Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Die Treppe!«, murmelte Felicitas vor sich hin und wandte sich ihrem Mann zu. Ein schrecklicher Gedanke war ihr in den Sinn gekommen. »Wird Lenni überhaupt noch Treppen steigen können, wenn sie doch kein neues Kniegelenk bekommt?«
Als Daniel aller Augen auf sich ruhen fühlte, schluckte er.
»Wir kriegen das alles hin«, versprach er, und es klang so, als wollte er nicht nur seine Familie, sondern auch sich selbst beruhigen. »Im Augenblick bleibt uns aber nichts anderes übrig als abzuwarten. Es wird noch einige Zeit dauern, bis sich Lenni von dem Eingriff erholt hat.«
»Wie lange?«, kam die Frage aus mehreren Kehlen gleichzeitig und wie aus der Pistole geschossen.
Während Daniel seinen Teller auskratzte, dachte er nach.
»Zwei oder drei Wochen vielleiht. Und dann muss sie auf die Roseninsel zur Reha. Erst danach werden wir wissen, wie beweglich sie sein wird.«
Unwirsch schob Felix seinen Teller von sich. Seit der Unfall passiert war, war er auffallend schweigsam und in sich gekehrt.
»Na prima. Das klingt ja alles schwer nach Pflegefall«, schimpfte er ungehalten.
Erschrocken sog Fee die Luft ein. Auch sie hatte ihren Teller leer gegessen und betupfte sich den Mund mit einer Serviette.
»So ein Unsinn«, machte sie ihren Gefühlen Luft. »Du hast Papi doch gehört.«
»Eben deshalb«, konterte Felix gnadenlos.
Er war mit den Nerven am Ende.
»Lenni wird mit Sicherheit Betreuung brauchen«, gab Dr. Norden seinem Sohn zögernd recht. »Zumindest am Anfang. Und die Treppen sind wirklich ein Problem, besonders die runter in ihre Wohnung.«
»Wie bitte?« Danny traute seinen Ohren kaum. »Aber was sollen wir denn dann machen? Wir können sie doch nicht in ein Pflegeheim stecken.«
Dieser Gedanke war so ungeheuerlich, dass alle durcheinander redeten, bis Daniel Norden der lautstarken Diskussion ein mindestens ebenso lautstarkes Ende bereitete. Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Löffel in den leeren Suppentellern tanzten und klapperten.
Schlagartig verstummten die Stimmen, und alle sahen den Arzt an.
»Niemand wird hier in ein Pflegeheim abgeschoben, damit das klar ist! Wir werden eine Lösung suchen und finden!«, erklärte Dr. Norden in die besorgten Gesichter, ehe er sich an seine Tochter Anneka wandte. »Und jetzt wüsste ich gern, was es heute zum Nachtisch gibt. Die Suppe war so köstlich, dass ich wirklich gespannt bin.«
»Für den Nachtisch bin ich heute verantwortlich«, erklärte Tatjana und stand auf. »Meine Profiteroles sind eine Sensation. Das behaupten wenigstens meine Gäste.«
»Deine Gäste sind eben kluge Menschen«, bestätigte Danny lächelnd. »Sie wissen, dass Schokolade chemisch gesehen das perfekteste Nahrungsmittel der Welt ist und man deshalb auf ausreichende Zufuhr derselben achten sollte«, verpackte er seinen Stolz auf Tatjana in einen Scherz.
Der lobende Zeitungsbericht über das Café ›Schöne Aussichten‹ und der darauf folgende Ansturm waren die schönste Bestätigung für ihn, dass sich jede ihrer Mühen gelohnt hatte und dass Tatjana auf dem richtigen Weg war. Er bewunderte sie zutiefst für ihre Energie und Entschlossenheit, diesen schweren Weg trotz ihrer Sehbehinderung gegangen zu sein.
Ehe sich die Bäckerin auf den Weg in die Küche machte, warf sie ihrem Freund eine Kusshand zu.
»Es mag aber auch daran liegen, dass es sinnlos ist, sich vor Schokolade zu verstecken. Sie findet einen immer! Auch meine Gäste«, erklärte sie augenzwinkernd, und alle lachten.
Wie alle anderen Familienmitglieder auch war sie Daniel Norden mehr als dankbar, das Thema gewechselt zu haben. Aus eigener Erfahrung wusste sie, dass das Leben selten planbar war und manche Überraschung bereithielt. Das hatte Tatjana selbst mehrfach am eigenen Leib erfahren und sich daher einen schier unerschütterlichen Optimismus angeeignet, der auch auf die anderen Familienmitglieder abfärbte. Schon bald saßen Anneka und Felix, Dési und Janni, Daniel, Fee und Danny am Tisch und ließen sich die köstlichen Windbeutel mit Sahnefüllung und Schokosauce schmecken, während sie herzlich über Tatjanas Anekdoten aus dem Café lachten und ihre Sorgen um Lenni wenigstens für kurze Zeit vergessen konnten.
*
Auch wenn die Sorge um Lenni groß war, konnte Tatjana ihre eigenen Probleme darüber nicht völlig vergessen. Der Ansturm auf das Café war erfreulich. Aber die Schwierigkeiten, vor die der überraschende Erfolg die Bäckerin und ihre Kollegin Marianne stellte, dämpften die Freude erheblich.
»Wir müssen so schnell wie möglich jemanden finden, der backen und am besten auch noch bedienen kann«, bemerkte Tatjana, als Marianne am nächsten MorgenzurArbeit kam.
Sie war blass, und nicht nur die tiefen Höhlen, in denen ihre Augen lagen, zeugten von der schlaflosen Nacht. Ihr dunkles, lockiges Haar war noch wilder als sonst und hatte sich offenbar nur unwillig mit einem Haarband bändigen lassen. Doch auf all diese eindeutigen Zeichen konnte Tatjana an diesem Morgen keine Rücksicht nehmen. Nachdenklich sah sie der Kaffeemaschine dabei zu, wie sie dampfend und schnaubend zwei Tassen mit der dunklen, aromatischen Flüssigkeit füllte. »Nicht auszudenken, was werden soll, wenn die Besucherzahlen so bleiben und wir keine Verstärkung finden. Danny macht jetzt schon gute Miene zum bösen Spiel. Mal abgesehen davon, dass er eigentlich seine Doktorarbeit schreiben sollte statt mir in der Bäckerei zu helfen.«
Marianne hatte inzwischen ihre Jacke mit einer Schürze getauscht und unterdrückte ein Gähnen, als ihre Chefin ihr den Kaffee reichte. Noch hatte keine Kundschaft den Weg ins frisch renovierte Café gefunden und die beiden Frauen nahmen an einem der kleinen Tische Platz.
»Was war denn mit dem blauhaarigen Mädchen, das sich gestern vorgestellt hat?«, erkundigte sich Marianne und nippte vorsichtig an ihrer Tasse.
Wenn Tatjana nur an die Szene vor der Bäckerei dachte, verdrehte sie die Augen.
»Du hättest sie mal erleben sollen, wie sie mit Danny umgesprungen ist.« Kopfschüttelnd biss sie in eines der beiden frischen Croissants, die auf einem kleinen Teller auf dem Tisch standen. Ein paar Brösel fielen auf die dunkle Holzplatte und Tatjana stippte sie mit der befeuchteten Fingerspitze auf. »Frech wie Oskar.«
»Das ist doch manchmal gar nicht so schlecht«, gab Marianne zu bedenken und musste unwillkürlich an Carinas freches Auftreten vom Vortag denken. Im Nachhinein wünschte sie sich, mehr Selbstbewusstsein besessen und der Lernschwester mit einem schlagfertigen Kommentar die Stirn geboten zu haben. »Den Broten und Brötchen, die sie backt, macht das sicher wenig aus. Die werden sich schon nicht beschweren…«
Über diese Vorstellung musste Tatjana nun doch lachen.
»Stell dir vor, was in der Backstube los wäre, wenn das Zeug auch noch reden könnte… Nein, lass mich, das ist mir zu heiß… Igitt, der Zuckerguss ist aber heute klebrig…«, lieh sie ihrem Croissant ihre verstellte Stimme.
Marianne lachte.
»Oder stell dir so eine Torte vor…nein, ich kann Marzipan nicht ausstehen. Mach mir Zuckerfiguren, sonst bin ich beleidigt«, spielte sie das Spiel trotz ihres Liebeskummers mit, und die beiden Frauen lachten, bis ihnen die Tränen über die Wangen liefen.