Auferstehung. Лев Толстой

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Auferstehung - Лев Толстой

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an Katuscha. Plötzlich vernahm er ihren Schritt auf dem Gange, und von diesem Augenblick an hörte er nichts weiter mehr. Als sie in den Saal trat, sah er sie nicht an, fühlte aber mit seinen ganzen Wesen ihre Anwesenheit.

      Nach dem Essen ging er gleich wieder in sein Zimmer. Erregt ging er lange auf und ab, und lauschte, in der Erwartung, Katuschas Schritt zu vernehmen, auf das leiseste Geräusch im Hause. Das in ihm lebende Tier hatte nicht nur das Haupt erhoben, sondern das liebende, selbstlose Wesen, das er bei seinem ersten Aufenthalt, und noch am Morgen desselben Tages in der Kirche gewesen war, vollständig unterdrückt. Jetzt herrschte nur noch das Tier in seiner Seele.

      Obwohl er dem jungen Mädchen fortwährend nachspionierte, konnte er sie den ganzen Tag über nicht ein einziges Mal allein sprechen. Sie wich ihm offenbar aus. Gegen Abend aber mußte sie ein Zimmer neben dem seinigen betreten. Der Arzt wollte bis zum nächsten Morgen bleiben, und Katuscha hatte den Auftrag erhalten, ein Zimmer für ihn für die Nacht herzurichten. Als Nechludoff ihre Schritte vernahm, schlich er geräuschlos und den Atem anhaltend, als wolle er ein Verbrechen begehen, in das Zimmer, in das sie hineingegangen war.

      Katuscha hatte die beiden Hände in einen Ueberzug gesteckt und wollte eben ein Kissen hineindrücken, als sie hörte, wie die Thür sich öffnete. Sie wandte sich nach Nechludoff um und lächelte ihm zu, doch das war nicht mehr ihr vertrauensvolles und fröhliches Lächeln von früher, das war ein klägliches, entsetztes Lächeln. Es schien Nechludoff zu sagen, daß das, was er that, schlecht war, und daß er es nicht thun durfte. Und tatsächlich hielt Nechludoff einen Augenblick inne; der Kampf der beiden Männer in ihm entspann sich von neuem. Zum letztenmal hörte er, aber nur schwach, die Stimme seiner aufrichtigen Liebe zu ihr, die ihm von ihr, ihren Gefühlen und ihrem Leben sprach. Doch sofort sagte ihm eine andere Stimme: »Gieb acht; du wirst dir dein Vergnügen entgehen lassen!« Diese erste Stimme erstickte die andere. Entschlossen schritt er auf das junge Mädchen zu, und ein bestialisches, unwiderstehliches Gefühl bemächtigte sich seiner.

      »Dimitri Iwanowitsch, mein Liebling, lassen Sie mich bitte,« sagte sie mit flehender Stimme. »Matrena Pawlowna kommt!« fügte sie, sich losreißend, hinzu.

      Es kam tatsächlich jemand.

      »Höre! ich werde in der Nacht zu dir kommen« flüsterte ihr Nechludoff zu. »Du wirst allein sein, nicht wahr?«

      »Was wollen Sie? Warum? Nein, nein! Das ist nicht recht,« sagte sie; doch nur ihre Lippen sprachen das; ihre ganze erregte, erschütterte Persönlichkeit redete anders.

      Matrena Pawlowna trat in das Zimmer. Sie brachte Handtücher für den Arzt. Sie warf Nechludoff einen vorwurfsvollen Blick zu und schalt Katuscha aus, die es vergessen hatte, die Servietten zu holen.

      Nechludoff ging schnell hinaus, doch er schämte sich nicht mehr. An Matrena Pawlownas Blick hatte er gesehen, daß sie ihn im Verdacht hatte und daß das, was er that, schlecht war; doch der bestialische Instinkt, der an die Stelle seiner alten Liebe für Katuscha getreten war, beherrschte ihn jetzt und herrschte allein in ihm. Er fühlte, daß er diesen Instinkt befriedigen mußte, und dachte nur noch an die Mittel dazu.

      Den ganzen Abend war er unruhig; bald ging er zu seinen Tanten, bald trat er in sein Zimmer oder auf die Freitreppe hinaus. Und er hatte nur den einen Gedanken, Katuscha wiederzusehen, Diese aber wich ihm aus, und Matrena Pawlowna verlor ihn nicht aus den Augen.

      So verging der ganze Abend, und die Nacht brach herein. Der Arzt ging zur Ruhe, und die Tanten traten in ihr Zimmer. Nechludoff wußte, daß Matrena Pawlowna in diesem Augenblick bei seinen Tanten war, denen sie beim Ausziehen half. Katuscha mußte also allein in der Küche sein.

      Wieder ging Nechludoff auf die Freitreppe hinaus, Die Nacht war dunkel, feucht, warm, und die ganze Luft erfüllte der weiße Nebel, den der schmelzende Schnee im Frühling hervorbringt. Vom Fluß her vernahm man, hundert Schritt vom Hause, ein seltsames Geräusch; das Eis brach.

      Nechludoff stieg die Freitreppe hinunter und ging, durch die Lachen des geschmolzenen Schnees watend, bis zum Küchenfenster. Das Herz klopfte ihm so stark, daß er es hörte.

      In der Küche brannte eine kleine zitternde Lampe. Katuscha saß allein am Tische und starrte nachdenklich vor sich hin. So blieb sie mehrere Minuten, erhob dann die Augen, lächelte und nickte, als wenn sie mit sich selbst spräche; darauf legte sie die Hände auf den Tisch und starrte wieder vor sich hin.

      Er betrachtete sie weiter und lauschte dabei unwillkürlich auf die Schläge seines Herzens und auf das seltsame Geräusch, das vom Flusse herkam. So blieb er vor dem Fenster stehen und beobachtete auf dem müden und sinnenden Gesicht Katuschas die Spuren der Arbeit, die sich in ihr vollzog; er hatte Mitleid mit ihr, doch seltsamerweise bestärkte ihn dieses Mitleid nur noch mehr in seinem Wunsche.

      Er klopfte aus Fenster, und wie von einem elektrischen Schlage getroffen erbebte sie am ganzen Körper und Schrecken malte sich aus ihren Zügen. Dann sprang sie auf, stürzte nach dem Fenster und drückte das Gesicht an die Scheiben. Der Ausdruck der Angst verschwand auch nicht, als sie Nechludoff erkannte. Sie sah ernster aus, als der junge Mann sie je gesehen hatte. Erst als er ihr zulächelte, lächelte auch sie; und sie that das nur aus Unterwürfigkeit, denn er sah wohl, daß in ihrer Seele keine Freude, sondern einzig und allein nur Furcht und Entsetzen lebte.

      Er machte ihr ein Zeichen, sie solle zu ihm auf den Hof kommen; doch sie schüttelte den Kopf und blieb am Fenster stehen. Wieder drückte er sein Gesicht an die Scheibe und wollte ihr zurufen, sie solle herauskommen; doch in demselben Augenblick wandte sie sich nach der Thür um. Jedenfalls hatte sie jemand gerufen.

      Nechludoff entfernte sich vom Fenster. Der Nebel war so dicht geworden, daß man fünf Schritt weit die Fenster nicht sehen konnte, sondern nur eine große, dunkle Masse, aus der das rote Licht einer Lampe strahlte. Plötzlich krähte ein Hahn; andere antworteten ihm auf dem Hofe; und wieder andere ließen im Dorfe ihr Gekrähe ertönen, das in einem und demselben lauten Lärm verschmolz. Rings umher war alles still; nur der Fluß setzte sein Werk fort.

      Nechludoff ging vor dem Hause ein paarmal auf und ab und näherte sich dann wieder dem Küchenfenster. Beim Lampenschein sah er Katuscha wieder am Tische sitzen. Noch kaum war er näher getreten, als sie die Augen auf das Fenster richtete. Er klopfte, und sie verließ sofort die Küche; er hörte, wie sich die Thür knirschend öffnete und wieder schloß. Er lief nach der Freitreppe und umschlang sie sofort, ohne ein Wort zu sprechen, Sie schmiegte sich an ihn an, erhob den Kopf und bot ihre Lippen seinem Kusse dar. So blieben sie an der Ecke des Hauses an einer trockenen Stelle stehen; und Nechludoff fühlte, wie das Verlangen nach ihr immer stärker wurde. Plötzlich hörten sie wieder die Thür gehen, und Matrena Pawlownas zornige Stimme rief in die Nacht hinaus: »Katuscha!« Sie entriß sich seinen Armen und lief zur Küche. Er hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde; dann wurde wieder alles still, und das rote Licht der Lampe erlosch.

      Nechludoff näherte sich dem Fenster; doch er konnte nichts sehen. Er klopfte; niemand gab Antwort. Er ging ins Haus in sein Zimmer, legte sich aber nicht schlafen. Eine halbe Stunde später zog er seine Stiefel aus und ging nach Katuschas Schlafzimmer. Als er an Matrena Pawlownas Zimmer vorüberkam, hörte er, wie die alte Wirtschafterin ruhig schnarchte. Schon wollte er seinen Weg fortsetzen, als Matrena Pawlowna zu husten anfing und sich auf ihrem Bette umdrehte. So vergingen fünf Minuten. Als wieder alles schwieg und er wieder das Schnarchen der Alten vernahm, setzte Nechludoff leise seinen Weg fort. Endlich stand er vor Katuschas Thür. Kein Atemzug ließ sich hören; offenbar

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