Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Er führte den Betrunkenen zur Garage, in der sein Wagen stand. Inzwischen schien die frische Luft Tobias’ Kopf ein bißchen klarer gemacht zu haben. Jedenfalls gelang es ihm, aufrecht und alleine zu gehen.
»Ich hab’ dasselbe geseh’n wie du«, begann Pfarrer Trenker das Gespräch, als sie aus dem Dorf hinausfuhren. »Wie’s scheint, sind die Vroni und dein Bruder ein Paar.«
Tobias schluchzte auf.
»Hast es wohl sehr gern’, das Madel, was?«
»Ja, Hochwürden«, antwortete er mit erstaunlich klarer Stimme. »Ich hab’ sie wirklich lieb. Aber es scheint mein Schicksal zu sein, daß ich immer hinter’m Markus zurückstecken muß. Das war schon immer so, und daran wird sich wohl auch nix mehr ändern.«
Er erzählte von seinen heimlichen Wünschen und Träumen, wie gerne er, anstelle seines Bruders, auf die Universität gegangen wäre, wie sehr er Markus um dessen Beruf und die Arbeitsstelle beneidete. Und wie unglücklich er damit war, Bauer zu sein.
Vielleicht hätte es sein Leben erträglicher gemacht, wenn Vroni seinen Antrag angenommen hätte, wenn sie seine Frau geworden wäre und gemeinsam mit ihm auf dem Hof wirtschaftete. Aber dieser Traum blieb jetzt wohl unerfüllt.
Sebastian verstand sehr gut, was in dem Bauernsohn vorging.
»Aber, was soll denn daraus werden, Hochwürden? Glauben S’ wirklich, daß der Markus die Vroni zur Frau nimmt? Ich kann’s mir net vorstellen. Er spielt nur mit ihr, das weiß ich! In ein paar Tagen fährt er nach München zurück, steigt in das nächste Flugzeug, und spätestens dann ist die Vroni vergessen. Schnee von gestern.«
Tobias ahnte nicht, daß Sebastian ähnliche Gedanken hatte, als er die Szene vor der Sekbar beobachtete. Da war ihm das Gespräch mit Markus wieder in den Sinn gekommen – ein paar Jahre würden noch vergehen, ehe der Bauingenieur seßhaft werden wollte.
Nur, was wurde inzwischen aus Vroni?
*
»Grüß dich, Markus. Wir haben uns ja eine Ewigkeit net mehr geseh’n.«
»Max! Mensch, das ist ja eine Freud’.«
Die beiden Männer schüttelten sich die Hand. Der junge Polizist und Claudia Bachinger waren an die Sektbar gegangen, wo Vroni und Markus immer noch standen. Der Bruder des Bergpfarrers machte eine Handbewegung.
»Darf ich dir die Claudia vorstellen«, sagte er. »Sie ist Journalistin und würd’ gern’ etwas über dich schreiben.«
»Über mich?« fragte der Ingenieur erstaunt und reichte Max’ Begleiterin die Hand.
»Ja, ich glaub’, daß es viele Menschen interessieren wird, wie Sie aus dem Wachnertal nach Brasilien gekommen sind«, erklärte sie.
Markus machte Vroni mit der Journalistin bekannt.
»Sind S’ da wirklich sicher?« wollte er wissen.
»Doch«, nickte Claudia überzeugt. »Schließlich ist’s eine verantwortungsvolle Aufgabe, wie ich gehört hab’. So etwas interessiert die Leser immer. Nicht wenige von ihnen haben ja vielleicht dieselben Träume und Vorstellungen von ihrem Leben, die sie nur net verwirklichen konnten. Für and’re könnte so ein Artikel ein Anstoß sein, es ebenfalls zu versuchen.«
Der junge Anstetter lächelte.
»Na gut, wenn S’ meinen.«
»Fein, dann können wir uns ja mal bei Gelegenheit zusammensetzen«, freute Claudia Bachinger sich. »Am besten ruf’ ich Sie an. Meine Termine sind doch ein bissel arg gedrängt in den nächsten Tagen.«
Max schaute in die Runde.
»Wie ist’s, trinken wir was zusammen?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, bestellte er vier Gläser Sekt. Sie prosteten sich zu. Vroni sah dabei Markus an. Sie war mächtig stolz auf ihn. Ein Artikel in einer überregionalen Zeitung!
Die beiden Paare unterhielten sich noch ein Weilchen, dann wollte Claudia unbedingt tanzen. Markus nahm Vronis Arm und führte sie gleichfalls zur Tanzfläche. Allmählich tat der Sekt seine Wirkung, das Madel fühlte, wie sich ringsherum alles drehte.
»Bitte eine Pause«, bat Vroni Behringer nach dem nächsten Tanz.
Als sie an ihren Tisch zurückkamen, stellten sie fest, daß Tobias nicht mehr da war.
»Nanu, ist er schon gegangen?« wunderte sich sein Bruder. »Warum denn?«
Das junge Madel an seiner Seite sagte nichts. Vroni konnte sich denken, warum Tobias Anstetter das Tanzvergnügen verlassen hatte. Wahrscheinlich war er Zeuge gewesen, als sie und Markus sich küßten.
Für einen Moment verspürte sie ein schlechtes Gewissen. Doch dann schüttelte sie das unbehagliche Gefühl ab.
Mußte sie sich wirklich Vorwürfe machen?
Innerlich verneinte Vroni. Sie hatte Tobias nie Grund zu der Annahme gegeben, daß sie mehr für ihn empfand, als nur freundschaftliche Gefühle. Ihr ganzes Leben hatte sie mit ihm verbracht, war mit ihm aufgewachsen, und hatte vieles mit ihm erlebt. Liebe war dabei nie im Spiel gewesen. Deshalb war sein Antrag ja auch so überraschend gekommen. Jetzt konnte sie ihn nicht mehr annehmen. Der Kuß an der Sektbar war ein eindeutiger Liebesbeweis, und damit war es entschieden – sie gehörte zu Markus.
Ausgelassen unterhielt sie sich mit den anderen am Tisch. Sie wollte nicht an etwas anderes denken, als an ihr Glück. Markus saß neben ihr, hatte seinen Arm um sie gelegt, und Vroni fühlte sich als glücklichster Mensch auf der Welt.
Der Bauingenieur sah die
Sache indes mit anderen Au-
gen.
Hoffentlich hast’ jetzt keinen Fehler gemacht, dachte er. Wenn’ in ein paar Tagen wieder fort bist, ist die Angelegenheit vorbei und vergessen. Ich kann nur wünschen, daß das Madel dafür Verständnis hat. Aber sie wird schon. Schließlich ist die Vroni kein kleines Kind mehr.
Er schaute auf die junge Frau neben sich. Begehrenswert war sie, und alles in ihm fieberte danach, sie ganz für sich zu haben.
Noch in dieser Nacht.
Einen Augenblick flackerte dieses Begehren in ihm auf, doch dann gewann ein Fünkchen Vernunft die Oberhand. Dazu würde er es nicht kommen lassen. Bei jeder anderen vielleicht, aber nicht bei Vroni.
Gedankenverloren nahm er seinen Bierkrug und trank. Daß Sebastian Trenker, der inzwischen wieder zurückgekommen war, ihn und das Madel beobachtete, nahm er nicht wahr.
*
Der Geistliche hatte Tobias
Anstetter vor dem Hof abgesetzt.
»Kommst’ allein zurecht?« fragte er, nachdem er dem Bauernsohn beim Aussteigen behilflich gewesen war.
»Dank’ schön, Hochwürden«, nickte Tobias. »Ich bin wieder nüchtern.«