Um Macht und Glück. Sigrid-Maria Größing

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Um Macht und Glück - Sigrid-Maria Größing

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Kenntnisse zu erweitern, um heilen, helfen zu können.

      Vesalius’ Ruf drang bis zu Kaiser Karl V., der ihn zu seinem Leibarzt ernannte. Der neue Medicus schien für viele hellseherische Fähigkeiten zu besitzen, denn er diagnostizierte dem Augsburger Patrizier Leonhard Welser, der nach einem Sturz vom Pferd an unerträglichen Schmerzen litt, eine Geschwulst, die er für eine Aussackung der Hauptschlagader hielt. In seinen Augen war Leonhard Welser rettungslos verloren und als dieser nach zwei Jahren verstarb, bestätigten die Chirurgen die Aussage von Vesalius.

      Seine Tätigkeiten als kaiserlicher Medicus beschränkten sich nicht nur darauf, Karl V. zu begleiten, er wurde auch zu anderen Persönlichkeiten geschickt, um diesen seine ärztliche Kunst angedeihen zu lassen. Auf den Kriegsschauplätzen, wo Vesalius meist im Umfeld des Kaisers gesichtet wurde, hatte er natürlich reichlich Gelegenheit, sich als Chirurg zu betätigen, obwohl dies die kaiserlichen Begleiter eher mit scheelen Augen sahen. Aber man wusste, man hatte einen Mann vor sich, der von unaufhörlichem Forscherdrang beseelt war und auf dessen Rat man sich uneingeschränkt verlassen konnte, auch wenn er manches Mal geradezu unheimliche Dinge von sich gab. So hatte er dem Grafen von Beuren die Todesstunde beinah exakt vorhergesagt.

      Der Kaiser, von gesundheitlichen Problemen gequält, vertraute fest auf die Kunst seines jungen Medicus, denn Vesalius war erst 30, als er seinen Vorgänger Cornelius Baersdorf ablöste. Von Anfang an gab der neue Arzt seinem kaiserlichen Herrn den Rat, seine Essgewohnheiten zu ändern, denn obwohl Karl ein Leben lang eine schlanke Gestalt besaß, bevorzugte er dicke Suppen, fettes Fleisch, üppige Eierspeisen sowie Dutzende von Austern, dazu trank er reichlich Bier schon von Jugend auf. Dass all dies zusammen mit seinem unsteten Lebenswandel zu frühen Leiden führen musste, zeigte ihm Vesalius nicht nur dann deutlich auf, wenn ein schwerer Gichtanfall den Kaiser plagte, so dass der Medicus versuchte, Linderung der Schmerzen mit der neu entdeckten Chynawurzel herbeizuführen. Mit der Zeit wurde der Medicus für den Kaiser so unverzichtbar, dass er im Jahre 1556, als er sich entschloss, die Krone in die Hände seines Bruders Ferdinand zu legen, Vesalius mit nach Spanien nahm, wohin sich Karl zurückzog. Wahrscheinlich hatte der Medicus schon früher Gelegenheit gehabt, den einzigen legitimen Sohn des Kaisers König Philipp II. kennenzulernen, der ihn nach dem Tod seines Vaters im Jahre 1558 an seinen Hof nach Madrid berief.

      Andreas Vesalius stand nicht nur bei den Habsburgern in großem Ansehen, er eilte auch an den Hof des französischen Königs, als bei einem Turnier anlässlich der Hochzeit der Königstochter ein junger schottischer Lord, der Graf von Montgomery, Heinrich II. von Valois mit der Lanze das Visier des silbernen Helms durchbrach. Die Lanze bohrte sich durch das Auge des Königs bis ins Gehirn, so dass Heinrich sofort das Bewusstsein verlor. Um den Fall studieren zu können und den König zu retten, ließ sich Vesalius vier zum Tode verurteilte Verbrecher geben, denen er ebenfalls eine Lanze ins Auge stechen ließ. Aber auch durch eventuelle Erkenntnisse dieses barbarischen Experiments war Heinrich II. nicht mehr zu retten.

      Bessere Erfolge erzielte Vesalius am Hofe Philipps II. von Spanien, wo er dazu auserkoren wurde, den Schädel des Infanten Don Carlos zu öffnen, um Flüssigkeit daraus zu entfernen, nachdem der junge Mann über eine Treppe gestürzt war. Sehr zum Ärger der neidischen spanischen Kollegen glückte die schwierige Operation und der Zustand des Infanten besserte sich schlagartig.

      Obwohl der gebürtige Niederländer ein Leben lang auf Grund seiner naturwissenschaftlichen Studien eher dem Diesseits zugetan war, entschloss er sich im Jahre 1564 – vielleicht beeinflusst von der streng katholischen Umgebung am Königshof in Madrid – zu einer Pilgerreise ins Heilige Land. In Venedig brach er auf, erreichte auch Jerusalem, wurde aber auf der Rückreise auf der Insel Zakynthos von einer Krankheit befallen, für die es auch für ihn keine Rettung gab. Der große Medicus, der von seinem Zeitgenossen Professor Gabriel Falloppio als der Fürst der Anatomen, als ein Naturwunder und als der »Göttliche« bezeichnet wurde, starb unbekannt in der Fremde.

      La prima gentildonna del mondo – Isabella d’Este

      Sie galt nicht nur als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit, ihre ungewöhnliche Ausstrahlung, ihr Charme, ihr Geist und ihr diplomatisches Gespür inspirierten die berühmtesten Dichter und Maler wie Mantegna und Tizian und selbst Leonardo da Vinci war von ihr fasziniert.

      Fortuna hatte wahrlich ihr Füllhorn über der ältesten Tochter Herzog Ercoles I. von Ferrara ausgegossen, als die kleine Isabella im Mai 1474 endlich in der Wiege lag. Ihre hochkultivierten Eltern boten der Tochter von klein auf alle Voraussetzungen, ihre Fähigkeiten voll entfalten zu können, und auch der Geist der neuen Zeit war dazu angetan, Frauen nicht nur als schönes Beiwerk zu betrachten, sondern ihnen eine aktive Rolle auf dem politischen Parkett zuzubilligen.

      Isabella und ihre Geschwister Beatrice und Alfonso waren aufgeweckte Kinder, die schon in jungen Jahren zusammen mit ihrem Lehrer, dem Humanisten Guarino da Verona, die Werke der römischen Dichter lasen, knifflige Rechenexempel lösten oder sich mit den Schwierigkeiten der französischen Grammatik herumplagten. Um sich dann und wann von der grauen Theorie zu erholen, musizierten die Kinder entweder zusammen mit ihrer Mutter Eleonore von Aragon am Clavichord oder ein Tanzmeister sorgte für weitere Abwechslung, der die reizvolle Aufgabe übernommen hatte, die Bewegungen und den Gang der jungen Mädchen zu verfeinern. Ziel der Eltern war, die Kinder sowohl körperlich als auch geistig zu vollkommenen Menschen zu formen. Dabei wurde den Mädchen vieles erlaubt, worüber so mancher Zeitgenosse noch den Kopf schüttelte, besonders, wenn er Isabella nur spärlich gekleidet in die Fluten des Po eintauchen sah. Aber Herzog Ercole und seine Gemahlin waren in jeder Hinsicht ihrer Zeit voraus und legten daher durch ihre freizügige und allumfassende Erziehung den Grundstein für das ungewöhnlich abwechslungsreiche Leben ihrer schönen älteren Tochter.

      Als Isabella sechs Jahre alt war, traf die Werbung des Markgrafen von Mantua für seinen Sohn Francesco in Ferrara ein, ein wahrer Glücksfall für die Herzogsfamilie, denn der junge Prinz galt weit und breit als attraktiver junger Mann, ein begeisterter Jäger, der obendrein noch in der von dem berühmten Vittorino da Feltre gegründeten »Prinzenschule« eine hervorragende Ausbildung genossen hatte. Auch politisch war eine familiäre Bindung zu Mantua äußerst interessant, denn von den oberitalienischen Stadtstaaten kochte jeder sein eigenes Süppchen, so dass auf Grund der Eheschließung das Herzogtum Ferrara und die Markgrafschaft Mantua wenigstens in nicht allzu ferner Zukunft an einem Strang ziehen würden. Isabella würde außerdem in Francesco einen Mann an ihrer Seite haben, der sie rundum glücklich machen konnte.

      Alles wäre wahrscheinlich auch so eingetreten, wie sich die Eltern die Zukunft Isabellas vorgestellt hatten, hätte nicht eines Tages der reiche und mächtige Herzog von Mailand Ludoviko Sforza, der wegen seines dunklen Teints den Beinamen »il Moro« erhalten hatte, um die Hand einer der beiden Herzogstöchter angehalten. Und da Isabella schon nach Mantua versprochen war, blieb nur ihre jüngere Schwester Beatrice als Braut für Ludoviko übrig, sehr zum Leidwesen Isabellas, die vielleicht nicht so sehr von der Erscheinung des Moro geblendet war als vielmehr vom Glanz seines Goldes. Neid auf die Schwester, mit der sie sich bisher gut verstanden hatte, erfasste sie, vor allem als sie den unwahrscheinlichen Prunk anlässlich der Hochzeitsfeierlichkeiten am Mailänder Hof erlebte. Wenn sie Ludoviko schon nicht mehr haben konnte, so wollte sie ihm doch auf Schritt und Tritt zeigen, was ihm entgangen war. Deshalb unterstrich sie ihre ungewöhnliche Schönheit noch durch kostbare Roben und erlesensten Schmuck, daneben bezauberte sie die Hochzeitsgesellschaft, in der sich auch Leonardo da Vinci befand, durch ihren geistreichen Charme derart, dass eigentlich niemand mehr die Braut, sondern nur noch deren schöne Schwester bewunderte. Auch der Bräutigam war von Isabella so fasziniert, dass er ihr außer anderen kostbaren Geschenken noch zwei Löwen samt Löwenbändigern schickte. Erst als die unglückliche Beatrice bei der Geburt eines Kindes mit nur 22 Jahren im Jahre 1497 starb, bereute Isabella ihr Verhalten der Schwester gegenüber zutiefst ein Leben lang.

      Es war das Geld des reichen Sforza gewesen, das sie gelockt hatte, etwas, wovon Isabella nie genug bekam, denn Francesco,

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