Der Landdoktor Staffel 1 – Arztroman. Christine von Bergen

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Der Landdoktor Staffel 1 – Arztroman - Christine von Bergen Der Landdoktor Staffel

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werde ich warten.«

      »Wenn du vor ihr stehst, wirst du’s merken«, erwiderte Matthias Brunner. »Das kann ich dir aus eigener Erfahrung verraten.«

      Thomas sah ihn mit strahlenden Augen an, schwieg ein paar Lidschläge lang und sagte dann ernst: »Sehen Sie, Herr Doktor, dass ist zum Beispiel ein Grund dafür, dass alle froh sind, wieder zu Ihnen kommen zu können. Allein dieses kurze Gespräch mit Ihnen. Sie sagen immer das Richtige. Ganz abgesehen davon, dass das Pochen in meinem Finger schon aufgehört hat.«

      Der Landarzt stand auf und reichte ihm die Rechte.

      »Danke, Thomas«, sagte er in herzlichem Ton. »In drei Tagen will ich deinen Finger wiedersehen. Und einen Gruß an die Eltern.«

      Das bäuerliche Anwesen, auf dem Thomas in einem modernisierten Nebengebäude wohnte und arbeitete, lag unterhalb schwarz bewaldeter Höhen in blühenden Wiesen mit Blick auf den Ruhweiler Weiher. Hier kamen abends die Rehe bis an den Gartenzaun, zur Freude der Feriengäste, die seine Eltern unter dem tief gezogenen Holzschindeldach beherbergten.

      Thomas trabte im Laufschritt los, wie jeden zweiten Abend. Nach seiner Arbeit in der Werkstatt brauchte er Bewegung an der frischen Luft. Sein Ziel war das Hochplateau oberhalb des Ortes. Dort gab es kilometerlange Wanderwege, auf deren weichem Waldboden es sich herrlich joggen ließ.

      Der junge Mann kam jedoch nicht weit. Nach der ersten Biegung entdeckte er eine Frau mitten auf dem Weg sitzend. Mit dem Rücken zu ihm.

      Nanu?

      Er verhielt den Schritt, sah sich um und stellte fest, dass sie allein sein musste. War sie etwa verletzt?

      Er lief auf sie zu. Um sie nicht zu erschrecken, rief er: »Hallo? Kann ich Ihnen helfen?«

      Sie hatte sich mit dem Spaziergang eindeutig zu viel zugemutet. Ihre neuen Wanderschuhe waren bleischwer. Sie war über einen Stein gestolpert und dabei umgeknickt. Der Knöchel schmerzte, als würde er von Messern zerschnitten.

      Sophie Wittmer seufzte. Dann zuckte sie mit den Schultern.

      Was war ein verstauchter oder gebrochener Fuß gegen die Nachricht, die noch wie ein Dolch in ihrem Herzen saß?

      Sie schaute hoch zu dem unendlich weiten Himmel, der türkisfarben zwischen den Fichten hervorblitzte. Rosé Wolken segelten an ihm dahin. Welch eine Idylle! Stille umfing sie. Keine Totenstille, nein. Eine lebendige Stille, begleitet von dem leisen Rauschen der Tannen, dem Ruf eines Vogels, dem Rascheln im Unterholz.

      Nun gut, sagte sie sich schicksal­ergeben. Wenn mich heute Abend niemand mehr finden sollte, werde ich die Nacht hier verbringen. Warm sollte es werden. Wo war das Problem? Die Zeiten, in denen sie in Hotelsuiten übernachtet hatte, würden sowieso bald vorbei sein. Spätestens, wenn ihr Chef die Wahrheit erfahren würde. Und irgendwann würde es so weit sein.

      Eine Männerstimme, die wie aus weiter Ferne an ihr Ohr drang, ließ sie in ihren Gedanken innehalten. Eine angenehme, warm klingende Stimme.

      Sie blickte über die Schulter zurück.

      Thomas glaubte, seinen Augen nicht zu trauen. Die Frau vor ihm war wunderschön. Eine schlanke Blondine. Engelshaar. Und Augen, die die Farbe des Abendhimmels hatten. Niemals zuvor hatte er solche Augen gesehen. Von langen dunklen Wimpern umrahmt sahen sie ihn an. Aber mehr noch als das Aussehen dieser Fremden berührte ihn der Ausdruck in ihren Augen. Ihm war zumute, als würde er mit seinem Blick in ein Meer von Traurigkeit, von Hoffnungslosigkeit eintauchen. Und blass war sie auch. Krank sah sie aus.

      »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er, während er versuchte, der Verwirrung Herr zu werden.

      Nicht nur der Verwirrung darüber, diesen Engel hier vor sich auf dem Boden sitzen zu sehen, sondern auch über das Gefühlschaos, das sich in seinem Herzen ausbreitete.

      Sie lachte leise. Belustigt. Oder eher verbittert?

      »Ich bin ein hoffnungsloser Fall«, gab sie ihm lächelnd zur Antwort, wobei dieses Lächeln ihre wunderschönen Augen nicht erreichte.

      »Haben Sie sich den Fuß gebrochen?« Dabei zeigte er auf ihre feingliederigen Hände, die ihren rechten Knöchel umschlossen hielten.

      »Ich weiß nicht. Vielleicht verstaucht.«

      Ihre Stimme klang weich. Sie passte zu ihr.

      »Darf ich mal?« Entschlossen kniete er sich neben sie. »Ich bin Sportler und kenn mich mit so was ein bisschen aus.« Sanft löste er ihre Finger und betastete vorsichtig das geschwollene Gelenk. »Können Sie es bewegen?«

      Ihre Augen schauten ihn von unten an. Zwei Seen, geheimnisvoll und tief, in denen man ertrinken konnte.

      Während sie den Fuß drehte, zeigte sich der Schmerz auf ihren regelmäßig geschnittenen Zügen. Doch sie gab keinen Laut von sich. Tapferes Mädchen.

      Er räusperte sich. »Wann ist es passiert?«

      »Wann?«

      »Wie lange sitzen Sie schon hier?«

      »Ich weiß nicht …«

      Sie runzelte die Stirn. Ihr Blick schweifte zum Himmel.

      »Sie müssen doch wissen, wie lange Sie hier schon auf dem Boden hocken.« Seine Stimme klang nun energischer.

      Eine merkwürdige Person.

      »Ja, natürlich.« Sie lachte etwas zu laut. »Vielleicht fünf Minuten. Die Schwellung entstand ein paar Sekunden später, nachdem ich umgeknickt bin.«

      »Sind Sie allein unterwegs?«

      »Sehen Sie jemanden?« Jetzt lächelte sie ihn an, spitzbübisch, einfach hinreißend.

      »Nein.« Er hielt ihren Blick fest, zwei, drei Herzschläge lang, dann wurde ihm plötzlich heiß.

      Er hatte schon vielen hübschen Frauen in die Augen gesehen, aber noch nie war ihm die Situation dabei so intim vorgekommen. Was war denn bloß mit ihm los?

      Er stand auf, zog sein Handy aus der Gürteltasche.

      »Ich werde Dr. Brunner anrufen. Er wird Sie abholen. Der Fuß ist nicht gebrochen, so weit ich das als Laie feststellen kann. Vielleicht ein Bänderriss. Auf alle Fälle können Sie nicht weitergehen.«

      Sie nickte stumm, hielt den Kopf gesenkt.

      »Übrigens, Thomas Seeger«, stellte er sich vor, um etwas Normales zu tun.

      Er hatte das Gefühl, sich in einer völlig unwirklichen Situation zu befinden. Dieser Engel schien vom Himmel gefallen zu sein und sich hier auf Erden nicht richtig zurechtzufinden. Die schöne Blonde wirkte abwesend, zerstreut. Ihr verletzter Knöchel schien sie gar nichts anzugehen.

      »Sophie Wittmer«, sagte sie und lächelte zu seiner Erleichterung nun doch wieder zu ihm hoch. »Klingt so, als würden Sie von hier stammen«, fügte sie hinzu.

      »Stimmt. Der Name Seeger ist ein alteingesessener Name im Schwarzwald.« Er sah sich um, fühlte sich unwohl dabei, von hoch oben auf sie herunterzuschauen.

      »Darf

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