Mami Staffel 11 – Familienroman. Edna Meare
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»Solange er kein Fieber hat, nicht. Ich muß los. Danke noch einmal.«
»In der Not muß man als Großmutter eben zur Verfügung stehen«, gab ihre Mutter mit Leidensmiene zurück und vergaß offenbar ganz, daß sie das die ganze Zeit gewollt hatte.
In der Kanzlei war heute der Teufel los. Es war, als hätten sich alle Mandanten gegen Christine verschworen.
Die Termine platzten, weil sie Unterlagen vergessen hatten oder sich verspäteten, andere Mandanten standen plötzlich da und wollten sofort etwas erledigt haben. Christine wußte schon am Nachmittag nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. Dann rief ihre Mutter an.
»Daniel hat Fieber. Soll ich mit ihm zum Kinderarzt gehen?«
Natürlich, das fehlte noch. Christine schaute auf ihren Terminkalender. Sie konnte jetzt unmöglich weg.
»Ja, bitte, das wäre nett. Du weißt ja Bescheid.«
»Obwohl ich denke, unser Hausarzt…«
»Nein, bitte nicht.«
Sie bat ihre Mutter, sofort anzurufen, wenn sie zurück war. Mußte Daniel gerade jetzt krank werden? Warum ging nicht einfach einmal etwas glatt?
Um halb sechs hatte ihre Mutter immer noch nicht angerufen. Christine packte ihre Sachen zusammen und raste los. Ein paar Termine hatte sie nicht einmal geschafft. Für morgen war ihr Terminkalender bereits übervoll.
Daniel lag mit einem Halswickel im Bett.
»Dr. Klausner meint, es könnte eine Kinderkrankheit werden. Masern womöglich.«
»Ach je…, dann werde ich nicht mehr weitermachen mit der Arbeit.«
»Ich werde damit schon fertig. Nicht, Daniel, du bleibst hier?«
Daniel nickte. Seine Augen glänzten fiebrig. Daß es ihm nicht besonders ging, konnte man auch sehen, ohne Fieber zu messen.
»Wirklich, Schatz? Ich kann auch wieder mittags nach Hause kommen. Dr. Fellhaber kann mich ja nicht zwingen.«
»Ich bleib hier.«
Christine gab nach. Sie könnte ihren Sohn ja sowieso nicht täglich hin und her fahren, und jetzt Urlaub zu nehmen, war ausgeschlossen.
Sie bereitete ihm Rührei zu und fütterte ihn. Er wollte nur wenig essen und schlief dann schließlich ein. Christine wartete noch eine Weile, dann fuhr sie erschöpft nach Hause.
Als Adrian von Manger anrief, hatte sie gerade einen Kaffee getrunken und fühlte sich ein wenig frischer.
»Christine…, ich hoffe, ich störe nicht?«
»Nein.«
»Ich muß Sie unbedingt sehen. Kommen Sie doch her. Wir könnten zusammen essen…«
Das war wirklich verlockend. Christine hatte vor lauter Streß vergessen, etwas einzukaufen. Der trockene Käse und das nicht mehr frische Brot waren nicht besonders verlockend.
»Bitte, nicht lange nachdenken. Kommen Sie einfach her. Ich würde mich sehr freuen. Ich hätte auch Zeit für Sie, nur kann ich nicht weg.«
Sie mußte nicht länger überredet werden.
»Wenn ich mich nicht allzusehr schön machen muß…«
»Sie sind doch schön.«
»Dann fahre ich gleich los.«
Vorher rief sie noch einmal an, um zu hören, ob Daniel wirklich schlief. Ihre Mutter bestätigte das und betonte, daß er bei ihr gut aufgehoben sei.
*
Adrian begrüßte sie mit einem Kuß auf die Wange. Es war, als tauche sie in eine andere Welt ein. Elegant gekleidete Menschen saßen an den schön gedeckten Tischen und ließen es sich schmecken. Hier herrschte kein Streß, keine Anspannung. Leise klassische Musik untermalte das Gemurmel der Stimmen.
»Bitte, setzen Sie sich, Christine. Sie sehen ein bißchen erschöpft aus. Tobias erzählte mir, daß Sie jetzt die ganze Verantwortung für die Kanzlei haben.«
»Ja, Dr. Fellhaber bat mich, sie zu übernehmen, bis er wiederkommt. Und mein Sohn ist krank, ausgerechnet jetzt.«
»Paßt die Nachbarin auf?«
»Glauben Sie, ich würde ihn alleinlassen, wenn er krank ist?«
Christine war über diese Frage wirklich verblüfft.
»Nein, wahrscheinlich nicht. Aber Kinder haben ja schnell mal etwas. Worauf haben Sie denn Appetit?«
Sie fühlte sich ein wenig irritiert. Adrian von Manger verstand von Kindern wirklich nicht allzuviel. Aber das war schließlich nicht seine Schuld.
Sie saßen sich gegenüber. Der Wein funkelte in den Gläsern, das Rehfilet mit den Waldpilzen schmeckte hervorragend. Christine wurde verwöhnt, und das tat ihr zur Abwechslung und vor allem nach dem anstrengenden Tag wirklich gut.
»Ich würde Ihnen gern meine Wohnung zeigen, Christine. Wenn Sie schon einmal hier sind…«
»Ist es weit? Ich dachte, Sie können nicht weg…«
»Nein, ich wohne hier über dem Restaurant. Wußten Sie das nicht?«
»Nein…«
Christine trank noch einen Schluck Wein. Er entspannte sie wunderbar. Vielleicht war ja alles gar nicht so schlimm… Daniel würde in ein paar Tagen wieder gesund sein, und selbst wenn es Masern waren, die er ausbrütete, könnte sein Körper damit spielend fertig werden. Er war ein kräftiger, ansonsten gesunder Junge…
Adrian strich mit seinem Finger über ihre Hand.
»Nicht schon wieder die Sorgenfalten, Christine. Es ist doch alles gut…«
»Ja, Sie haben recht.«
»Dann kommen Sie…«
Seine Wohnung war ein wahrgewordener Traum. Wunderschöne Antiquitäten in Verbindung mit modernen Designermöbeln standen hier, ohne sich gegenseitig die Schau zu stehlen, in harmonischer Verbindung. Suse würde der Schlag treffen vor Glück. Nur ein Kind könnte sich Christine hier nicht vorstellen. Aber das stand ja auch nicht zur Diskussion. Wie kam sie überhaupt darauf?
Adrian verschwand in der in Schwarz und Edelstahl gestalteten Küche, in der bestimmt nicht mehr als Kaffee gekocht wurde, und kam gleich darauf mit einer Flasche gekühlten Champagner wieder.
»Ein Glas zum Abschluß?«
»Ich werde ein Taxi nehmen müssen…«
Das wäre wohl sowieso besser. Sie hatte zwar nur zwei Gläser Wein getrunken, aber die Wirkung spürte Christine bereits. Wahrscheinlich lag es daran, daß sie den ganzen Tag nichts gegessen hatte…
»Das regeln wir schon«, gab