Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg страница 5
»Hast du ihr solche Hoffnungen gemacht?«, fragte sie.
»Gott bewahre, nein, aber sie ist schon dreißig und hat noch keinen Mann. Aber lassen wir das jetzt. Wir gehen heute Abend aus. Jetzt werden es deine Eltern erlauben.« Er holte tief Atem. »Schau mich nicht so an, Yasmin. Du bringst mich noch ganz durcheinander.«
Sie war sich seiner sehr sicher. Kein Mensch auf der ganzen Welt würde es fertigbringen, sie noch zu trennen, auch diese Lilo nicht. Vielleicht wäre es nicht einmal das Schlechteste, wenn das Kind bei ihr bleiben würde. Doch darüber konnte sie mit Jan reden, wenn sie erst verheiratet waren.
*
Lilo hatte Rubinchen Baldriantropfen gegeben. Sie wusste sehr gut, dass die Verletzung am Knie schmerzhaft sein musste, aber mehr denn je setzte sie ihre ganze Hoffnung auf den morgigen Tag. Wie sehr sie Jans Brief mit Zorn erfüllt hatte, zeigte sie nicht. Sie hatte sich beherrscht und sogar zu Rubinchen gesagt, dass sie sich keine Gedanken machen solle.
»Wenn dir diese Frau nicht gefällt, bleibst du eben bei mir«, hatte sie bemerkt. »Hier gefällt es dir doch.«
»Ich möchte aber auch mit anderen Kindern spielen«, sagte Rubinchen, mit kindlicher Schläue ihre Chance nutzend.
»Das darfst du auch, wenn du morgen alles zeigst, was du kannst«, erwiderte Lilo. »Du darfst dann auch zu Nanette in die Gymnastikstunde gehen.«
Das kam Rubinchen alles ein bisschen komisch vor, aber immerhin eröffneten sich ihr da Möglichkeiten, von denen sie nicht zu träumen gewagt hätte. Sie war auch etwas zornig über ihren Daddy. Wenn er eine fremde Frau heiraten wollte, traute sie es ihm auch zu, dass er mit ihren Eislaufkünsten protzen wollte. Es war doch möglich, dass er dieser Yasmin davon erzählt hatte und dass sie auch so ehrgeizig war wie Tante Lilo. Rubinchen dachte sich noch manches, bis sie endlich einschlief. Sie spürte den Schmerz im Bein nicht mehr. Das Herz tat ihr viel weher. Sie wurde früh geweckt, noch früher als sonst. In der Nacht war wieder Neuschnee gefallen, und es war ganz hell draußen, sodass Rubinchen gar nicht wusste, wie früh es noch war.
»Du ziehst heute besser lange Hosen und den dicken Pulli an«, sagte Tante Lilo. »Du läufst nach Kalinka. Die Musik allein macht schon Eindruck. Wir proben es dreimal durch, und dann kannst du dich ausruhen bis heute Nachmittag.«
Nach ihrem Bein erkundigte sie sich nicht, und Rubinchen dachte nur daran, dass Nanni heute schon ganz früh ins Stadion kommen wollte.
*
»Ist aber mächtig kalt heute«, murrte Henrik, der gar nicht begeistert war, das warme Haus so früh verlassen zu müssen.
»Du kannst ja hierbleiben«, schlug Denise vor. »Wir wollen uns Rubinchen anschauen.«
Nanni machte sich Sorgen um Rubinchen. Das Thermometer war auf zwölf Grad unter Null gefallen. Aber Lilo würde auch das nichts ausmachen.
»Ich finde, dass das eine Quälerei ist«, bemerkte Frau von Willbrecht. »Es müsste verboten werden, dass kleine Kinder so drangsaliert werden.«
Sie hatten am Abend noch lange über Rubinchen gesprochen, und Nick hatte manches mitgekriegt.
»Mit Pünktchen haben sie es auch so gemacht«, sagte er. »Sie musste schon als ganz kleines Kind im Zirkus auftreten.«
»Und wenn Nick sie nicht gefunden hätte, müsste sie das immer noch«, warf Henrik ein.
So erfuhren die Willbrechts nebenbei auch die Geschichte von Pünktchen, die Nick eines Tages im Park in ziemlich verwahrlostem Zustand aufgegriffen und mit nach Sophienlust genommen hatte, wo sie dann geblieben war und immer bleiben sollte.
»Können wir Rubinchen nicht auch mitnehmen, Mami?«, fragte Henrik. »Bei uns wird sie nicht drangsaliert.«
Ihm gefiel dieser Ausdruck, über dessen Bedeutung Nick ihn schnell aufgeklärt hatte.
Aber Denise bemerkte, dass man Rubinchen wohl nicht so einfach mitnehmen könne, da ihre Tante über sie zu bestimmen hätte.
»Das wird eine schöne Tante sein«, meinte Nick unwillig.
»Sie ist ein Mannweib«, sagte Friedrich von Willbrecht. Darauf riss Henrik staunend die Augen auf. Er wollte wissen, was ein Mannweib sei.
»Ich gehe schon voraus«, sagte Nanni plötzlich, ihrem Vater diese Erklärung überlassend.
»Sie hat einen Narren an dem Kind gefressen«, stellte Herr von Willbrecht fest. »Sie sollte lieber heiraten und selber Kinder in die Welt setzen.«
»Sie hat eben noch nicht den richtigen Mann gefunden«, lenkte Annemarie von Willbrecht ein.
»Krankengymnastin musste sie werden«, polterte der Hausherr.
»Du weißt ja warum«, sagte Annemarie von Willbrecht leise, da schwieg ihr Mann.
Denise wusste auch, warum Nanni diesen Beruf ergriffen hatte. Ihr Jugendfreund war mit neunzehn Jahren an Kinderlähmung erkrankt, und das hatte das sensible Mädchen völlig verändert. Niemand hatte ihm helfen können. Er war nach einem Jahr gestorben, doch Nanni trauerte ihrer ersten Liebe wohl immer noch nach.
»Ich gehe jetzt auch«, sagte sie. »Wenn es euch zu kalt ist, bleibt ihr eben hier.«
»Papi schläft noch«, meinte Henrik.
»Er hat es nötig. Ihm steckt die Grippe immer noch in den Gliedern«, sagte Denise. »Das Schaulaufen will er sich aber nicht entgehen lassen.«
*
Rubinchen war schon auf dem Eis, als Nanni mit Pipp nahte. Es war so kalt, dass der Hauch vor dem Mund gefror.
Findet sich denn niemand, der Lilo gehörig die Meinung sagt, dachte Nanni niedergeschlagen, doch im Grunde musste sie Rubinchens Zähigkeit bewundern. Sie lief fehlerlos. Pipp war kein Freund von Musik. Er begann kläglich zu jaulen. Empört drehte sich Lilo um. »Wir sind beim Training«, sagte sie scharf. Sie war wütend, dass Nanni schon wieder hier war.
Nanni straffte sich. »Haben Sie das Stadion gepachtet?«, fragte sie zurück. Sie konnte sich einfach nicht mehr beherrschen.
»Lassen Sie doch wenigstens den Hund draußen«, fuhr Lilo sie an.
Pipp trottete von selbst davon. Rubinchen zog weiter ihre Kreise, als hätte sie nichts bemerkt.
Nanni zog ihre Schlittschuhstiefel an, und als sie mit dem Verschnüren fertig war, nahten auch schon die Schoeneckers.
Lilo konnte nicht aufbegehren. Wenn die Gäste auch selten zu so früher Stunde im Stadion erschienen, hindern konnte man sie nicht, die Eisfläche zu benutzen.
»Du kannst aufhören, Sabine«, sagte sie. »Du hast deine Sache gut gemacht.«
Das passte Rubinchen heute nun gar nicht. »Ich übe noch mal die Pirouette«, sagte sie.
Denise hatte die Situation schnell erfasst. Sie zwang sich zu einem Lächeln, als sie an Lilo herantrat.
»Ein ungewöhnliches Talent«, sagte sie.