Dr. Daniel Staffel 9 – Arztroman. Marie Francoise

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Dr. Daniel Staffel 9 – Arztroman - Marie Francoise Dr. Daniel Staffel

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verhältst.« Sie hielt Hannelore ein wenig von sich ab, so daß sie ihr in die Augen sehen konnte. »Hanni, du brauchst jetzt auch noch Erholung, außerdem denke ich, daß wir Papa nicht den Eindruck vermitteln sollten, er könnte diese Operation vielleicht nicht überleben.«

      »Und wenn er sie nicht überlebt?« fragte Hannelore verzweifelt. »Wenn ich ihm nicht mehr sagen kann, wie lieb ich ihn habe.« Wieder vergrub sie das Gesicht in den Händen. »O Gott, warum erkenne ich das erst so spät?«

      In diesem Moment trat Dr. Daniel ins Zimmer und erfaßte die Lage mit einem Blick.

      »Sie wissen also, daß Ihr Vater in der ThierschKlinik ist«, vermutete er.

      Hannelore nickte unter Tränen. »Meine Schwester hat es mir gerade gesagt.« Bittend sah sie den Arzt an. »Ich muß zu ihm. Ich will, daß er weiß…« Sie brachte die restlichen Worte nicht mehr über die Lippen.

      Dr. Daniel spürte, wie wichtig dieses Gespräch für Hannelore war, und er ahnte, daß es auch für Horst Kaufmann von großer Bedeutung sein würde.

      »Eine Entlassung kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verantworten«, erwiderte Dr. Daniel. »Allerdings könnte ich Sie für ein paar Stunden beurlauben.« Er sah Uschi an. »Ich nehme an, Sie sind mit dem Auto hier, oder?«

      Die junge Frau nickte. »Ich werde Hannelore in die ThierschKlinik fahren und dann wieder zurückbringen.«

      Dr. Daniel wandte sich seiner Patientin zu. »Sie müssen mir allerdings Papiere unterschreiben, daß Sie die Klinik auf eigenen Wunsch verlassen und pro forma muß ich Sie auch auf gesundheitliche Risiken hinweisen.« Er lächelte ein wenig. »Sie müssen keine Angst haben. Wenn es wirklich ein Risiko wäre, würde ich Sie nicht gehen lassen.«

      Hannelore nickte. »Das weiß ich. Es geht da nur um verwaltungsrechtliche Dinge.« Dankbar drückte sie Dr. Daniels Hand. »Ich werde Ihnen nie vergessen, daß Sie mir das Gespräch mit meinem Vater überhaupt ermöglichen.«

      *

      Bereits eine halbe Stunde später konnten sich Uschi und Hannelore auf den Weg machen und erreichten am späten Vormittag die ThierschKlinik. Als sie dann vor dem Zimmer standen, in dem ihr Vater lag, blieb Hannelore zögernd stehen.

      »Wir wird er reagieren?« fragte sie, und in ihrer Stimme schwang Angst mit. »Ich war so… ungerecht… habe entsetzlich viele Fehler gemacht…«

      »Du wirst es nur herausbekommen, indem du hinein

      gehst«, meinte Uschi.

      Hannelore nickte, dann atmete sie tief durch, klopfte an und trat schließlich ein. Ihre Schwester folgte ihr.

      Lena, die am Bett ihres Mannes gesessen hatte, drehte sich um, dabei schlug ihr Herz plötzlich heftiger. Wie lange war es her, daß ihre beiden Töchter so einträchtig zur Tür hereingekommen waren? Dabei machte es für Lena keinen Unterschied, daß Hannelore nicht ihre leibliche Tochter war.

      Ein Blick in das Gesicht ihres Mannes zeigte Lena, daß Horst das gleiche empfand. Die Angst vor der anstehenden Operation schwand plötzlich aus seinem Gesicht und machte gelassener Zufriedenheit Platz.

      »Hanni, Uschi«, murmelte er und streckte lächelnd beide Arme aus. Im nächsten Moment standen seine Töchter an seinem Bett, Hannelore ergriff die eine, Uschi die andere Hand.

      »Papa, ich bin gekommen, um dir zu sagen… es tut mir so leid«, flüsterte Hannelore und war dabei schon wieder den Tränen nahe. Manchmal hatte sie das Gefühl, als hätte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht so oft und so viel geweint, wie in den Tagen, seit sie ihr Baby verloren hatte.

      Wortlos nahm Horst sie in die Arme und drückte sie liebevoll an sich. Danach bezog er auch Uschi in die Umarmung mit ein. Zutiefst bewegt betrachtete Lena dieses Bild, das endlich wieder von der Harmonie einer glücklichen Familie zeugte.

      »Ich werde mich von Harry trennen«, erklärte Hannelore nach dem ersten Überschwang der Gefühle. »Nicht ohne ein ernstes Gespräch, aber… mein Entschluß steht fest. Ein Mann, der sich am Leid meiner ganzen Familie weiden konnte, kann mich niemals wirklich geliebt haben.«

      Dabei bereitete ihr der Gedanke, nach fast acht Jahren wieder völlig allein dazustehen, große Angst. Sie war erst siebzehn gewesen, als sie Harry kennengelernt hatte, mit zwanzig hatte sie ihn geheiratet, und nun… fünf Jahre nach der Eheschließung sollte eine Scheidung ihr gemeinsames Leben beenden. Es war traurig, aber noch schlimmer wäre die Fortsetzung dieser Ehe, die wohl von Anfang an nur eine Farce gewesen war. Genau das wollte Hannelore allerdings noch herausbekommen… sie wollte wissen, ob es von seiner Seite tatsächlich nie auch nur einen Funken Liebe gegeben hatte…

      *

      Im Operationssaal der

      ThierschKlinik war eine illustre Starbesetzung vertreten – so nannten es die Schwestern scherzhaft, wenn Professor Thiersch und Oberarzt Dr. Heller gemeinsam am OPTisch standen. Allerdings hüteten sich alle davor, das Wort »Starbesetzung« in Anwesenheit des Chefarztes zu verwenden. Hätte der Professor so etwas vernommen, wäre ein mittelstarker Tornado durch die Klinik gefegt.

      Jetzt trat Professor Thiersch mit seinem OPTeam in den Raum. Umgehend herrschte beinahe andächtige Stille, die nur vom Piepsen der Apparate unterbrochen wurde. Der Professor verschaffte sich einen raschen Überblick über den Zustand des Patienten, dann streckte er die rechte Hand aus.

      Die OPSchwester reagierte sofort und reichte ihm das Skalpell. Routiniert führte Professor Thiersch den Schnitt durch. Karina Daniel zögerte keine Sekunde, sondern setzte gleich die Operationshaken an. Der Professor warf ihr einen kurzen, anerkennenden Blick zu, dann konzentrierte er sich auf das Operationsfeld.

      »O mein Gott«, stieß Dr. Heller in diesem Moment hervor. »An der Innenseite der linken Niere befindet sich ja auch ein Tumor.«

      Professor Thiersch nickte. »Der war weder auf Ultraschall noch auf dem Röntgenbild zu sehen.« Vorsichtig entfernte er den Tumor von der linken Niere. »Schnellschnittverfahren.«

      Der junge Assistenzarzt, der den Tumor in einer keimfreien Schale entgegengenommen hatte, wußte sofort, was er zu tun hatte. Eiligst brachte er den Tumor ins Labor und wartete hier auf die Auswertung.

      Währenddessen ging Professor Thiersch schon daran, die rechte Niere samt Tumor vollständig zu entfernen, da hier kein anderer Weg mehr möglich war. Er war gerade damit fertig, als der Assistenzarzt zurückkehrte.

      »Positiv«, meldete er.

      »So ein Mist«, entfuhr es Professor Thiersch. Ein positives Ergebnis bedeutete, daß sich im Tumor bösartige Zellen gefunden hatten.

      »Wenn Sie ihm die zweite Niere auch herausnehmen, ist er auf die Dialyse angewiesen«, gab Dr. Heller zu bedenken.

      »Das weiß ich auch«, raunzte der Professor unwirsch zurück. »Wenn ich sie ihm drinnlasse, ist er in einem Monat wieder hier und hat womöglich Metastasen. Dialyse ist immer noch besser als ein langsamer Krebstod. Im übrigen werde ich ihn gleich auf die Liste für Organempfänger setzen.«

      Trotzdem nahm der Professor die zweite Niere nur schweren Herzens heraus, und als der Eingriff beendet war, blieb er persönlich bei dem Patienten, bis dieser dann aus der Narkose erwachte.

      »Herr Kaufmann, können Sie mich hören?« fragte er.

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