Dr. Daniel Staffel 9 – Arztroman. Marie Francoise
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Dr. Daniel Staffel 9 – Arztroman - Marie Francoise страница 39
Professor Thiersch betrachtete ihn eine Weile, dann trat er auf den Flur, wo Lena Kaufmann unruhig auf und ab ging. Ihre Tochter Uschi leistete ihr dabei Gesellschaft, während Hannelore ja wieder in der WaldseeKlinik lag.
Der Professor zögerte einen Moment, dann ging er mit raschen, energischen Schritten davon. Das Gespräch mit Ehefrau und Tochter würde er seinem Oberarzt überlassen. Dr. Heller war dafür geeigneter, denn Professor Thiersch wußte wirklich gut genug, daß er selbst nicht über den nötigen einfühlsamen Ton verfügte.
Dr. Heller, der mit diesem »Auftrag« schon gerechnet hatte, hatte sich seine Worte auch bereits zurechtgelegt.
»Frau Kaufmann«, sprach er Lena behutsam an.
Sie fuhr herum und erkannte an dem ernsten Gesicht des Arztes, daß sich ihre Hoffnung nicht erfüllen würde. Horst würde nicht mehr gesund werden.
»Metastasen?« fragte sie leise und wunderte sich selbst darüber, daß sie es schaffte, ihre Fassung zu bewahren.
Dr. Heller schüttelte den Kopf. »Nein, Frau Kaufmann, Ihr Mann hat glücklicherweise keine Metastasen, aber… es war nicht nur der Tumor an der rechten Niere, sondern… Professor Thiersch war gezwungen, beide Nieren zu entfernen.«
Erschüttert preßte Lena eine Hand vor den Mund. »Das bedeutet… Dialyse… ein Leben lang…«
»Ihr Mann steht bereits auf der Liste für Organempfänger, allerdings… ich will ehrlich sein: Es wird nicht ganz leicht sein, für ihn einen Spender zu finden. Er hat einen sehr ausgefallenen Gewebetyp.«
Lena sackte förmlich zusammen. »Weiß er es schon?«
Dr. Heller schüttelte den Kopf. »Nein, im Moment steht er noch unter der Einwirkung des Narkosemittels. Diese Wahrheit kann man ihm erst zumuten, wenn er sich von der Operation ein bißchen erholt hat.«
»Kann ich meinem Vater denn eine Niere spenden?« mischte sich Uschi in diesem Moment ein. »Ich bin seine Tochter… ich meine, da müßte ich doch eigentlich denselben Gewebetyp haben.«
»Das muß nicht zwangsläufig so sein«, entgegnete Dr. Heller. »Aber wir können den Test gern durchführen.« Er schwieg kurz. »Bevor Sie sich allerdings endgültig entscheiden…«
»Ich habe mich bereits entschieden«, fiel Uschi ihm ins Wort. »Wenn mein Gewebetyp mit dem meines Vaters übereinstimmt, werde ich ihm eine Niere spenden.«
Dr. Heller erkannte, daß es sinnlos gewesen wäre, in diesem Moment mit der jungen Frau über mögliche Risiken zu sprechen. Das konnte man immer noch, wenn der Test erst durchgeführt war. Allerdings machte das Ergebnis weitere Diskussionen dann schon nicht mehr erforderlich, denn Uschis Gewebetyp stimmte mit dem ihres Vaters nicht überein. Ganz selbstverständlich ließ sich auch Lena testen, doch es ergab sich dasselbe Ergebnis.
»Ein Leben an der Dialyse übersteht Papa nicht«, erklärte Uschi verzweifelt. »Er wird daran zugrunde gehen.«
*
Hannelore wagte sich den ganzen Vormittag keinen Meter vom Telefon weg. Am liebsten wäre sie sowieso aus dem Krankenhaus geflüchtet und in die ThierschKlinik geeilt, um in der Nähe ihres Vaters zu sein.
Dann endlich klingelte das Telefon, und Hannelore riß den Hörer förmlich an ihr Ohr.
»Mama?« Sie schrie es fast hinein, und als sie das Schluchzen am anderen Ende der Leitung hörte, dachte sie gleich an das Allerschlimmste. »Nein! O Gott, nein!«
»Hanni.« Es war Uschis Stimme, die jetzt erklang. »Sie mußten Papa beide Nieren entfernen. Weißt du, was das bedeutet?«
»Ja«, flüsterte Hannelore betroffen. »Ausgerechnet Papa…«
»Der Professor hat ihn auf die Liste der Organempfänger gesetzt, aber Papas Gewebetyp ist äußerst selten… nicht einmal ich habe denselben, dabei bin ich seine Tochter…«
Hannelore reckte sich hoch. »Ich bin auch seine Tochter.« Sie legte den Hörer auf und lief aus ihrem Zimmer. Wie gehetzt blickte sie sich um, dann sah sie Dr. Daniel aus dem Schwesternzimmer kommen.
»Herr Doktor!« rief sie mit sich überschlagender Stimme. »Ich muß wissen, ob ich denselben Gewebetyp habe wie mein Vater! Können Sie mich in die ThierschKlinik bringen…«
»Langsam, Frau Jung«, bat Dr. Daniel. »Was ist denn überhaupt los?«
»Meinem Vater mußten beide Nieren entfernt werden«, erzählte Hannelore aufgeregt. »Ich kenne ihn… ein Leben lang Dialyse… damit wird er nicht fertig. Uschi sagt, er hätte einen seltenen Gewebetyp, aber ich bin doch seine Tochter. Vielleicht…«
»Dr. Scheibler wird den Test machen«, fiel Dr. Daniel ihr sanft ins Wort. »Er kann das auch. Kommen Sie, Frau Jung.«
Als das Testergebnis vorlag, rief Dr. Scheibler persönlich bei Professor Thiersch an und gab ihm die nötigen Werte durch.
»Das ist ja nahezu ideal«, stellte der Professor fest. »Ich werde sofort im Transplantationszentrum anrufen und einen Termin vereinbaren. Allerdings gehe ich davon aus, daß Sie die Patientin über die Risiken aufklären werden.«
»Selbstverständlich, Herr Professor«, sicherte Dr. Scheibler zu, doch ein einziger Blick in Hannelores Gesicht bewies ihm, daß er sich das eigentlich sparen konnte. Der Entschluß der jungen Frau stand fest – gleichgültig, was Dr. Scheibler an Argumenten vorbringen würde. Hannelore Jung würde kein Risiko scheuen, um ihrem Vater zu helfen.
*
Seit jenem unerfreulichen Gespräch mit Dr. Daniel hatte sich Harald Jung in der Klinik nicht mehr sehen lassen. Erst an Hannelores Entlassungstag tauchte er wie aus dem Boden gewachsen plötzlich wieder auf.
Sehr ernst blickte Hannelore ihn an.
»Warum?« fragte sie dann nur.
Harald erwiderte ihren Blick. »Ich wollte euch dieselben Schmerzen zufügen, die ich selbst durchleiden mußte.«
Hannelore fürchtete sich vor ihrer nächsten Frage. »Dann hast du mich… nie geliebt? Es war… immer nur Rache?«
Harald nickte ohne zu zögern. Es hatte keinen Sinn mehr zu lügen oder gar eine nie empfundene Liebe zu heucheln.
Fassungslos schüttelte Hannelore den Kopf. »Ich verstehe es einfach nicht. Warum ausgerechnet meine Familie?«
»Sie ist an allem schuld!« stieß Harald haßerfüllt hervor.
»Sie?«
»Deine Stiefmutter«, klärte Harald sie auf. »Hätte sie damals meinen Vater geheiratet…« Er stockte, doch es war schon zu spät. Hannelore begriff die Zusammenhänge bereits.
»Mama war also die Frau, die dein Vater liebte und die dann einen anderen Mann geheiratet hat«, flüsterte sie betroffen. »Wieso hat sie das nicht gewußt? Ich meine… wenn sie deinen Vater kannte, dann hätte sie bei deinem Namen doch zumindest stutzig werden müssen.«