. Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister nahm am 20. Mai 2020 sein Mandat als Aufsichtsrat der Deutschen Bank an. Der Spiegel schreibt lakonisch „Ein Sozi aufseiten des Großkapitals?“ und erklärt weiter, „Als Mitglied des Integritätsausschusses im Aufsichtsrat soll nun Gabriel helfen, auszumisten. Dafür wird er ordentlich bezahlt: Die Grundvergütung für Aufsichtsräte bei der Deutschen Bank liegt laut Geschäftsbericht bei 100.000 Euro pro Jahr, hinzu kommen weitere 100.000 Euro für die Mitgliedschaft im Ausschuss. Ein Viertel des Gesamtgehalts wird in Aktien ausbezahlt.“

       Ganz wie im Falle Tönnies ficht Gabriel die Höhe dieser Vergütung nicht an, ganz im Gegenteil. „Ob die Bezahlung als Aufsichtsrat der Deutschen Bank ,gut‘ ist, darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein“, sagte er im Februar 2020 im SPIEGEL-Gespräch. Er habe ja auch das Angebot gehabt, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie zu werden, das er abgelehnt habe, weil er nicht Lobbyist habe werden wollen. Dort wäre das Gehalt um ein Vielfaches größer.“

      Ich muss leider ablehnen

       Mir tut er leid. Stelle dir einmal vor, du müsstest einen Job in der Automobilindustrie aus moralischen Gründen ablehnen? Ist das nicht schrecklich? Gut, dass er immerhin einen alternativen Vertrag bei dem ehrenwerten Unternehmen Tönnies, welches Menschen mit Respekt behandelt und sich dem Tierwohl verpflichtet fühlt, bekam und damit seine finanziellen Nachteile etwas kompensieren kann.

       Diese 120.000 Euro im Jahr, zu denen scheinbar 200.000 Euro im Jahr von der Deutschen Bank kommen, sichern sein Überleben. Die Spesen, die jeweils dazu kommen und andere Nebentätigkeiten bilden den Grundstock, damit auch in Zukunft noch am Ende des Monats etwas Geld übrig bleibt.

       So berichtet der Spiegel davon, dass er auch Mitglied des Aufsichtsrats von „Siemens Energie“ werde, dass er seit November 2019 für die US-Politikberatungsfirma „Eurasia Group“ arbeite und weitere ehrenamtliche Jobs ausübe, etwa als Kuratoriumsmitglied bei der „International Crisis Group“, einer Brüsseler Denkfabrik für Krisenbewältigung, oder als Vorsitzender und Nachfolger des CDU-Vorsitzkandidaten Friedrich Merz bei der „Atlantik-Brücke“, einem einflussreichen Verein zur Pflege der deutsch-amerikanischen Freundschaft.

       Seinen mit 15.000 bis 30.000 Euro dotierten Job als exklusiver Autor bei den Zeitungen der Holtzbrink-Gruppe verlor er kurz vor seinem Engagement bei Tönnies. Er soll aber weiter Mitglied eines „Handelsblatt“-Expertenforums bleiben und Beiträge für den „Tagesspiegel“ verfassen.

      Maximal 11.786 Euro Rente

       Wenn er in Rente geht, hat er zudem erfreulicherweise einen Anspruch von bis zu 4.557 Euro pro Monat. Da er viele Jahre Regierungsmitglied war, steigt die Pension um weitere 392 Euro monatlich bis maximal 11.786 Euro. Eigentlich müsste er mit der Rente, wie alle Bundesbeamte, die schrittweise Anhebung auf 67 Jahre abwarten, doch ehemalige Bundesminister können unter Umständen schon mit 60 ihr Ruhegehalt in Anspruch nehmen.17

       Wenn du nun bedauerst, die SPD gewählt zu haben, falls du einer von denen bist, die das getan haben, dann sei nicht allzu besorgt, denn die Politiker anderer Parteien verhalten sich nicht wirklich anders. Sie sind mal mehr oder mal weniger von der Gier nach Geld infiziert und richten ihren Kompass mal mehr oder mal weniger nach der Anziehung des maximalen Profits und Abzocke.

       Aber verlassen wir nochmal kurz die Politik und wenden uns wieder Herrn Tönnies zu. Sein Unternehmen musste durch schwere See, denn er wurde doch tatsächlich angegriffen und gar mancher Bürger mochte ihn gar nicht mehr, weil er für solche Unannehmlichkeiten sorgte. Er wurde auch schnell zum Punchingball für lokale und Berliner Politiker. Aber als Mann des Kapitalismus scherte ihn das wenig und auch vielleicht sogar ohne offizielle Hilfe durch ehemalige Minister holte er zu einem weiteren Schlag aus.

       Leute wie Clemens Tönnies sind nicht umsonst erfolgreich. Sie kennen oft keine Anstandsgrenzen, kennen sich aber dafür sehr gut mit den Regelwerken und Gesetzen in der Wirtschaft aus. Zudem beschäftigen sie spezialisierte Anwälte, die jedes Gesetz nach potenziellen Vorteilen für die Unternehmen ausleuchten und emotionslos nutzen. Immerhin steht es dem Unternehmen per Gesetz zu und warum sollte es nicht in Anspruch genommen werden, so argumentieren sowohl die Unternehmer und deren anwaltliche Sprachrohre in der Regel.

      Anspruch auf Erstattung durch den Staat

       Natürlich hatten die Experten bei Tönnies auch nach vorteilhaften Regelungen im Infektionsschutzgesetz gefahndet und waren fündig geworden. Wenn eine Betriebsunterbrechung aufgrund behördlicher Anordnung stattfinden musste, muss das Unternehmen die Gehälter und Löhne weiterzahlen, hat aber Anspruch auf Erstattung durch den Staat von rückwirkend bis zu einem Jahr. Solange brauchte die Firma Tönnies natürlich nicht. Schon Anfang Juli 2020 stellte die Firma Antrag auf Erstattung. Immerhin war der Betrieb von den Behörden geschlossen worden.

       Das lag zwar an den Bedingungen, die die Firma Tönnies im Wesentlichen mitzuverantworten hatte, aber geschlossen, nach den gesetzlichen Regeln, hatten den Betrieb die Behörden. Und laut Infektionsschutzgesetz steht den Unternehmen dann eine Erstattung zu. Die halten sich einfach nur an die Gesetze. Dass der Infektionsausbruch mit einer erhöhten Produktion unter engen Bedingungen von der Firma zu verantworten sei, ließe sich laut Tönnies „nicht belegen“.18

       „Arbeitnehmer haben das Recht auf Entschädigung

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