Wirtschaftsprüfung für Dummies. Holger Wirtz
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In Fortführung der zuvor eingeführten Beispielwerte kann für ein gegebenes Prüfungsrisiko von maximal 5 Prozent somit das vertretbare Entdeckungsrisiko wie in Tabelle 4.2 »berechnet« werden.
Akzeptables Prüfungsrisiko | = | Risiko wesentlicher falscher Darstellungen | × | vertretbares Entdeckungsrisiko |
---|---|---|---|---|
5 % | = | 10 % (minimales Risiko) | × | 50 % |
20 % (geringes Risiko) | × | 25 % | ||
40 % (moderates Risiko) | × | 12,5 % | ||
70 % (hohes Risiko) | × | 7,1 % |
Tabelle 4.2: Bemessung des vertretbaren Entdeckungsrisikos
Was im Modell des risikoorientierten Prüfungsansatzes wie eine »mathematische Übung« anmutet, erweist sich in der Praxis als komplexe Aufgabe, die Sie als Wirtschaftsprüfer mit Fachverstand im konkreten Einzelfall lösen müssen. In der praktischen Anwendung lassen sich die Risiken – anders als im Modell! –mathematisch nicht exakt beziffern. Stattdessen müssen Sie als Wirtschaftsprüfer immer wieder subjektive Ermessensentscheidungen treffen. Immer wenn Sie eine Ermessensentscheidung treffen müssen, sind die beiden zentralen Verhaltensanforderungen kritische Grundhaltung sowie pflichtgemäßes Ermessen relevant, mit denen wir uns deshalb nun befassen wollen.
Zentrale Verhaltensanforderungen an Wirtschaftsprüfer
Immer wenn Sie als Wirtschaftsprüfer eine Ermessensentscheidung treffen müssen, sollten Sie sich die beiden zentralen Verhaltensanforderungen in Erinnerung rufen:
kritische Grundhaltung (Professional Scepticism) und
pflichtgemäßes Ermessen (Professional Judgement).
Diese beruflichen Verhaltensanforderungen sind in ISA 200 geregelt und integraler Bestandteil einer gewissenhaften Berufsausübung.
Aufmerksam sein und hinterfragen: Die kritische Grundhaltung
Die Beibehaltung einer kritischen Grundhaltung tritt als Generalnorm neben die Detailvorgaben der einzelnen ISA.
Die kritische Grundhaltung ist eine hinterfragende Haltung, eine Aufmerksamkeit für Umstände, die auf mögliche falsche Darstellungen hindeuten können, und eine kritische Beurteilung von Prüfungsnachweisen.
Wichtige Anwendungsbereiche der kritischen Grundhaltung sind:
Identifizierung von möglichen Widersprüchlichkeiten sowie ungewöhnlichen Umständen
kritische Beurteilung der Aussagekraft und Verlässlichkeit von Prüfungsnachweisen
Vermeidung unangemessener Verallgemeinerungen beim Ziehen von Schlussfolgerungen
Aufmerksamkeit für Gegebenheiten, die mögliche falsche Darstellungen im Abschluss infolge von Manipulationen der Rechnungslegung oder Vermögensschädigungen (dolose Handlungen oder Fraud) begünstigen. Näheres zu diesem wichtigen Thema erfahren Sie in Kapitel 10.
Fundierte Entscheidungen treffen: Das pflichtgemäße Ermessen
Bei der Planung und Durchführung einer Abschlussprüfung haben Abschlussprüfer zudem ein pflichtgemäßes Ermessen auszuüben.
Das pflichtgemäße Ermessen ist das Anwenden von relevanter Aus- und Fortbildung, Kenntnis und Erfahrung, um fundierte Entscheidungen über die Vorgehensweise zu treffen, die unter den Umständen des Prüfungsauftrags angemessen ist.
Es liegt zum Beispiel im Ermessen des Wirtschaftsprüfers,
welche Prüfungsstrategie er anwendet,
wie er die Prüfungsnachweise beurteilt und
wie er die Ermessensentscheidungen des Managements einschätzt.
Wichtige Anwendungsbereiche des pflichtgemäßen Ermessens sind:
Bestimmung von Wesentlichkeit und Prüfungsrisiko
Planung von Prüfungshandlungen nach Art, zeitlicher Einteilung und Umfang
Beurteilung von Prüfungsnachweisen
Beurteilung von Ermessensentscheidungen des Managements
Nachweise erbringen: Die Prüfungsdokumentation
Ein wichtiger Bestandteil einer jeden Abschlussprüfung ist die Anfertigung der Prüfungsdokumentation. Die Prüfungsdokumentation soll Nachweise darüber liefern, dass die Abschlussprüfung in Übereinstimmung mit den fachlichen Anforderungen geplant und durchgeführt wurde.
Die Prüfungsdokumentation ist die Aufzeichnung der durchgeführten Prüfungshandlungen, der erlangten relevanten Prüfungsnachweise und der vom Abschlussprüfer gezogenen Schlussfolgerungen.
Als Wirtschaftsprüfer sind Sie grundsätzlich frei in der Entscheidung, ob die Prüfungsdokumentation auf Papier oder auf elektronischen Medien aufgezeichnet wird. Die zentrale Vorgabe lautet lediglich, dass die Prüfungsdokumentation so zu erstellen ist, dass ein erfahrener, zuvor nicht mit der Prüfung befasster Prüfer sich aufgrund der Dokumentation ein Verständnis von folgenden Aspekten machen kann. Gemäß ISA 230, Tz. 8, erfordert dies jedoch stets folgende Dokumentation:
Art, zeitliche Einteilung und Umfang der durchgeführten Prüfungshandlungen,
Ergebnisse der durchgeführten Prüfungshandlungen und die erlangten Prüfungsnachweise sowie
bedeutsame Sachverhalte, die sich während der Prüfung ergaben, die dazu gezogenen Schlussfolgerungen und bedeutsame Beurteilungen nach pflichtgemäßem Ermessen, die im Zusammenhang mit diesen Schlussfolgerungen getroffen wurden.
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