Dunkle Träume. Inka Loreen Minden
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Nick hörte den Zash lachen. Der Dämon rieb sich die Hände und sprang wie Rumpelstilzchen auf der Couch herum. »Bald gehört mir das Kind!«, rief er wie ein Irrer. »Bald, bald, bald!«
Nick riss die Augen auf; eiskalt lief es ihm den Rücken hinunter. Er schwitzte und atmete schwer, während Jamie neben ihm weiterhin selig schlief.
Der Zash wollte Noirs Baby!
Nicks Gehirn arbeitete auf Hochtouren und kam nur auf eine Lösung: Der Dämon wollte einen neuen Körper, einen, den er von Beginn an formen konnte, den er verderben würde und nur für sich hatte. Das würde bedeuten: Sobald er Jamies Körper verließ, würde der Kleine sterben. Ceros hatte ihm seine Seele genommen, ihn aber nicht zum Dämon gewandelt. Ohne Seele wäre Jamie eine leere Hülle und nicht lange lebensfähig.
Eine Stahlklammer legte sich um sein Herz. Jetzt verstand er, warum Jamie sich hatte umbringen wollen. Um das Baby zu schützen. Er sah sich wohl schon dem Tode geweiht.
Warum hatte der Kleine ihm nichts von Zorells Plänen erzählt? Wobei – Nick hatte stets das Gefühl, Jamie wollte, konnte ihm jedoch nicht sagen, was los war. Als ob er blockiert wäre. Hatte Zorell einen Weg gefunden, den Kleinen zu beherrschen, auch wenn er nicht im Vordergrund war? So wie es aussah, wurde der Zash unentwegt mächtiger. Nicolas musste dringend etwas unternehmen, nur was? Jamie brauchte diesen Mistkerl, das war die Krux.
Kapitel 5 – Jennas Schicksal nimmt seinen Lauf
Jenna lehnte mit Noir am Geländer der Dachterrasse der Detektei, blickte hinunter auf den Londoner Verkehr und genoss das schöne Wetter. Morgen würde sie in den Norden Englands aufbrechen, um mehr über sich und ihre Mutter zu erfahren. Daher war sie noch einmal gekommen, um Noir zu beruhigen. »Du hast ja meine Handynummer. Außerdem kannst du mein Telefon dank Magnus’ Technik jederzeit orten, und Nicolas und Jamie können immer ein Portal erschaffen, um mich zurückzuholen.«
Noir drehte sich zu ihr und spielte am Clip ihres Memoboards, bevor sie sich eine Strähne ihres silberweißen Haares hinters Ohr schob. »Warum fragst du deinen Dad nicht einfach, was er so oft in Bridlington zu erledigen hat?«
»Er würde mir ohnehin nicht die Wahrheit sagen, nur Verdacht schöpfen und mich nicht fahren lassen.« Kurz schloss sie die Augen und atmete tief ein. Sie wollte in Bridlington ansetzen, einer Hafenstadt in Yorkshire. Jenna hatte im Schreibtisch ihres Dads Rechnungen von Hotels und Pensionen gefunden, die in diesem Ort oder in der Nähe davon lagen. Fast jeden Monat fuhr er die über zweihundert Meilen dorthin. »Ich habe seine Adressbücher durchsucht und seinen Computer. Nirgendwo finde ich einen Anhaltspunkt. Außer Bridlington. Angeblich trifft er dort einen befreundeten Chirurgen, meint Ben, mit dem sich Dad beruflich austauscht. Einem Freund aus Studienzeiten.« Was für ein Quatsch! Jenna hatte diesen ominösen Mann noch nie zu Gesicht bekommen.
»Vielleicht hat er eine Geliebte und es ist ihm peinlich, jemandem davon zu erzählen?«
»Ach, bleib doch mal ernst. Mir ist noch nie aufgefallen, dass er anderen Frauen hinterhersieht.«
»Das ist mein Ernst.« Noir schob sich die Sonnenbrille ins Haar. »Vielleicht ist ja auch dieser Studienfreund sein …«
»Noir!« Lächelnd schüttelte Jenna den Kopf. »Da steckt etwas anderes dahinter. Das spüre ich. Etwas, das mit mir zu tun hat, weil er jedes Mal sofort das Thema wechselt, wenn ich ihn darauf anspreche.«
»Warum lässt du mich oder einen der Goyles nicht die Sache übernehmen?«
Jenna seufzte. »Weil ich einfach mal raus muss, weg von Ben, Dad und der Klinik. Ich fühle mich eingesperrt. Dad behütet mich nach wie vor, als wäre ich ein unmündiges Kind, und Ben scharwenzelt auch ständig um mich herum. Er versucht, mich zurückzuerobern. Das nervt mich alles nur noch.«
»Also hast du jetzt einen endgültigen Schlussstrich gezogen?«
Sie nickte. »Ben ist wirklich lieb, fast schon zu lieb, nur kein Mann für mich. Er ist so … normal, beinahe langweilig und blockiert mich irgendwie. Ich weiß auch nicht, wie ich es sagen soll, aber wir passen einfach nicht zusammen.«
Noir hob die Brauen. »Er ist dir also nicht wild genug im Bett?«
Sie gab ihrer Freundin einen Klaps auf den Arm. »Du bist und bleibst unmöglich!« Sofort hatte Jenna lebhafte Bilder vor Augen: sie und Kyrian in wilder Umarmung, wie er sie küsste und hart, aber rücksichtsvoll, liebte.
Plötzlich zog Noir den Kugelschreiber aus dem Clip des Memos und schrieb etwas auf den oberen Rand der Akte, die sie dort eingeklemmt hatte: Kyrian starrt dir schon seit fünf Minuten auf den Hintern.
Hitze schoss in Jennas Gesicht. Kyrian war in der Nähe? Sie stellte sich aufrecht hin und stützte sich nicht mehr am Geländer ab. Ihre Pobacken prickelten. »Dank auch schön«, zischte sie.
Noir schmunzelte und drehte sich herum. »Was gibt es, Kyr?«, rief sie.
Jennas Herz raste, als sie sich ebenfalls umdrehte. Wie viel von ihrem Gespräch hatte er belauscht?
Kyrian, der außerhalb menschlicher Hörweite an der Hausmauer gelehnt hatte, schlenderte zu ihnen. Dabei wanderte sein Blick immer wieder zu Jenna. Ihr wurde noch heißer.
»Dr. Fairchild.« Er nickte ihr zu.
Sie brachte nur ein »Hi« heraus, denn er sah atemberaubend aus. Seine athletische Figur kam in den schwarzen Sachen – eng anliegendes T-Shirt und Cargohose – voll zur Geltung. Dazu trug er leichte Einsatzstiefel. Fasziniert starrte sie auf seinen Oberarmmuskel, der sich beachtlich wölbte, als er Noir eine silberne Kette mit Anhänger überreichte.
»Ich hab’s gefunden«, erklärte er, ohne Jenna aus den Augen zu lassen. Der Blick aus seinen blauen Augen brachte ihr Inneres zum Kochen. »War genau da, wo du gesagt hast.«
Seine leicht raue Stimme schickte schon wieder wohlige Schauder über ihre Wirbelsäule. Sie konnte kaum noch stehen, bloß weil dieser Kerl sie anstarrte. Ihre Hand krampfte sich um das Geländer.
»Dann ist der Fall ja geklärt.« Noir bedankte sich bei ihm. »Ich brauche dich vielleicht gleich noch mal.«
Er nickte erneut und verließ sie. Jenna blickte ihm so lange hinterher, bis er verschwunden war.
Als sich Noir räusperte, sah Jenna hastig zu ihr. Ihre Freundin grinste sie wissend an. »Er hat einen süßen Knackarsch, was?«
»Was hat er dir gegeben?« Ihr Blut kochte. Sie brauchte dringend Abkühlung. Und Noir würde sie heimzahlen, dass sie Kyrian absichtlich ihr Gespräch hatte belauschen lassen.
Noir öffnete die Faust. »Einen magischen Kompass.« Das silberfarbene Artefakt glänzte in der Sonne. »Lass uns in mein Büro gehen. Mein Klient, der die Suche des Kompasses in Auftrag gegeben hat, kommt bald. Außerdem können wir uns dort unterhalten, ohne abgehört zu werden.«
Sie zwinkerte Jenna zu. Noirs Büro war schalldicht. Jenna wusste jetzt schon, welche Wendung das Gespräch nehmen würde. Sie deutete auf den Kompass, während sie auf die Glastür zugingen. »Wie hat Kyrian ihn gefunden?«
»Ich