Das Wechselspiel von Köln. Franziska Franke
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Читать онлайн книгу Das Wechselspiel von Köln - Franziska Franke страница 13
»Dann gibt es hier doch bestimmt einen Circus?«, fragte Lucius und ich begriff schlagartig, warum er die Veteranenkolonie besuchen wollte.
»Was für eine Frage! Selbstverständlich!«, bestätigte der Hausherr mit verkniffenem Gesichtsausdruck. Zum Beweis für seine Worte deutete er auf seine tönerne Trinkschale, deren Dekor eine Quadriga im gestreckten Galopp zeigte. Meine hingegen war – wie es sich gehörte – mit bacchantischen Szenen illustriert. »Ihr müsst ihn doch unterwegs gesehen haben. Schließlich liegt er vor der Stadt.«
Mir war er nicht aufgefallen. Also konnte er nicht besonders groß sein oder ich war zu erschöpft, um ihn zu bemerken.
»Leider haben wir keine Zeit für den Circus!«, erklärte ich mit der gesamten Autorität eines römischen Familienoberhauptes und blickte streng in das vom Wein gerötete Gesicht meines Bruders.
»Vielleicht erfahren wir dort etwas Interessantes.«
Lucius hatte sich ziemlich vage ausgedrückt, dennoch war ich
alarmiert. Schließlich sollte der Hausherr unseren Auftrag – den Tod seines Gastes zu untersuchen – nicht erraten. Hätten wir an einem Tisch gesessen, so hätte ich meinem Bruder gegen das Schienbein getreten.
»Du denkst doch nur an dein Vergnügen. Vergiss nicht, dass wir noch etwas für den Lagerkommandanten in der Stadt erledigen müssen«, rügte ich Lucius nach einer Schrecksekunde.
Ich versuchte, meinem Gesicht einen schmerzlichen Ausdruck zu verleihen, und wandte mich Junius Petronius zu.
»Wir waren Freunde von Probus Marcellus!«, erklärte ich betrübt.
Auch die Miene des Hausherrn verdüsterte sich augenblicklich.
»Es ist schrecklich, so unerwartet einen Freund zu verlieren. Eines Morgens hatte er hohes Fieber. Wir haben sofort unseren Arzt konsultiert, aber er konnte nichts mehr für unseren Gast tun.«
»Vielleicht hätte man einen traditionellen Heiler heranziehen sollen.«
Diesen törichten Kommentar hätte ich der Hausherrin trotz ihres altmodischen Gebarens nicht zugetraut.
»Er kränkelte ja schon seit einer Weile«, sagte ich, meine Gastgeberin ignorierend.
»Keinesfalls! Er war das blühende Leben«, widersprach der Decurio sichtbar befremdet.
Diese Behauptung stand in krassem Gegensatz zur Aussage der Witwe.
»Ist sonst noch jemand im Haus krank?«, wollte ich schon des eigenen Wohlergehens zuliebe wissen.
»Nein, alle sind kerngesund.«
»Auch die Sklaven?«, hakte ich nach, nachdem ich einen faden Bissen heruntergeschluckt hatte.
Diese Frage brachte Junius Petronius für einen Moment aus der Fassung.
»Auch die Sklaven erfreuen sich bester Gesundheit!«
Erstmals war es die Hausherrin, die geantwortet hatte. Sie tat das mit einem Nachdruck, der mich eher vom Gegenteil überzeugte.
»Schön, wenn man einen guten Arzt hat«, erklärte ich leichthin. Doch im gleichen Moment kam mir ein finsterer Verdacht.
»Vor allem, wenn es einer der eigenen Sklaven ist«, stimmte der Decurio mir zu und bestätigte damit meine Vermutung. »Er hat mich aber auch ein Vermögen gekostet.«
Auf das Urteil eines vom Hausherrn abhängigen Arztes war nicht viel zu geben.
»Trotzdem ist es bedauerlich, dass wir das Begräbnis nicht besuchen konnten«, mischte Lucius sich ein. »Wenn man schon den Toten nicht nach Mogontiacum überführt, hätte man wenigstens Verwandte und Freunde einladen können.«
»Der Rhein hatte gerade Hochwasser und mein Haus drohte, überschwemmt zu werden«, behauptete der Hausherr. »Aber wir haben der Pietät genüge getan und seine Asche in einer Alabasterurne nach Mogontiacum überführen lassen.«
Für einige Sekunden herrschte angespannte Stille.
»Wenn nur der schreckliche Regen aufhören würde«, sagte die Frau des Decurio und schaute in Richtung Atrium. Doch das Wetter war momentan unser geringstes Problem.
»Das bisschen Nieselregen«, widersprach Junius Petronius. »Da solltest du das wechselhafte Wetter in den Alpen erleben.«
Die Hausherrin wirkte, als sei sie kurz davor, die Augen zu verdrehen.
»Der Legat hat gar nicht erwähnt, ob ihr Kinder habt«, fiel mir plötzlich ein und ich versuchte, die Frage möglichst beiläufig klingen zu lassen. Nach dem fortgeschrittenen Alter des Paares zu schließen, kämen diese durchaus als Tatverdächtige infrage.
»Wir haben leider nur eine Tochter«, stellte der Hausherr bedauernd fest. »Sie ist verheiratet und lebt nicht mehr im Haus.«
Die Platten, auf denen man die Vorspeise serviert hatte, wurden abgetragen und wir wuschen uns die Hände. Als der Diener das Waschbecken entfernt hatte, betrachtete die Haus-
herrin prüfend die Nägel ihres Gemahls.
»Probus Marcellus hat mir nie verraten, welche Geschäfte ihn nach Agippina führten.«
Ich stellte absichtlich keine direkte Frage, da ich befürchtete, keine Antwort zu erhalten.
»Dann haben wir doch etwas gemeinsam«, brummte der Hausherr und auch seine Gemahlin zuckte mit den Schultern.
Der nächste Gang bestand aus gedünstetem Kranich, der so fettig aussah, dass sich reichliche Verwendung von Garum empfahl, und dazu wurden in Honig gekochte Birnen und verdünnter Wein gereicht. Die versilberten Schalen, auf denen die mundgerechten Happen serviert wurden, täuschten nicht darüber hinweg, dass im Haushalt des Decurio weit weniger Luxus herrschte als in der Villa des Bankiers. Leider hatte dessen Witwe es jedoch versäumt, uns zum Essen einzuladen. Aber vielleicht hatte ich nichts verpasst. Wer weiß, ob man dort nach Barbarenart Pferdefleisch aß? Allerdings sah der Kranich auch nicht viel appetitanregender aus.
Wieder wartete ich, bis einer der Gastgeber etwas von der Speise zu sich genommen hatte und auch Lucius hielt sich diesmal solange zurück. Als der Decurio sich ein Birnenstück in den Mund geschoben hatte, probierte ich den Kranich, der sich aber als noch zäher erwies als er aussah. Dann formulierte ich mit Bedacht meine nächste Frage.
»Ich gebe neidlos zu, dass es in Agrippina Dinge gibt, von denen man in Mogontiacum nicht einmal zu träumen wagt.« Das war eine ungeheuerliche Übertreibung. »Daher haben wir uns immer gewundert, dass Probus Marcellus meist ohne seine bessere Hälfte hierher gefahren ist.«
Als ich keine Antwort erhielt, trank ich einen Schluck Wein, bevor ich zum nächsten Schlag ausholte.
»Seine Frau war mit der Zeit ganz argwöhnisch geworden.«
»Das ist typisch für Julia Marcella«, war die lakonische Antwort des Hausherrn, während seine Gemahlin missbilligend die Augenbrauen zusammenzog. »Man wird doch wohl ab und zu einen Freund besuchen können.«
Junius Petronius kratze sich am