Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher
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»Robert…?«
»Ja?«
»Ich bin sehr froh, daß wir uns kennengelernt haben«, sagte Franzi leise. »Ich glaub’, ich hab’ mich in dich verliebt…«
Er schloß die Augen. Was er geahnt und befürchtet hatte, war eingetreten.
»Franzi… ich…«
»Sag’ nix, Robert«, bat sie und legte ihren Finger auf seine Lippen.
Dann beugte sie sich vor und küßte ihn.
Wie flüssiges Feuer fuhr es durch sein Blut. Zwei Jahre war es her, daß er die Lippen einer Frau auf seinem Mund gespürt hatte.
Himmel, ich liebe dich doch auch!, schrie es in ihm.
Und doch nahm er ihre Hand und drückte sie sanft herab.
»Nein, Franzi, bitte net«, bat er. »Das dürfen wir net.«
Ihre Enttäuschung war nicht zu übersehen. Unwillkürlich mußte Franzi an Iris’ Worte denken.
»Gibt’s eine and’re Frau in deinem Leben?« fragte sie nach einer Weile, in der sie schweigend nebeneinander saßen.
Robert sah sie an.
»Nein und ja, Franzi«, antwortete er. »Ich weiß net, wie ich’s dir erklären soll. Es ist…«
»Schon gut«, rief sie und sprang auf. »Du bist mir keine Erklärung schuldig.«
Sie nahm den Korb auf und lief davon. Robert schaute ihr nach, bis er sich endlich aufraffte. Kurz vor der Hütte hatte er sie eingeholt.
»Bitte, Franzi, wart’ einen Moment«, sagte er. »Wir müssen miteinander reden. Es tut mir leid, wenn ich deine Gefühle verletzt hab’. Aber… ich kann net anders.«
Sie war tatsächlich stehengeblieben.
An den Spuren in ihrem Gesicht konnte er erkennen, daß sie geweint hatte, und sie tat ihm unendlich leid.
»Ich würd’ dir so gern’ alles erklären«, begann er erneut.
Sie schüttelte den Kopf.
»Du mußt mir nix erklären«, erwiderte sie. »Es ist halt so, wie’s ist. Laß uns die Kräuter zur Hütte bringen. Onkel Franz wartet schon darauf. Und dann fahr’ ich dich ins Tal hinunter.«
Kein Wort fiel zwischen ihnen, als sie nach St. Johann fuhren. Erst kurz vor dem Dorfeingang versuchte Robert, sie noch einmal anzusprechen.
»Franzi, bitte, es tut mir wirklich leid. Ich wollt’ dich net verletzten.«
Sie antwortete nicht.
»Ich…, ich wünschte, ich könnt’s dir erklären…«
Das Madel hatte vor dem Hotel gehalten.
»Schon gut.«
Franzi Burger schaute stumm nach vorne. Robert seufzte und öffnete die Wagentür.
Während er ausstieg, steckte ein dicker Kloß in ihrem Hals. Die junge Frau hatte Mühe, nicht wieder in Tränen auszubrechen. Sie wollte nicht weinen. Nicht jetzt und hier, sondern wenn sie alleine war, in der kleinen Kammer, auf der Hütte ihres Onkels.
Wo niemand ihre Tränen sah.
*
Ein betörender Duft zog durch das Pfarrhaus. Seit dem Nachmittag war Sophie Tappert mit den Vorbereitungen für das Festmenü beschäftigt, und auf dem Herd dampfte und zischte es, daß man glauben konnte, in einer Großküche zu sein.
Sebastian hatte Hedda und Ulrich Bernhard eine ganz besondere Freude bereitet. Während der Abendmesse bat er sie nach vorne zum Altar. Dort erwähnte er den Ehrentag der beiden und segnete das Jubelpaar. Jetzt stand die kleine Festgesellschaft im Eßzimmer des Pfarrhauses und bereitete sich für das Essen mit einem Apperitif vor. Die Vorspeise, ein fruchtiger Cocktail mit frischen Krabben, stand bereits auf dem Tisch.
Sehr zur Freude von Max Trenker war Claudia Bachinger am späten Nachmittag eingetroffen. Die Journalistin hatte es einrichten können, doch schon am Freitag ihr Wochenende zu beginnen.
Unter den Gästen befand sich auch Robert Feldmann. Am Mittag waren er und Ulrich Bernhard sich in der Hotelhalle begegnet. Der Professor hatte den jungen Mann angesprochen, als er ihn sah.
»Wie war Ihr Ausflug auf die Alm?« hatte er gefragt.
Robert nickte. Natürlich wollte er nichts über das Desaster sagen, in das er sich selbst hineinmanovriert hatte. Deshalb fiel seine Antwort eher allgemein aus.
»Es ist wirklich sehr schön dort oben. Kennen Sie die Almhütte?«
Der Internist lachte.
»Nur aus der Luft«, meinte er. »Pfarrer Trenker hat sie mir gezeigt, als wir mal darüber hinweggeflogen sind.«
Angesichts der Bedeutung des Tages war der Mediziner in aufgeräumter Stimmung. Am Morgen hatten er und seine Frau gemütlich auf ihrem Zimmer gefrühstückt, und zuvor war Ulrich Bernhard schon unterwegs gewesen, um einen besonders schönen Blumenstrauß zu besorgen. Hedda freute sich darüber fast noch mehr, als über die Halskette, die ihr Mann noch in München besorgt, und ihr zusammen mit den Blumen überreichte.
Aber auch sie hatte ein Geschenk für ihn. Da der Professor immer mehr Termine hatte, und sein Notizbuch schon sehr alt war und aus vielen, losen Blättern bestand, hatte seine Frau ihm ein neues, elektronisches Notizbuch gekauft. Alles was er dort hineinschrieb, wurde gespeichert, und die Daten konnte er über seinen Computer zu Hause abrufen oder bearbeiten.
In der Hotelhalle traf er dann auf Robert.
»Wissen S’ was, Herr Feldmann? Ich möcht’ Sie einladen«, sagte er zu dem jungen Werbefachmann. »Meine Frau und ich haben heut’ uns’ren Hochzeitstag. Drüben, im Pfarrhaus, kocht die Frau Tappert für uns, und ich würd’ mich freuen, wenn Sie auch zu dem kleinen Festmahl kämen.«
»Vielen Dank, Herr Professor«, freute Robert sich über die Einladung. »Ich nehme sehr gerne an.«
Auch wenn ihm nicht nach Feiern zumute war, so dachte er doch, daß es eine gute Ablenkung wäre. Anstatt im Hotel zu sitzen und Trübsal zu blasen.
Seit er gestern aus Franzis Wagen gestiegen war, fühlte er sich nur noch elend. Er war gleich auf sein Zimmer gegangen und hatte es nicht mehr verlassen. Ein paarmal war er versucht, sie anzurufen, doch dann unterließ er es. Ihm war klar, wie sehr er sie gekränkt haben mußte und es tat ihm unendlich leid.
Er lag auf seinem Bett und sah ihrer beider Gesichter vor sich. Melanies und Franzis. Und so sehr er sich auch bemühte, den Geist der Vergangenheit abzuschütteln, es wollte ihm nicht gelingen.
Am Morgen fühlte er sich wie gerädert. Kaum ein Auge hatte er zugetan, und seine Stimmung besserte sich erst, als er auf Professor Bernhard traf.
»Na, haben S’ sich gut erholt von uns’rem