Jahrbuch der Baumpflege 2020. Группа авторов
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5 Fazit und Ausblick
Der Auslöser für das Rosskastaniensterben im öffentlichen Grün der Freien und Hansestadt Hamburg ist das Bakterium Pseudomonas syringae pv. aesculi, das als Primärerreger der Komplexkrankheit angesehen wird (DUJESIEFKEN et al. 2016). Die tägliche Arbeit in der Baumkontrolle und die lückenlose Dokumentation im Baumkataster sind von größtem Wert, um die Befallssituation, die Verbreitungsdynamik und den Krankheitsverlauf von mehr als 8.000 Rosskastanien im Stadtgebiet zu verfolgen.
Im Rosskastanien-Monitoring befinden sich inzwischen fast 700 Rosskastanien, die mit der Pseudomonas-Rindenkrankheit assoziiert werden. In Hamburg sind Rosskastanien in allen Entwicklungsphasen betroffen, was die Ergebnisse aus Dresden (FRÖHLICH et al. 2016) bestätigt. Die Anzahl der Verdachtsbäume und der Totalausfälle nimmt in Hamburg stetig zu. Fällungen aufgrund der Komplexkrankheit sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Bereits im Oktober 2019 wurden zahlreiche Rosskastanien mit Pilzfruchtkörpern ausgemacht. Bis zum Jahresende waren es rund 70 Bäume und die Kontrollen werden im Januar und Februar fortgesetzt, sodass die aktuelle Prognose für die Fällsaison 2019/20 vermutlich erneut im dreistelligen Bereich liegen wird.
Die einheitliche systematische Einstufung der Schadensdynamik wurde 2018 im Rahmen der dritten Reihenuntersuchung an einem größeren Stichprobenumfang getestet. Das Einstufungssystem ist an die Arbeit von FISCHER (2014) angelehnt und soll während der bezirklichen Baumkontrolle angewendet werden. Das Ziel ist, ein einheitliches System zu etablieren, um den zeitlichen Verlauf der Krankheit im Baumkataster einheitlich zu dokumentieren. Neben der Identifikation von überlebenden Rosskastanien, der Dokumentation der Ausbreitungsdynamik und dem Ablauf der Erkrankung wird das Ziel verfolgt, Bekämpfungsmethoden, sobald diese verfügbar sind, gezielt einsetzen zu können. Weitere Pathogene wie Phytophthora spp. oder die Verticillium-Welke sind ebenfalls Gegenstand des Rosskastanien-Monitorings, spielen aber in Hamburg eine eher untergeordnete Rolle.
Von den ca. 1.390 Bäumen, die der Pseudomonas-Rindenkrankheit zugeordnet werden, wurden bisher rund 710 Rosskastanien gefällt, weil die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet werden konnte. 2012 hatte sich das Krankheitsbild verändert und mit dem Einwirken unterschiedlicher Sekundärerreger erhöhte sich auch der Kontrollaufwand in der Baumkontrolle (GAISER et al. 2013). Besonders die rotblühende Art ist in Hamburg betroffen. Bis zum Herbst 2019 wurden bereits 413 Rotblühende Rosskastanien gefällt. Bei der Weißblühenden Rosskastanie sind es inzwischen deutlich mehr Verdachtsbäume, aber es wurden bis 2018 lediglich 150 Bäume gefällt. Erst 2018 und in der ersten Jahreshälfte 2019 stieg die Zahl rasant an und es mussten weitere 107 Weißblühende Rosskastanien aufgrund von Symptomen der Komplexkrankheit gefällt werden. Ob die trockene Witterung des Sommers 2018 bis in den Frühling 2019 oder eine verzögerte Schadensdynamik beim Infektionsverlauf der Grund für diesen raschen Anstieg sind, muss weiter untersucht werden.
Neben den direkten Folgen für die Bestandszahlen aufgrund von Fällungen und ausbleibenden Neupflanzungen von Rosskastanien ist in Hamburg auch der Aufwand für die Baumkontrolle gestiegen, denn verdächtige Bäume müssen im Sommer im belaubten Zustand und im Winter in Hinblick auf Pilzfruchtkörper kontrolliert werden.
Die Hamburger Untersuchungen unterstreichen zudem einen fließenden Übergang der Bakteriose zur Komplexerkrankung, was im Rahmen von Baumkontrollen nur schwer zu erkennen ist. Der Befallszeitpunkt der nachfolgenden Pilze variiert stark und kann Jahre nach der Bakteriose liegen. So liegen Labornachweise von Pseudomonas an Bäumen vor, die bis heute viele Jahre ohne Pilzbefall überlebt haben. Zudem treten erkrankte und gesunde bzw. symptomfreie Bäume an gleichen Straßenstandorten nebeneinander auf. DUJESIEFKEN et al. 2016 berichteten ebenfalls über die unterschiedliche Intensität des Befalls in zusammenhängenden Beständen sowie dass keine auffälligen Zusammenhänge hinsichtlich der Standortbedingungen oder anderer möglicher Einflussfaktoren erkannt wurden. Hinsichtlich der genetischen Disposition kamen PANKOVA et al. (2015) zu dem Ergebnis, dass ein Teil der Rosskastanien, die mit Pae inokuliert wurden, sehr empfindlich auf das Bakterium reagierten, andere tolerant waren und dass in einem Teil der untersuchten Probanden keine Anzeichen von Pae im Gewebe nachgewiesen werden konnten, was auf natürliche Resistenzen hindeutet.
Deshalb sehen wir frühzeitiges oder sogar vorbeugendes Fällen solange als problematisch an, bis weitere Zusammenhänge z. B. mit der genetischen Disposition, aber auch der unterschiedliche Krankheitsverlauf bei Rot- und Weißblühenden Rosskastanien genauer geklärt sind. Damit erhalten wir uns die Chance, vorhandene Potenziale der Bäume, eine Erkrankung zu überleben, herauszufinden und zukünftig zu nutzen.
Mit Blick auf die Verkehrssicherheit senkt dabei ein engmaschiges Monitoring das Risiko für die Stadt. Wie schon im Rahmen des Hamburger Ulmenprogramms (DOOBE 2020) ist das Monitoring auch ein fester Bestandteil des Hamburger Kastanienprogramms geworden und ergänzt die Regelkontrollen der Baumkontrolleure. Das Rosskastanien-Monitoring wird als Forschungsvorhaben der Behörde für Umwelt und Energie in Zusammenarbeit mit der Universität Hamburg und den Bezirksdienststellen ausgeführt.
Dank
Besonderer Dank gilt den Mitarbeiter*innen der Hamburger Baumkontrolle. Ihre Erkenntnisse aus der Praxis und die Dokumentation im Baumkataster sind von großem Wert, um mehr über diese noch junge Baumkrankheit zu lernen. Im Weiteren möchten wir uns bei Frau Dr. Elke Fischer vom Institut für Geographie bedanken.
Literatur
BERGMANN, M.; SOLDAN, S., 2008: Krankheiten und Schädlinge an Bäumen. Erfahrungsberichte aus den Mitgliedstädten des Arbeitskreises Stadtbäume. Stadt+Grün, 10, 20–25.
BÖHNER, J., 2011: Modelle und Modellierungen. In: GEBHARDT, H.; GLASER, R.; RADTKE, U.; REUBER, P. (Hrsg): Geographie. Heidelberg, 144–149.
DE KEIJZER, J.; VAN DEN BROEK, L. A. M.; KETELAAR, T.; VAN LAMMEREN, A. A. M., 2012: Histological Examination of Horse Chestnut Infection by Pseudomonas syringae pv. aesculi and Non-Destructive Heat Treatment to Stop Disease Progression. PLoS ONE, 12 S.
DIJKSHOORN-DEKKER, M., 2005: Eindrapport Onderzoeksprogramma „Red de kastanje vorr Nederland“. Werkgroup Aesculaap. Booskoo, 48 S.
DUJESIEFKEN, D., 2018: Aktuelles zur Pseudomonas-Rindenkrankheit und zum Rosskastanien-Sterben. Pro Baum 2, 2–6.
DUJESIEFKEN, D.; GAISER, O., 2014: Pseudomonas: Auslöser für das Rosskastanien-Sterben. AFZ-Der Wald 24, 35–38.
DUJESIEFKEN, D.; GAISER, O.; JASKULA, P.; KOWOL, T.; STOBBE, H., 2016: Das Rosskastanien-Sterben – ausgelöst durch Pseudomonas syringae pv. aesculi. In: DUJESIEFKEN, D. (Hrsg.): Jahrbuch der Baumpflege 2016. Haymarket Media, Braunschweig, 99–107.
DUJESIEFKEN, D.; LIESE, W., 2012: Das CODIT-Prinzip: Von den Bäumen lernen für eine fachgerechte Baumpflege. Haymarket Media, Braunschweig, 160 S.
DUJESIEFKEN, D.;