Um Macht und Glück. Sigrid-Maria Größing
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Die Residenz des Papstes war jahrhundertelang für Frauen tabu. Erst unter Innozenz VIII. kehrten neue Sitten ein, als er für seinen Sohn Franceschetto ein glanzvolles Hochzeitsfest im Vatikan veranstalten ließ.
Giovanni Battista Cibo hatte wahrscheinlich selber am allerwenigsten damit gerechnet, dass ihm außer der Kardinalswürde auch noch ein Platz auf dem Stuhle Petri eingeräumt werden würde. Aber in der Verlegenheit, in der sich die Kurie im Jahre 1484 befand, da man sich weder auf einen Papst aus dem Hause Borgia noch auf Giuliano delle Rovere einigen konnte, wurde Cibo der lachende Dritte, der sich trotz seines eher flotten Vorlebens als Heiliger Vater Innozenz, der Unschuldige, nannte. Dass er einmal die Kardinalswürde erlangen könnte, das war bei den politischen Gegebenheiten in den einzelnen italienischen Stadtstaaten durchaus möglich, immerhin war es üblich, aus den begüterten Familien einen Sohn in Rom zum Kardinal küren zu lassen. Wie es um die religiöse Einstellung des Kandidaten bestellt war, darum kümmerten sich die Verantwortlichen herzlich wenig, denn das Heer von Kardinälen bildete nicht nur einen wirtschaftlichen Faktor in Rom, die Kirchenfürsten waren auch wichtige Mäzene für die Künstler der Renaissance, da sie über ein beträchtliches Vermögen verfügten. Daneben waren sie Brotgeber für eine Unzahl von Bedienten, ein Kardinal aus dem Hause Farnese beschäftigte nicht weniger als 306 Personen, und auch die anderen hohen kirchlichen Würdenträger besaßen Kutscher, Jagdaufseher und Jäger, Scharen von Köchen und Küchenhilfen, Speisenträger, Friseure und Ärzte kümmerten sich um das äußere und innere Wohl ihres Herrn und der Hauskaplan las täglich die Messe, da dem Kardinal meist die kirchlichen Weihen fehlten. Und da man im 16. Jahrhundert sich an allem Nichtgewöhnlichen delektierte, hielt man sich zur Unterhaltung Riesen und Zwerge, Hofnarren und Astrologen, aber auch Dichter und Musiker verschönten den gar nicht grauen Alltag. Es war ein buntes abwechslungsreiches Leben, das natürlich ungewöhnlich kostspielig war. Nicht jeder Kardinal verfügte über Jahrzehnte hinweg über die entsprechenden Geldsummen, um den luxuriösen Lebensstil aufrechterhalten zu können. Daher war es nötig, auf irgendeine Weise zu Geld zu kommen. Dass dies oft nur über politische Machenschaften möglich war, beweisen die verschiedenen Absprachen zwischen den geistlichen und weltlichen Fürsten, die wechselnden Bündnisse mit dem Kaiser oder dem König von Frankreich, mit Venedig oder sogar mit den Türken.
Innozenz VIII. war keineswegs ein unbeschriebenes Blatt, als er gleichsam über Nacht als Notnagel zum Papst erwählt wurde. Im zarten Alter von 16 Jahren hatte er mit einem einfachen Mädchen einen Sohn gezeugt, der genauso wie die später geborene Tochter Theodorina in Neapel aufgezogen worden war.
Dass ein »weltlicher« Vater zum »Heiligen Vater« ernannt wurde, war im ausgehenden 15. Jahrhundert keineswegs eine Seltenheit, auch die anderen Kandidaten, die damals zur Wahl standen, blickten auf eine nicht bescheidene Kinderschar, die vor oder während ihrer Kardinalszeit geboren waren. Schon längst war niemand, der den Kardinalspurpur trug, wirklich bereit einzusehen, warum nur weltliche Fürsten die Freuden des Lebens bis zur Neige genießen sollten. Jetzt, in der Zeit der Wiederentdeckung des Menschen, der Renaissance, schienen die Vorschriften des Zölibats in Vergessenheit zu geraten. Papst Leo X. sprach angeblich aus, was schon gang und gäbe war: »Lasst uns das Papsttum genießen, nachdem Gott es uns geschenkt hat.«
Papst Innozenz VIII. lebte zwar noch nicht in Saus und Braus im Vatikan, trotzdem konnte er nicht verhindern, dass sein Leumund durch seinen äußerst missratenen Sohn angeschlagen war. Denn so lange Franceschetto noch in Neapel lebte, drangen nur hin und wieder merkwürdige Gerüchte über den mittlerweile 35-jährigen Papstsohn nach Rom, wobei es dem Vater vorübergehend gelang, schützend seine Hand über Franceschetto zu halten. Aber je mehr der Sohn versuchte, mit dem Papstvater in Verbindung zu treten, umso mehr erzählte man sich in Rom von seinem Lotterleben, das er als berüchtigter Verführer und stadtbekannter Spieler führte. Papst Innozenz sah nur einen einzigen Ausweg, um den missratenen Sohn auf den Pfad der Tugend zu bringen, indem er eine unschuldige Braut für ihn suchte. Dabei spielten natürlich politische Motive eine mindestens so große Rolle wie die Besserungspläne des Vaters. Nach einigen Schwierigkeiten erklärte sich der vielgerühmte Lorenzo il Magnifico bereit, dem Sohn des Papstes seine erst 14-jährige Tochter Maddalena zur Frau zu geben. Dass dies keine Liebesheirat werden würde, war beim Abschluss des Ehevertrages allen Beteiligten sonnenklar, der wüste, beinah dreimal so alte Bursche war mit seiner überaus kleinen Gestalt und dem listigen Gesicht keineswegs ein Traummann für die blutjunge Mediceerbraut, die eine ansehnliche Mitgift mit in die unglückliche Ehe brachte, so dass die Schulden des Bräutigams – in einer einzigen Nacht hatte er allein 14.000 Dukaten verloren – mit einem Schlage getilgt waren. Die Medici waren aber keineswegs reine Wohltäter, Lorenzo wusste genau, wofür er seine Tochter verkaufte: Seine Familie lockte die Tiara genauso wie sie den Orsini, Farnese und Borgia ins Auge stach. Jetzt hatten die Medici den ersten Fuß in der Tür zum Vatikan und würden in Hinkunft alle Möglichkeiten das höchste kirchliche Amt zu erringen ausnützen! Die Hochzeit von Franceschetto und Maddalena legte den Grundstein für sämtliche kirchenpolitischen Pläne der Medici.
Trotz seines an sich bescheidenen Lebenswandels ließ Papst Innozenz VIII. am 18. November 1487 ein großes Festmahl zu Ehren des Brautpaares in den Räumlichkeiten des Vatikans ausrichten, zu dem auch die bekanntesten und schönsten Damen Roms geladen waren, etwas, was viele als wahre Sensation ansahen. Denn bisher waren diese heiligen Hallen für Frauen streng tabu gewesen, jetzt aber öffneten sich die Tore der Klausur anlässlich der Hochzeit des Papstsohnes für die Damenwelt offiziell. Alles, was in Rom Rang und Namen hatte, ließ es sich nicht nehmen, an den Feierlichkeiten, die der Papst persönlich eröffnete und für die er Unsummen aus seinen Geldtruhen zur Verfügung stellte, teilzunehmen. Vergessen war plötzlich der miserable Leumund des Bräutigams, vor allem, da Innozenz dem Sohn noch alle möglichen einträglichen Pfründen, die mit hochtrabenden Titeln verbunden waren, übertragen ließ.
Hatte der Vater erwartet, dass Franceschetto endlich seinen liederlichen Lebensstil ändern würde, so hatte er sich gründlich getäuscht. Nächtelang trieb sich der junge Ehemann zusammen mit seinen verkommenen Freunden in Rom herum und war nach wie vor zu jeder Schandtat bereit. Ein Chronist gab Folgendes zu Protokoll: »Im selben Monat zogen Franceschetto Cibo, der Sohn des Papstes Innozenz, und Jerome d’Estouteville … bewaffnet … bei Nacht aus, um eine gewisse Frau … zu rauben. Dabei kam es aber zu einem Lärm, die Sache ward entdeckt und die Herren mussten sich mit Schimpf und Schande zurückziehen.«
Obwohl Papst Innozenz über das fortgesetzte unmoralische Leben seines Sohnes entsetzt war, versetzte er nicht nur einmal die Tiara bei einem Bankhaus, um Franceschetto und seine Familie finanziell unterstützen zu können. Auch um seine Enkel kümmerte sich der päpstliche Großvater vorzüglich, indem er zwei Söhne von Franceschetto mit der Kardinalswürde ausstattete, die mit großen Einkünften verbunden war.
Dass die verweltlichten Zustände im Vatikan bei so manchem gläubigen Christen höchstes Ärgernis hervorriefen, war nur zu verständlich, vor allem, da man mit Geld beinahe alles erreichen konnte. Selbst Verbrechen wurden mit klingender Münze gesühnt, denn von Seite der kirchlichen Behörden vertrat man den Standpunkt: »Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er zahle und lebe.«
Im fernen Deutschland beobachtete ein Augustinermönch nicht nur die untragbar gewordenen Verhältnisse im Vatikan, die 95 Thesen, die Martin Luther in Wittenberg veröffentlichte waren geradezu ein Flächenblitz für alle Christen.
»Sie« machte »ihm« einen Heiratsantrag
Ein Leben lang war Isabella eine tatkräftige Frau gewesen, die nicht nur ihr eigenes Schicksal in ihre starken Hände genommen hatte, sondern auch mit Zähigkeit und Durchsetzungsvermögen die Geschicke des vereinigten Spanien an der Seite ihres Gemahls Ferdinand von Aragón lenkte.
Bis es allerdings so war, waren für beide viele Abenteuer zu bestehen.
Es war eine wirre Zeit, in