Vermailt. Anja Nititzki

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Vermailt - Anja Nititzki

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Rauchen

      Datum: 17. 08. 2012, 10 : 00:12

      Erniedrigt? Du hattest wenigstens ein romantisches Motiv. Du bist sehr leidenschaftlich. Ich habe früher geraucht, und wenn ich keine Zigaretten mehr hatte, habe ich die Kippen aus dem Aschenbecher aufgeraucht. Einmal musste ich dafür sogar den Mülleimer entleeren. Wie kann man sich so erniedrigen? Später habe ich mich für diese Sucht gehasst. Meine letzte Zigarette habe ich zur Jahrtausendwende ausgedrückt. Und ich fange auch nicht wieder an zu rauchen. Du musst Dir also keine Sorgen machen, dass ich mich gehen lasse, wenn wir zwei an einem öffentlichen Aschenbecher vorbeikommen. Schreib mir bitte weiter Geschichten aus Deinem Leben. Ich will alles wissen!

       Betreff: Bravo! Schlagen!

      Datum: 17. 08. 2012, 11 : 13:10

      Ich war geschäftstüchtig und kleinkriminell. An unserer sozialistischen Schule blühte der Schwarzhandel mit abfotografierten Bildern aus dem kapitalistischen Ausland, genauer gesagt waren die Fotos aus der „Bravo“. Ich muss Dich jetzt nicht fragen, ob Du diese Jugendzeitschrift noch kennst, oder? Die weisen Ratschläge des Dr.-Sommer-Teams waren uns doch allen sehr wichtig. Mein Opa hatte ein kleines mobiles Fotolabor. Immer wenn Filme zu entwickeln waren, hat er es in Omas Küche aufgebaut. Wir haben zusammen die Stars meiner Jugend abfotografiert und auf Fotopapier entwickelt. Die „Bravo“ war ein rares Gut. Also verkaufte ich die Fotos von den Star-Postern für ein paar Ostmark. Ich durfte mich freilich nicht erwischen lassen. Ich wäre mit Sicherheit beim Schulappell getadelt worden und hätte niemals die Lessing-Medaille für gute schulische Leistungen verliehen bekommen.

      Was machst Du mit meinen Geschichten? Ich erlaube Dir, aus allem, was wir schreiben, ein Buch zu machen. Ich hätte nur gerne einen anderen Namen. Schon deshalb, weil ich einmal einen Mann geschlagen habe. Das solltest Du vielleicht wissen, bevor wir uns treffen. Er hat mich so gereizt und geärgert, dass ich meiner Wut freien Lauf ließ. Es war in einer Disco in Leipzig. Ich habe ihm ins Gesicht geschlagen. Ein guter Schlag, er kam direkt aus der rechten Schulter, voller Körpereinsatz. Mein Opfer flog nach hinten in die Massen und sein Freund bewahrte ihn vor meiner nächsten Attacke. Mir ging es danach sehr gut. Manchmal muss man machen, wonach einem der Sinn steht. Das befreit. Wir waren danach noch zwei Jahre zusammen. Ein kleiner Schlag wirkt manchmal Wunder.

      Dich aber küsse ich, Dich schlage ich nicht.

      Deine Ex-Schlägerin

       Betreff: Re: Bravo! Schlagen!

      Datum: 17. 08. 2012, 12 : 00:00

      Vor Deinen Schlägen habe ich keine Angst, Anna, eher vor Deiner möglichen Zärtlichkeit und was sie in mir auslösen könnte.

      Ich muss für heute Schluss machen, das Wochenende steht vor der Tür, ich muss nach Hause. Am Montag bin ich wieder voll für Dich da. Bis dahin hoffe ich, dass ich Dir wenigstens zwischendurch eine SMS schicken kann.

      Darf ich Dich auch küssen, Anna?

      Roger

       Betreff: Aw: Bravo! Schlagen!

      Datum: 17. 08. 2012, 12 : 02:08

      Ja, Roger, Du darfst mich Küssen. Seit Wochen träume ich davon. Fühl Dich zart angeatmet, an Deinem Hals rechts. Bis Montag!

       ***

       Betreff: Schlagende Argumente

      Datum: 20. 08. 2012, 10 : 13:09

      Guten Morgen, da bin ich wieder und ich habe schlagende Argumente für Dich.

      Mir ist einmal die Hand ausgerutscht. Ich war 17 oder 18 und fest davon überzeugt, dass meine erste, echte Freundin mich betrügt. Ich hatte meine Informationen. Es geschah auch nach einem Discoabend in einem Jugendclub in Dresden. Sie war schon im Club und wir hatten die Absprache, dass der Erste, der im Club ist, dafür sorgt, dass der andere am Türsteher vorbeikommt. Ich sah ihr Gesicht einige Male hinter der Scheibe, aber nichts geschah. Als ich es endlich allein geschafft hatte hineinzukommen, war ich schon so sauer, dass ich zur Beruhigung einige doppelte Wodka-Cola trank. Der Alkohol, das Gerücht, sie würde mich betrügen, und ihr Verhalten an der Tür. Ich war in einem Tunnel, wollte mich prügeln, aber keiner nahm das Angebot an, wahrscheinlich, weil ich schon so jämmerlich wirkte. Ich stellte sie auf dem Weg nach Hause zur Rede. Sie log, sagte, sie hätte mich vor der Tür nicht gesehen, da gab ich ihr eine Ohrfeige. Klatsch!

      Ich fühlte mich so schlecht. Frauen schlagen macht nicht frei. Sie hat mir verziehen und wir waren noch einige Monate ein Paar. Und heute gratulieren wir uns immer noch gegenseitig zum Geburtstag.

       Betreff: Re: Schlagende Argumente

      Datum: 20. 08. 2012, 10 : 33:39

      Ich kenne die brennende Eifersucht, die Du beschreibst, die auch mich zum Rasen bringt. Dennoch, Frauen schlagen ist wirklich schwach. Es sei Dir verziehen, Du warst ja noch so jung.

       ***

       Betreff: Herkules

      Datum: 21. 08. 2012, 07 : 59:00

      Guten Morgen, Roger! Was für eine Nacht heute. Ich war bei Dir im Jugendclub in Dresden. Du hattest damals schon eine Glatze, aber ich trug meine typische Achtzigerjahre-Dauerwelle mit viel Würde.

      Was sagt Dein Terminplan, Roger? Bleibt es bei übermorgen?

      Wird das der Tag sein, an dem Du die falsche Frau triffst, einen Tag lang die Rolle in einem Liebesfilm spielen darfst, bei vollem Bewusstsein in einen Jungbrunnen stürzen darfst, einen Tag ein anderes Leben führen darfst und einmal in meinem Cabrio mitfahren darfst?

      Die Adresse für Dein Navigationsgerät heißt: Schlosspark in Kassel-Wilhelmshöhe. Dort steht die berühmte Herkules-Statue, das Wahrzeichen der Stadt Kassel. Sollte ich eine Sprechblockade bekommen, wenn wir uns begegnen, dann verliere keine Sekunde, küss mich einfach.

       Betreff: Re: Herkules

      Datum: 21. 08. 2012, 09 : 34:09

      Meine liebe Anna,

      ich muss Dich enttäuschen, es sieht nicht gut aus für unser Treffen. Wir kommen mit dem Drehbuch nur langsam voran. Anna, können wir uns nur in dieser Woche sehen? Wir müssen uns treffen, uns in die Augen schauen, riechen, sanft fühlen, küssen und gespannt die chemischen Reaktionen beobachten. Aber

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