Um Macht und Glück. Sigrid-Maria Größing
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Denn der Kaiser war auch im fortgeschrittenen Alter kein Kind von Traurigkeit.
Immer wieder überfiel ihn die Fleischeslust, für die er dann als Sünder, aber nicht als unbedingt Bereuender in der Beichte Gott um Verzeihung bat, manchmal sogar in schriftlicher Form: »Ich habe ziemlich viel getanzt, in Turnieren mit der Lanze gefochten und den Karneval genossen. Ich habe den Damen den Hof gemacht und große Gunst geerntet, ich habe sehr viel und sehr herzlich gelacht … Übrigens wird mich keine Dame nur von Herzen lieben … Nun ist Fastenzeit, und ich weiß nicht, was ich beichten soll, denn alles, was ich in diesem Fasching getan habe, spricht für sich selbst.«
Jahrzehntelang war der Kaiser als vitaler Mann bekannt gewesen, der auf allen Turnieren glänzte und meist den Sieg errang. Und selbst den stärksten Mann der Welt, den französischen Riesenritter Claude de Barre hatte er im Zweikampf besiegt, eine Tat, die seinen Ruhm weit über die Grenzen des Reiches verbreitete. Aber jetzt, als er in Augsburg erschien, war Maximilian nur noch ein Schatten seiner selbst.
Schon in den letzten zwei Jahren hatten verschiedene Unpässlichkeiten den Kaiser zu quälen begonnen, man hatte sogar von einem Schlaganfall gemunkelt, dessen Folgen Maximilian in seiner aktiven Art, wo es nur ging, zu überspielen versuchte. Aber immer mehr wurde er auch von Depressionen heimgesucht, so dass sein Gefolge in höchste Unruhe versetzt wurde. Und da er selbst den besten Ärzten misstraute, konnte ihm auch keiner helfen. In seiner Autobiographie, dem »Weißkunig« schrieb er, dass er zwei Mal von Krankheiten befallen worden war und hätte er sich nicht selber kuriert, so hätte er durch die Arznei, die ihm von den Ärzten verordnet worden war, ganz sicher sterben müssen.
Als er wie immer mit großem Gepränge aus Augsburg zog, wusste Maximilian, dass dies ein Abschied für immer sein würde. Er wollte in Innsbruck sterben, wo er sich schon vor längerer Zeit ein würdiges Grabmal hatte errichten lassen, wo er inmitten seiner habsburgischen Ahnen, die überlebensgroß ihn umgeben sollten, seine letzte Ruhe finden wollte. Der Kaiser konnte nicht ahnen, dass ihm dieser Wunsch nicht erfüllt werden sollte. Denn als er wie immer mit großem Gefolge an die Tore von Innsbruck pochen ließ, erhielt er die Mitteilung, dass man ihn mit seinen Leuten nicht Einlass gewähren würde, zu hoch waren die Schuldenberge angewachsen und kein Wirt hatte die Absicht, den todkranken Kaiser beherbergen zu wollen. Denn bei seinem letzten Aufenthalt hatte er nicht einen blanken Dukaten aus der Tasche gezogen und vom vorletzten Mal besaßen die Gläubiger immer noch wertlose Schuldscheine. Diesmal waren die Tore endgültig zu!
Und da man erkannt hatte, dass es unmöglich sein würde, Maximilian zu Pferde weiter zu transportieren, legte man ihn auf ein Schiff und fuhr bis Rosenheim, wo sich der Kaiser überraschenderweise erholte. Kaum verspürte er wieder Lebenskräfte, gab er Order, ihn an den Wolfgangsee zu bringen, wo er den Schafberg bestieg. Gleichzeitig wälzte er Pläne, wie man auf dem schroff aus dem See ragenden Falkenstein ein großes Kloster mit einer Kathedrale errichten könnte.
Diese anstrengende Tour hatte die Kräfte des alten Kaisers vollständig aufgezehrt. Mit Müh und Not brachte man ihn bis Wels, wo er das Krankenlager nicht mehr verlassen sollte. Sein treuer Freund Sigmund von Herberstein berichtete: »Der Kaiser ward schwach, ee wann er geen Wels kamb.«
Obwohl sein Leibarzt Baptista versuchte ihm Mut zuzusprechen, erkannte Maximilian seine aussichtslose Situation. Schwere Verstopfungen, die man mit drastischen Mitteln zu bekämpfen versuchte, wechselten mit ununterbrochenen Durchfällen, so dass der Verdacht nahe lag, dass er zumindest an komplizierten Darmgeschwüren litt, wenn nicht gar an Dickdarmkrebs. Der zu Tode geschwächte, von Schmerzen geplagte Patient erlitt schließlich noch einen Schlaganfall, der ihm die Sprache raubte. Denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte er sich intensiv mit dem Kartäuser Georg Reisch unterhalten, von dem er genaue Einzelheiten über das Leben nach dem Tode zu erfahren suchte, etwas, wozu er bisher in seiner diesseitsbezogenen Art sich wenig Zeit genommen hatte. Jetzt aber, wo der Tod schon in der Tür stand, bewegte ihn sein unmittelbar bevorstehendes Schicksal. Wahrscheinlich hatte man auch nach Matthäus Lang gesandt, dem langjährigen Vertrauten und Freund des Kaisers, aber die Botschaft hatte den Erzbischof von Salzburg zu spät erreicht.
Die Schmerzen, die immer unerträglicher wurden, raubten Maximilian schließlich das Bewusstsein, so dass er ohne langen Todeskampf am 12. Januar 1519 einschlief.
Schon zu Lebzeiten waren die genauen Einzelheiten für seine Beisetzung von ihm selber bestimmt worden. Maximilian hatte festgelegt, seinem Leichnam das Haar abzuschneiden, danach sollte man ihm die Zähne ausbrechen und den nackten Körper geißeln, der schließlich von einem groben Leinenkleid bedeckt werden sollte. Aber so ganz wie ein Büßer wollte der Kaiser doch nicht in die Ewigkeit eingehen, denn er hatte zusätzlich verfügt, dass er in Brokat gewickelt in seine »Schatztruhe« gelegt werden sollte, seinen Sarg, den er schon jahrelang mit sich geführt hatte. Nicht nach Innsbruck sollte er gebracht werden, sondern in seine Geburtsstadt Wiener Neustadt, wo man den genialen Habsburgerkaiser unter den Altarstufen der St. Georgskapelle beisetzte. Sein Herz allerdings hatte man schon gleich nach seinem Ableben entfernt und in einer Kapsel nach Brüssel bringen lassen, wo es neben der Frau ruht, der es ein Leben lang gehört hatte: bei Maria von Burgund.
Der Papst war ein treu sorgender Familienvater
Es war schon lange keine Seltenheit mehr, dass der Mann, der auf dem Stuhle Petri saß, auf eine Schar von Kindern blickte, die er nicht nur in jeder Hinsicht günstig versorgen wollte, sondern die er auch politisch gewinnbringend verheiratete.
Rodrigo Borgia, der im Jahre 1431 in Jativa bei Valencia das Licht der Welt erblickt hatte, ging als einer der umstrittensten Päpste, als Alexander VI. Borgia, in die Geschichte ein, da er sich über sämtliche Regeln der Moral hinweggesetzt hatte. Dabei war er schon in jungen Jahren für das geistliche Amt bestimmt worden, ob er wollte oder nicht, denn sein Onkel Alonso holte ihn ganz einfach nach Rom und schickte ihn schließlich nach Bologna, wo er kanonisches Recht studieren sollte. Wahrscheinlich hatte Rodrigo ganz andere Ambitionen gehabt, denn als ausgesprochen attraktiver junger Mann hinterließ er bei den schönen Damen seiner Umgebung nicht nur einen guten Eindruck. Als ihn sein Onkel, der als Kalixt III. zum Papst gewählt worden war, schließlich zum Kardinal kürte und ihn mit reichlichen Pfründen versah, stand einem luxuriösen Lebenswandel Rodrigos nichts mehr im Wege. Er residierte in einem großzügigen Palast in Rom, wo sich die Schönen und Reichen gern ein Stelldichein gaben, denn Rodrigo galt, wie Gasparone da Verona schrieb, als »glänzender Kavalier, eine stattliche, heroische Erscheinung, dabei von heiterem Wesen und gewinnender Beredsamkeit«, er zog »… stärker als ein Magnet das Eisen schöne Frauen an«.
Obwohl es für einen Kardinal der damaligen Zeit nicht unbedingt notwendig war, dass er die Priesterweihe erhielt, empfing er 1468 dieses Sakrament, womit freilich fleischliche Enthaltsamkeit verbunden gewesen wäre. Nicht aber für den späteren Papst! Nach wie vor machten seine zahllosen Affären in Rom die Runde, wobei man nicht mit dem Finger auf den