Automobile Reisen. Otto Julius Bierbaum

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Automobile Reisen - Otto Julius Bierbaum

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nicht verließen, ohne dem Mozarteum einen andächtigen Besuch zu machen, dem Hause, in dem der wunderbare Mann aufgewachsen ist, und in dem sich jetzt zwei Zimmer voll Mozartreliquien befinden, die man nicht ohne Rührung betrachten kann. Stehen doch hier zwei der Instrumente, an denen er komponiert hat, darunter das kleine Spinett, an dem die Zauberflöte entstanden ist. Auch seinen Schädel kann man hier sehen, den der Totengräber rettete, als das Grab demoliert wurde, das später nicht einmal seine Witwe aufzufinden vermochte, die mittlerweile zur Etatsrätin Nissen gewordene Konstanze – eine Frau, die der Liebe des Herrlichen leider nicht ganz wert gewesen zu sein scheint. Freilich hat sie sich als Etatsrätin Nissen materiell besser befunden denn als Frau k. k. Kammer-Kompositors-Gattin Mozart. Wolfgang Amadeus hinterließ ihr und den beiden Söhnen rund 60 Gulden Baargeld und an abgeschätzten Habschaften (Zimmereinrichtungen und dergleichen) 532 Gulden 9 Kreuzer, zusammen 592 Gulden 9 Kreuzer. Dieser Summe standen aber außer etwa 3000 Gulden unangemeldeter Schulden an dringenden Forderungen 918 Gulden 16 Kreuzer gegenüber, so daß ein ungedeckter Rest von 326 Gulden 7 Kreuzer verblieb... Und Mozart hatte 626 Werke geschaffen... Solche Daten sollte man dem braven Volksfreund Eugen Richter, der ja auf Zahlen etwas gibt, vorhalten, wenn er sich dagegen sperrt, daß schaffende Künstler nicht bloß »Ruhm« (ach Gott!), sondern auch klingende Münze bekommen. – Die Fahrt von Salzburg nach München (135 Kilometer) haben wir in 5½ Stunden zurückgelegt dank der vorzüglichen Straße von Freilassing bis München, die, da es Sonntag war, zudem auch keinen Fuhrverkehr hatte, so daß wir schlankweg fahren konnten. Auffallend war uns der Unterschied zwischen der salzburgischen und bayerischen Bevölkerung. Andere Tracht, anderes Gehaben. Der salzburgischen Bevölkerung haftet etwas Weiches, Gelecktes an – das Jahrhunderte lange Wohnen unterm Krummstabe hat den Charakter beeinträchtigt; die Bayern treten fester, bewußter einher und sehen ganz nach ihrer Landschaft aus, die nicht so ergiebig ist. Wald und Weideland, nadelholzdunkel, nicht gerade streng, aber derb. – Schön liegt Wasserburg am Inn, eine durchaus altertümliche Stadt, hinter der man unwillkürlich eine kriegerische Vergangenheit sucht. Die Hochebene, durch die man nach München gelangt, ist nicht sehr reizvoll und macht den Eindruck spröden Bodens, der das Wenige, das er vermag, nicht gern hergibt. Das Wahlzeichen Münchens, die beiden haubenbedeckten Türme der Frauenkirche, werden sehr bald sichtbar. In der Vorstadt Haidhausen, durch die man einfährt, stehen noch ein paar jener in einer Großstadt sehr auffälligen einstöckigen Bauernhäuser mit Holzaltanen, die uns heute noch einen Begriff vom Aussehen der alten Städte mit ihren äußeren Teilen geben können und, soviel sich hygienisch gegen sie einwenden lassen mag, immerhin hübscher und heimlicher sind, als die abscheulichen Mietkasernen der modernen Vorstädte. Sie, lieber Kamerad, haben gleich mir noch mehr davon gesehen, z. B. im Lechel; das ist aber nun auch schön gemacht, – schön und langweilig. – Den Eingang zum Bayerischen Hof, wo wir abstiegen, fanden wir von zwei Schilderhäusern mit Wachtposten flankiert, wie wir erfuhren zu Ehren des Grafen Waldersee, der sich eben in München aufhält und, wie wir zu sehen Gelegenheit hatten, vom Publikum mit respektvoller Aufmerksamkeit behandelt wird. Was mich betrifft, so freue ich mich darüber, denn es zeigt, daß der Reichsgedanke, den wir festhalten müssen, auch wenn er manchmal falsche Formen annimmt, auch hier mächtig ist, wo man im übrigen mit gutem Rechte eifersüchtig darüber wacht, daß das Blau im fröhlichen Blau-Weiß nicht schwarz werde.

      

Auf der schwäbisch-bayrischen Hochebene

      Da sich hier eine Filiale der Adler-Fahrradwerke befindet, ließen wir unserm Wagen die Wohltat einer durchgreifenden Reinigung angedeihen. Einer Reparatur bedurfte er nicht; alle Teile befanden sich noch in bestem Zustande; wir haben uns nur vorsichtshalber mit Reservezündkerzen versehen, und Meister Riegel hat unter dem Wagen eine große Leinwand angebracht zum Schutze gegen die Feuchtigkeit bei nassem Wetter. Zu unserer persönlichen Ausrüstung aber gehören jetzt zwei Reitpeitschen, mit denen wir allen Hunden von allzu hitzigem Temperamente Respekt einzuflößen gedenken – zurück ihrem eigenen Heile, damit sie bei ihren manchmal sehr stürmischen Attacken nicht unter die Räder kommen. Über München selber brauche ich Ihnen nichts zu erzählen. Sie wissen, wie sehr ich es vor allen deutschen Städten liebe. Es ist und bleibt, bei allen seinen Mängeln, die künstlerischste deutsche Stadt, die Stadt der künstlerischen Jugend, weil es, trotz Daller und Orterer, die freieste deutsche Stadt ist. In seiner frischen Höhenluft atmet es sich schon körperlich leichter, als in andren deutschen Städten, und auch seine geistige Atmosphäre ist Höhenlust. – Leben Sie wohl!

      III. Von München nach Eppan

      An Professor Ludwig Thuille in München

      Mittenwald an der Isar, den 4. Mai

      Mein lieber Ludwig! Treu einem Schwur, dem goldenen Munde des Morgens gelobt, hatten wir beschlossen, heute früh schon um acht Uhr abzufahren. Es ist aber doch fast halb neun geworden, maßen die Rechnung im Bayrischen Hof sehr lang und nicht minder endlos die Kette der Trinkgeldhände war, an der entlang wir uns zu unserem Wagen zu begeben hatten. Diese Abschiedsguirlande wird heute keinem erspart, der in einem Hotel von Rang abgestiegen ist. Nur Amerikaner und Engländer sind mutig genug, mit hochgehobenen Nasen diesen Händen vorüberzuschreiten, ohne in jede etwas klimpern zu lassen, wobei sie wie folgt denken: Wir sind hier schon von den beiden schönen Herren Direktoren um Gehrock und Zylinder genugsam geschröpft worden und finden, daß bei solchen Preisen die Direktion ihre Angestellten selber bezahlen könnte. Wir empfindsamen Deutschen aber denken: Die armen Leute! Würden sie wohl die Hände herhalten, wenn sie ordentlich bezahlt wären? Eine Schande ist es ja, daß sie auf unsern guten Willen angewiesen sind, aber es ist halt mal so. Und so lassen wirs klimpern, so gut wir können, und meistens mehr, als vernünftig wäre. Seine Magnifizenz, der Herr Portier mit der Goldbortenmütze, dieses massige Torornament, mit dem wir so gut wie nichts zu tun hatten, erhält, einer alten Convenienz gemäß, am meisten, wofür wir die Ehre und das Vergnügen haben, von ihm feierlich salutiert zu werden. Die Hausdiener, die eigentlich viel mehr bekommen sollten, erhalten, gemäß dem sozialen Gesetze, daß man die Leute, die weniger repräsentieren, als arbeiten, auch weniger bezahlt, weniger. Desgleichen die Zimmermädchen (die man übrigens besser Zimmermütter nennen sollte, da es Exemplare unter 40 Jahren überhaupt nicht mehr gibt, – offenbar aus Gründen der öffentlichen Moral). Die Zimmerkellner sind auch da, und man bestätigt seine Freude, sie zum Schlusse kennen lernen zu dürfen, gleichfalls durch ein »Reichnis«. Die Liftboys und Pagen mit ihren knöpfereichen Jacken und koketten Mützen sind zwar noch sehr jung, aber die Trinkgeldreife haben auch sie erreicht, und wir würden ihr Kindergemüt verbittern, wollten wir achtlos an ihnen vorüberschreiten. Der Postbesorger und der Telephonmann, der Droschkenherbeipfeifer und der Jüngling, der uns mit dem riesigen Regenschirm von der Schwelle des Hotels zum Trittbrett der Droschke begleitet hat, wollen auch nicht übersehen sein. Wer ein Herz im Busen hat, tut Geld aus seinem Beutel. Im Grunde aber findet man doch manchmal, daß die herzlosen Engländer und Amerikaner das bessere Teil erwählt haben, und auf alle Fälle gelobt man sich, künftig Hotels aufzusuchen, die nicht zwei wunderschön von englischen Schneidern bediente Herren Direktoren, sondern einen ganz gewöhnlichen Wirt haben, so einen braven dicken Herrn, der zum Schluß unsre Hand ergreift und »glückliche Reise« wünscht.

      – – In Mittenwald, wo ich dies schreibe, gibt es noch einen Wirt, aber er hat auch einen Titel. Er ist großherzoglich luxemburgischer Hoflieferant. Wie das? Weil der alte Luxemburger die hiesigen enormen Jagdgebiete gepachtet hat und alljährlich im Gasthofe zur Post in Mittenwald residiert. Auch jetzt ist er hier, und sein oberbayrischer Hoftraiteur eilt nervös Trepp auf, Trepp ab, ihm persönlich das Abendessen zu servieren. Nachts um zwei Uhr, so hör ich mit Staunen, begibt sich die königliche Hoheit auf den Anstand, um punkt sechs Uhr früh wieder im Hause zu erscheinen. Dabei gießt es, als sollte die Isar wieder einmal so voll und wild werden wie vor zwei Jahren, als sie bei euch ein paar Brücken umriß. Vermutlich ist das Jagen im Regen so angenehm, wie das Laufwagenfahren bei demselben Wetter. Das ist nämlich wirklich sehr nett, wenn man nur, wie wir, eine gute Wagenplane hat. Wir sind von 8 Uhr

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