Mami Staffel 8 – Familienroman. Lisa Simon

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Mami Staffel 8 – Familienroman - Lisa Simon Mami Staffel

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ging neben Jonathan. Natürlich begleitete Charlie sie. Johann hatte ihm zwar befohlen, zu Hause zu bleiben, aber der Hund stellte sich taub. Jetzt sprang er vor ihnen her, blieb auf dem Weg stehen, daß man beinahe über ihn stolperte. Mit seinen bernsteingelben Augen sah er Johann an, manchmal legte er den Kopf schief und ließ die Ohren spielen.

      »Offensichtlich merkt Charlie, daß du Kummer hast.« Jonathan sprach bewußt leichthin und hütete sich, den Jungen anzusehen. Jonathan spürte doch längst, daß der Junge etwas auf dem Herzen hatte.

      Der Sand kroch in Johanns Sandalen, er blieb stehen und schüttelte den Fuß.

      »Charlie ist ein wirklich kluger Hund, er wittert Stimmungen wie andere Hunde einen Knochen. Und ich kau auf einem Knochen, der unverdaulich ist«, versuchte Johann einen Scherz, er verzog dabei den Mund, als wollte er lachen. Nur glückte es ihm nicht.

      »Vielleicht spuckst du deinen Kummer aus«, riet ihm Jonathan freundschaftlich. »Vielleicht kann ich helfen.« Dabei wußte er genau, daß er bei der gewaltigen Entscheidung, die das Leben der Kinder grausam verändern würde, nichts helfen konnte.

      Jonathan fühlte sich abscheulich. Früher war er unangenehmen Dingen, die ihn nicht selbst betrafen, tunlichst aus dem Weg gegangen. Er hatte sich hinter Arbeit versteckt. Bei seiner Arbeit konnte er keine Schwierigkeiten gebrauchen. Aber jetzt brannte ein nie gekanntes Gefühl in ihm. Er verspürte den dringenden Wunsch, den Schönes zu helfen. Nur wußte er nicht, wie. Dabei hatte er das Gefühl, daß die Lösung über seinem Kopf hing, zum Greifen nahe.

      »Es geht um Tante Irma«, platzte Johann heraus und riß ein Blatt von einem Ginsterstrauch ab, er zerpflückte es zwischen den Fingern. »Ich hab’ nicht gehorcht«, verteidigte er sich, »aber als ihr Name fiel… na ja, da hab’ ich natürlich meine Ohren gespitzt. Charlie, renn mir nicht ständig vor den Füßen herum.«

      Charlie sauste beleidigt davon. »Hoffentlich kommt er nicht wieder mit einer Möwe an oder spürt ein Kaninchen auf.«

      »Du wolltest etwas über Tante Irma sagen«, erinnerte Jonathan den Jungen gelassen. Dabei zermarterte er sich den Kopf, was er sagen durfte. Schließlich war es Susannes Sache, den Kindern die Entscheidung schonend beizubringen.

      »Warum will Sanne sie zu uns holen? Sie kennt Tante Irma nicht«, platzte der Junge heraus. Sie mußten jetzt hintereinandergehen, wenn sie nicht die Dünen betreten wollten. Jonathan sah Johanns hängende Schultern, die ganze Haltung drückte Kummer aus. Herrgott, es mußte doch einen gnädigen Ausweg geben. Vielleicht hieß er ja Tante Irma.

      »Papa konnte sie nicht ausstehen. Sie ist eine richtig alte Schachtel. Sie weiß alles besser. Sie kriegte einen Anfall, als sie uns morgens Brötchen essen sah. Selbstgemachtes Müsli schleppte sie heran und einen Gesundheitstee. Sie hat uns morgens aus dem Bett getrieben, wir sollten vor der Schule einen Dauerlauf machen. Sie hatte sogar die Nerven, das Papa vorzuschlagen. Zum Glück hat er ein Machtwort gesprochen. Mama war ein paar Tage verreist und da sollte sie den Haushalt führen. Aber da hat Papa gestreikt. Es ist zu einem bösen Streit gekommen, warum, das weiß ich gar nicht mehr. Ich graule mich vor dieser Frau, und den anderen geht es genauso.«

      Sie hatten die Hütte erreicht. Zum Glück erwartete Johann keine Antwort, er lief sofort zu der Kiste, die wohlversorgt im Schatten stand.

      »Sie kennt mich schon«, rief der Junge beglückt. »Sie hat mich nicht gehackt, als ich ihr den Wurm gab. Untersteh’ dich, Charlie, komm der Kiste nicht zu nahe«, fuhr er den Hund an. Der Hund drehte sich beleidigt um sich selbst, zog den Schwanz ein und trottete davon, jeder Zoll die gekränkte Unschuld.

      »Jetzt spielt er die beleidigte Leberwurst«, spöttelte Johann und sah dem Hund nach, der über den Sandweg trottete.

      »Er ist eifersüchtig«, nahm Jonathan den Hund in Schutz. Er setzte sich auf die Bank, die in allen Fugen ächzte.

      »Und was diese streitlustige Dame betrifft, Johann, da würde ich die Sache Susanne überlassen. Eine Glucke könnte ihre Küken nicht besser beschützen, als sie euch.«

      Johanns Bubengesicht entspannte sich, er grinste.

      »Das stimmt. Ich meine, der Himmel hatte ja auch etwas gut zu machen, darum hat er uns Susanne gegeben. Wenn ihr was passieren würde«, er schluckte, er setzte sich neben Jonathan und bohrte seine Sandalen in den Sand, »dann, dann wüßte ich nicht, was wir tun würden. Wirklich nicht. In Ihren Büchern würden Sie sicher schreiben, daß Susanne wie die Sonne ist, die man einfach nicht entbehren kann. Was für Bücher schreiben Sie eigentlich? Werden Sie mir mal eines von ihnen zum Lesen geben? Oder ist das zu schwere Kost für mich?«

      »Wenn du Lust hast, kannst du gern in meinen Büchern stöbern. Verwahre dir diese Beschäftigung für einen Regentag.«

      Eine lächerliche Scheu hinderte ihn daran, dem Jungen die Wahrheit zu sagen. Es war noch etwas, daß sich zu der Scheu gesellte. Als John Normann war er ein berühmter Mann. Aber nicht den Normann sollte man gern haben und seine Gesellschaft suchen, sondern den unbekannten Jonathan Nolde.

      Johann schlug mit den Absätzen gegen die Bank. Die Hände hatte er unter seine Oberschenkel gelegt.

      »Schön ist das hier. Wenn der Wind durch das Gras läuft, gleichen die Dünen dem Meer, so sehen die Wellen auch aus.«

      »Du hast das Meer noch nicht erlebt, wenn Sturm ist. Dann ist es eine furchtbare Urgewalt.«

      »Ich lese gern Gedichte«, vertraute ihm der Junge an. Um nichts in der Welt, würde er das seinen Freunden sagen. Aber diesem Mann konnte man alles anvertrauen. Wie dämlich waren sie doch gewesen, in ihm den Feind zu sehen.

      »Ich auch. Schon als Junge«, nickte Jonathan lebhaft.

      »… schon sausen die Ruder. Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz nun muß es zerschmettern…«

      Jonathan nickte und sprach weiter: »Nein, es blieb ganz.« Und beide sprachen weiter: »Wie lange, wie lange?«

      »Wunderbar«, staunte Johann glücklich. »Können wir das nicht mal bei uns machen? Gedichte aufsagen, meine ich? Susanne liest uns manchmal vor, ich finde es aber viel schöner, wenn wir Gedichte mit verteilten Rollen aufsagen.«

      »Da bin ich mit von der Partie, Johann.«

      Der Junge erhob sich langsam, so als hätte er Mühe, seine dünnen Glieder von der Bank zu lösen.

      »Am liebsten würde ich hierbleiben.« Er lachte dabei verlegen. »Aber Susanne hat mir eingeschärft, daß ich Sie nicht lange stören darf, weil Sie arbeiten müssen.«

      Wie gute Kameraden sahen sie sich an. Jonathan seufzte: »Das muß ich leider. Ich hab’ es gern, wenn du bei mir bist, Hannes, und mir Gesellschaft leistest. Ich mag auch deine Geschwister. Ihr seid wirklich ein liebenswerter Haufen.«

      Johanns Gesicht glühte. Ohne nachzudenken stieß er hervor: »Dann ziehen Sie doch zu uns. Wohnen Sie doch einfach bei uns. Das wäre wunderbar. Sie erinnern uns alle an unseren Vater. Der war auch so prima, wie Sie es sind. Von mir aus können Sie auch Susanne heiraten, eine bessere Frau finden Sie auf der ganzen Welt nicht, das ist mal sicher. Und Sie brauchen auch keine Angst zu haben, daß wir Ihnen auf den Wecker gehen. Für meine Geschwister verbürge ich mich, oder wie man das sagt. Es stimmt auch gar nicht, was man immer sagt, daß Kinder so teuer sind. Wir kosten gar nicht viel, einen Fimmel für Klamotten hat niemand von uns.«

      »Aber, Hannes, wenn man eine Frau heiraten möchte,

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