Seine Schriften zur Wissenschaftslehre. Max Weber

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Seine Schriften zur Wissenschaftslehre - Max Weber

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in diesen bei Roschers Lebzeiten bzw. gleich nach seinem Tode erschienenen Aufsätzen einen für Roschers wissenschaftliche Persönlichkeit wichtigen Punkt: seine religiöse Grundanschauung, beiseite ließen, war bei der subjektivistischen Empfindungsweise unserer Generation in diesen Dingen durchaus natürlich. Eine genauere Analyse von Roschers Methode würde – wie wir sehen werden – diesen Faktor nicht vernachlässigen dürfen, und Roscher selbst war – wie die posthume Publikation seiner »Geistlichen Gedanken« zeigt – auch insofern durchaus »unmodern«, als er gar nicht daran dachte, bei dem öffentlichen Bekenntnis zu seinem streng traditionellen Glauben irgendeine Verlegenheit zu empfinden. Daß in der nachfolgenden Analyse Roschers mannigfache Wiederholungen und eine oft scheinbar unnötige Ausführlichkeit sich finden, hat seinen Grund in dem unabgeschlossenen und vielfach in sich wiederspruchsvollen Charakter seiner Ansichten, deren einzelne Verzweigungen immer wieder an den gleichen logischen Gedanken gemessern werden müssen. Für logische Untersuchungen gibt es schlechthin nichts »Selbstverständliches«. Wir analysieren hier in eingehender Weise längst überwundene Anschauungen Roschers auf ihren logischen Charakter hin, über deren sachlichen Gehalt heute in unserer Wissenschaft wohl niemand mehr ein Wort verlieren würde. Irrtümlich aber wäre es, aus diesem Grunde anzunehmen, die logischen Schwächen, die darin stecken, wären uns heute im allgemeinen klarer, als sie es ihm waren.

      4 Dieser im weiteren Verlauf unserer Erörterung noch oft zu berührende Gegensatz ist in einem gewissen Maße, obgleich mit teilweise unzutreffenden Folgerungen, schon von Menger – wie noch zu erwähnen sein wird – in seiner Tragweite für die Methodenlehre der Nationalökonomie erkannt worden.

      Die exakte logische Formulierung ist, nach den Ansätzen, die sich bei Dilthey (Einleitung in die Geisteswissenschaften) und Simmel (Probleme der Geschichtsphilosophie) fanden, in wichtigen Punkten zuerst in Windelbands Rektoratsrede 1894 (Geschichte und Naturwissenschaft) kurz skizziert, dann aber in dem grundlegenden Werk von H. Rickert (Die Grenzen der naturwissensch. Begriffsbildung) umfassend entwickelt worden. Auf ganz anderen Wegen nähert sich, beeinflußt von Wundt, Dilthey, Münsterberg und Mach, gelegentlich auch von Rickert (Band I), im wesentlichen aber durchaus selbständig, den Problemen der Begriffsbildung in der Nationalökonomie die Arbeit von Gottl (»Die Herrschaft des Wortes«, 1901), welche jetzt freilich, soweit sie Methodenlehre treibt, in manchen – jedoch keineswegs in den ihr wesentlichsten – Punkten durch die inzwischen erschienene zweite Hälfte des Rickertschen Werkes überholt ist. Rickert ist die Arbeit offenbar unbekannt geblieben, ebenso Eduard Meyer, dessen Ausführungen (»Zur Theorie und Methodik der Geschichte«, 1902) sich mit denjenigen Gottls vielfach berühren. Der Grund liegt wohl in der fast bis zur Unverständlichkeit sublimierten Sprache Gottls, der – eine Konsequenz seines psychologistischen erkenntnistheoretischen Standpunkts – die hergebrachte begrifflich gebundene und dadurch für ihn »denaturierte« Terminologie geradezu ängstlich meidet und gewissermaßen in Ideogrammen den Inhalt des unmittelbaren »Erlebens« zu reproduzieren strebt. So sehr manche Ausführungen, darunter auch prinzipielle Thesen der Arbeit, Widerspruch erregen müssen, und so wenig ein wirklicher Abschluß erreicht wird, so sehr ist die in ihrer Eigenart feine und geistvolle Beleuchtung des Problems zu beachten, auf welche auch hier mehrfach zurückzukommen sein wird.

      5 Wohlgemerkt: nicht ihr ausschließlich oder auch nur überwiegend verwendetes Mittel, sondern dasjenige, welches sie von den exakten Naturwissenschaften unterscheidet.

      6 Begriffen, welche die konkrete historische Erscheinung einem konkreten und individuellen, aber möglichst universellen Zusammenhang einordnen.

      7 Indem mit fortschreitender Erkenntnis der Zusammenhang, dem die Erscheinungen eingeordnet werden, in stets zunehmendem Maße in seinen charakteristischen Zügen erkannt wird.

      8 Indem mit zunehmender Erkenntnis des Charakteristischen der Erscheinung ihr individueller Charakter notwendig zunimmt.

      9 Wie Anmerkung 1.

      10 In dem – für den gewöhnlichen Sprachgebrauch ungewöhnlichen – Sinn des Wortes, welcher den Gegensatz gegen naturalistische Relationsbegriffe bezeichnet und z.B. das »Charakter«-Bild einer konkreten »Persönlichkeit« einschließt. – Der Terminus »Begriff«, heute so umstritten wie je, ist hier wie weiterhin für jedes durch logische Bearbeitung einer anschaulichen Mannigfaltigkeit zum Zweck der Erkenntnis des Wesentlichen entstehende, wenn auch noch so individuelle Gedankengebilde gebraucht. Der historische »Begriff« Bismarck z.B. enthält von der anschaulich gegebenen Persönlichkeit, die diesen Namen trug, die für unsere Erkenntnis wesentlichen Züge, hineingestellt als einerseits bewirkt, andererseits wirkend in den gesellschaftlich-historischen Zusammenhang. Ob auf die prinzipielle Frage, welches jene Züge sind, die Methodik eine Antwort bereit halten kann, ob es also ein allgemeines methodisches Prinzip gibt, nach welchem sie aus der Fülle der wissenschaftlich gleichgültigen herausgelesen werden, bleibt vorerst dahingestellt. (S. dagegen z.B. Ed. Meyer a.a.O.)

      11 Ich glaube, vorstehend mich ziemlich sinngetreu an die wesentlichen Gesichtspunkte der früher zitierten Arbeit Rickerts angeschlossen zu haben, soweit sie für uns von Belang sind. Es ist einer der Zwecke dieser Studie, die Brauchbarkeit der Gedanken dieses Autors für die Methodenlehre unserer Disziplin zu erproben. Ich zitiere ihn daher nicht bei jeder einzelnen Gelegenheit erneut, wo dies an sich zu geschehen hätte.

      12 Die praktische Wirkung einer derartigen Identifikation, wenn mit ihr einmal Ernst gemacht wird, auf die Art der historischen Darstellung kann man sich wohl am leichtesten an Lamprechts Deutscher Geschichte, I. Ergänzungsband, verdeutlichen, wo gewisse Eintagsfliegen der deutschen Literatur als »entwickelungsgeschichtlich wichtig« bezeichnet werden, weil ohne ihre – aus diesem Grunde theoretisch wertvolle – Existenz der angeblich gesetzlich gleichmäßige Ablauf der verschiedenen »Impressionismen« usw. in der Sozialpsyche nicht so konstruiert werden könnte, wie es der Theorie entspricht, und wo andererseits Persönlichkeiten, die wie Klinger, Böcklin u.a. der Theorie lästig sind, gewissermaßen als Mörtel in die Fugen zwischen die Konstruktionsteile geschoben werden: sie sind dem Gattungsbegriff »Uebergangsidealisten« eingeordnet, – und wo auch die Bedeutung von R. Wagners Lebenswerk »steht und fällt«: nicht etwa mit dem, was es uns bedeutet, sondern mit der Frage, ob es in einer bestimmten theoretisch postulierten »Entwicklungs«-Linie liegt.

      13 Jene oben erwähnte Bemerkung dagegen hat Roscher wenigstens in die prinzipiellen Erörterungen seines »Systems« nicht aufgenommen, woraus allein schon hervorgeht, daß es sich dabei und bei gelegentlichen ähnlichen Aeußerungen nicht um Aufstellung eines klaren methodischen Prinzips handelte.

      14 Ganz in Uebereinstimmung mit Rau fordert er, daß »unsere Lehren, Naturgesetze usw. immer so gehalten sein müssen, daß sie von den neueintretenden Veränderungen der Kameraldisziplin nicht gesprengt werden«. (S. Rau in seinem Archiv 1835, S. 37. Roscher daselbst 1845, S. 158).

      15 Die gleiche Anschauung – wennschon mit einigen Vorbehalten bezüglich der psychologischen Motivation – z.B. bei Schmoller in der Rezension des Kniesschen Werkes (in seinem Jahrbuch 1883, abgedruckt in »Zur Literatur der Staats- und Sozialwissenschaften«, S. 203 ff., vgl. insbes. S. 209) und bei Bücher, Entstehung der Volkswirtschaft, Vorrede zur ersten Auflage: »Sämtliche Vorträge beherrscht eine einheitliche Auffassung vom gesetzmäßigen Verlaufe der wirtschaftsgeschichtlichen Entwickelung«. Da die Anwendung des Terminus »Gesetz« auf eine einmalige Entwickelung auffällig wäre, so kann nur entweder gemeint sein: daß der gesetzlich bestimmte Ablauf der Entwickelung sich – wie Roscher dies annimmt – überall da in den wissenschaftlich wesentlichen, von B. behandelten Punkten wiederhole, wo eine Entwickelung überhaupt stattfinde, – oder (wahrscheinlicher)

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