Um Macht und Glück. Sigrid-Maria Größing
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Da der kaiserliche Vater sich schon einige Jahre vor seinem Tod Gedanken darüber gemacht hatte, wie die Zukunft seiner »natürlichen« Kinder aussehen sollte, hatte er Karl gegenüber den Wunsch geäußert, dass Cornelius an der Universität in Padua die Rechte studieren sollte. Um seinen Werdegang und die Zukunft rechtzeitig auch finanziell abzusichern, hatte er dem Sohn die Herrschaft Enns in Oberösterreich verschrieben. Aber Karl hatte ganz andere Absichten mit seinem Onkel. Kaum hatte der kaiserliche Großvater die Augen für immer geschlossen, da versuchte der junge König, Cornelius zu überreden, Theologie zu studieren, um ein geistliches Amt zu übernehmen. Obwohl er ihm seine Zukunft als Bischof in den rosigsten Farben vor Augen führte, konnte Cornelius einem der Kirche geweihten Leben nichts abgewinnen – sein Blut rollte allzu feurig in seinen Adern. Er erklärte dem jungen König rund heraus, dass er »nit willens geistlich zu werden« sei.
Cornelius genoss das Leben in Padua in vollen Zügen, wobei er das Studium der Rechte genauso wenig ernst nahm wie die vielfältigen Abenteuer mit den schönen Damen, in deren Palazzi der attraktive junge Mann ein gern gesehener Gast war, obwohl allgemein bekannt war, dass er nur ein »natürlicher« Spross des Kaisers war. Dies störte auch Papst Clemens VII. herzlich wenig, der sich nicht nur um geistliche Angelegenheiten kümmerte, sondern sich auch als Heiratsvermittler betätigte. Ein junges Mädchen aus dem Hause Medici galt es zu verheiraten, etwas, was leichter gesagt als getan war. Denn die Mediceerin konnte man zwar in Gold aufwiegen, aber sie war so abgrundhässlich, dass selbst die Draufgabe – das Herzogtum Mailand – für Cornelius nicht ausreichte, die unattraktive Dame zum Traualtar zu führen!
Die Weigerung von Cornelius hatte sich bis Wien herumgesprochen, wo zu der damaligen Zeit der Bruder Karls, Ferdinand, regierte. Als diesem die Gerüchte zu Ohren gekommen waren, die zu einem Skandal auszuarten drohten, da der keineswegs standesgemäße »natürliche« Cornelius es gewagt hatte, die einflussreiche Mediceerin zu verschmähen, erteilte er den Befehl an den Stiefonkel, sich so rasch wie möglich »gen Wienn auf die schuel« zu begeben. Und damit Cornelius keine Ausreden finden konnte, um in Italien bleiben zu können, schickte ihm Ferdinand postwendend 100 Gulden Reisegeld.
Auch Ferdinand war der Meinung, dass Cornelius am besten im Schoße der Kirche aufgehoben sein würde und bemühte sich daher, ihm die Probstei Klosterneuburg zukommen zu lassen. Der Probst des Klosters war allerdings anderer Meinung. Er leistete erbitterten Widerstand gegen diesen Plan, wahrscheinlich waren ihm schon von diversen Zuträgern anrüchige Geschichten über den lockeren Lebenswandel des jungen Mannes zu Ohren gekommen.
Rettung in dieser für alle Beteiligten verfahrenen Situation kam wieder einmal von Margarete, der einfühlsamen Halbschwester von Cornelius und Tante Ferdinands, die zu dieser Zeit Statthalterin in den Niederlanden war. Sie machte in einem Schreiben deutlich, dass Cornelius zu allem besser geeignet wäre als zum Geistlichen. Damit war sein Schicksal endgültig besiegelt, er war endlich ein freier Mann und konnte tun und lassen, was er wollte. Niemand, auch nicht der Kaiser konnte mehr Einfluss auf sein Leben nehmen.
Cornelius blieb wahrscheinlich in Österreich, vielleicht sogar in Enns. Nach den wilden Jahren seiner Jugendzeit wurde es ruhig um ihn, sein weiteres Schicksal verliert sich im Dunkel der Geschichte.
Leibarzt von Kaisern und Königen: Andreas Vesalius
Es war in Kollegenkreisen eine wahre Sensation, als sich die Nachricht über die damals bekannte Welt verbreitete, dass der Chirurg und Anatom Andreas Vesalius Kaiser Karl V. auf seinen weiten Reisen medizinisch betreuen sollte.
Man war darüber empört, dass ein Anatom und Chirurg diese bevorzugte Stelle bekleiden sollte, denn Mediziner war er in den Augen der Fachwelt beileibe keiner, obwohl Vesalius, der am Silvestertag des Jahres 1514 in Brüssel das Licht der Welt erblickt hatte, einen ausgezeichneten Ruf auf seinen Schaffensgebieten besaß und nach einem Studium in Paris schon mit 23 Jahren zum Professor in Padua für Chirurgie ernannt worden war. Aber der schwelende Dauerstreit, wer eigentlich einen kranken Patienten heilen durfte, brach nun durch bösartige Verleumdungen Vesalius gegenüber rundum aus.
Die Liebe zur Heilkunst in den damaligen Spielarten lag in der Familie, denn schon der Vater, der aus dem niederrheinischen Wesel stammte und sich daher Vesalius nannte, bekleidete die Stelle eines Leibapothekers am Kaiserhof in den Niederlanden. Hatte sich der Vater aber hauptsächlich mit der Heilwirkung der Pflanzen beschäftigt, so zog es den Sohn an den offenen menschlichen Körper, wo er nicht nur die Lage der Organe studierte, sondern auch die Möglichkeit, wie man einem kranken Menschen durch chirurgische Eingriffe helfen konnte. Jahrhundertelang war das Innere des Menschen für die Wissenschaft tabu, strenge Vorschriften der Kirche untersagten die Öffnung von Leichen, so dass Forscher und Wissenschaftler meist im Schatten der Nacht und unter beinah unmöglichen Bedingungen auf geheime Sektionen angewiesen waren, wollten sie ergründen, wie es im Körper des Menschen aussah. Erst Stauferkaiser Friedrich II. machte Schluss mit den unsinnigen Verboten und erlaubte das Sezieren von Leichen. Das war leichter gesagt als getan. Denn die größten Schwierigkeiten bestanden darin, geeignete Tote herbeizuschaffen, da die unverrückbare Vorstellung herrschte, dass der Mensch mit Leib und Seele im Jenseits auftauchen sollte. Nur die ohnedies zum Höllenfeuer verdammten Verbrecher waren ausgenommen, so dass Vesalius gezwungen war, des Nachts auf die Galgenberge zu pilgern, um mit eigener Hand die Gehängten abzuschneiden, die er dann sezieren wollte. Bei diesem schaurigen Unterfangen fiel ihm auch die Leiche des Verbrechers Jakob Karrer in die Hände, dessen Skelett er akribisch wieder zusammensetzte und das heute noch eine Rarität in der anatomischen Sammlung von Basel darstellt. Natürlich übten auch Friedhöfe mit ihren Knochenbergen eine magische Anziehungskraft auf den jungen Vesalius aus, der erstmals bei seinem Studium in Paris mit dem Seziermesser an toten Hunden und Katzen umzugehen lernte.
Nachdem er zu wissenschaftlichen Ehren in Padua gekommen war, begann er mit seinem Hauptwerk »Über den Bau des menschlichen Körpers«, ein Buch mit 639 Seiten, wobei der Maler und Holzschneider Johann Stephan von Calcar mit seinen künstlerischen Vorstellungen einen großen Einfluss auf Vesalius gehabt hatte, denn das Werk ist mit mehr als 200 Bildtafeln illustriert. Da er nach Abschluss seines Monumentalwerkes auch seinen Aufenthalt in Italien beendete, wurden die Druckstöcke mühevoll auf Maultieren über die Alpen nach Basel gebracht, wo das Buch 1543 erschien. Vesalius hatte Bahnbrechendes geleistet, er hatte nicht nur bewiesen, dass Galen, auf den die Fachwelt immer noch schwor, seine Erkenntnisse nur durch das Sezieren von Tieren gewonnen hatte, er hatte sich auch mit dem Aderlass, mit Gefäßerkrankungen und den Folgen des Geburtsvorganges beschäftigt, wozu er fünf weibliche