Das Wechselspiel von Köln. Franziska Franke

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Das Wechselspiel von Köln - Franziska Franke Krimi

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gehörte dem Ölhändler Publius, einem Bekannten, der sich im verwaschenen Weiß des Nebels vergeblich nach unserem Wagen umblickte. Er war ein hagerer Mann mittleren Alters mit herabhängenden Schultern, der seine Worte meist mit ausholenden Gesten unterstrich. Es war bezeichnend für seinen Fleiß, dass er selbst bei diesem Wetter unterwegs war. Kein Wunder, dass er mittlerweile seinen treuen Esel durch zwei lebhafte Maultiere ersetzt hatte.

      »Das Mädchen hat sich im Nebel verlaufen«, behauptete ich aufs Geratewohl, um nicht zugeben zu müssen, dass wir verabredet waren. »Daher begleite ich sie in die Stadt zurück.«

      Pina warf mir einen empörten Blick zu, zog die Luft tief ein, aber Publius ließ sie nicht zu Wort kommen.

      »Auf meinem Wagen reist man bequemer«, schlug er vor und rückte auf dem Kutschbock zur Seite.

      Ich war ihm für sein Angebot dankbar, denn anderenfalls hätte ich das Mädchen tatsächlich nach Hause bringen müssen. Zum Glück war er ein grundsolider, vertrauenswürdiger Familienvater.

      »Ich habe mich nicht verlaufen, sondern am Stadtrand Heilkräuter gesammelt«, betonte Pina. Erst jetzt bemerkte ich das mit Kräutern gefüllte Netz, das an ihrem Arm baumelte.

      »Wie dem auch sei, du solltest auf dem Wagen in die Stadt fahren«, beendete ich die Debatte. »Schließlich liegt mein Gut in der entgegengesetzten Richtung.«

      Nach kurzem Zögern stieg das Mädchen auf den Kutschbock. Kerzengerade saß sie auf ihrem Platz und schaute angestrengt nach vorn, wobei sie geflissentlich jeden Augenkontakt mit mir vermied.

      »Ich würde bei diesem Nebel nicht allein auf der Landstraße reiten. Heutzutage treibt sich hier eine Menge Gesindel herum!«, warnte mich der Ölhändler.

      »Soll ich etwa in der Stadt übernachten?«, fragte ich unwirsch. »Ich glaube nämlich kaum, dass sich das Wetter heute noch bessert.«

      »Du bist ein erwachsener Mensch und musst selbst wissen, was du tust«, brummte Publius, bevor er mit der Zunge schnalzte und seine Maultiere sich langsam in Bewegung setzten.

      Mit einer jähen Bewegung drehte Pina sich nach mir um.

      »Auf Wiedersehen, Marcus«, verabschiedete sie sich und hob die Hand zum Gruß.

      Ich hätte vorgezogen, wenn sie »Lebewohl« gesagt hätte.

      »Wenn ich wieder zurück bin, schaue ich bei euch vorbei«, log ich, um die peinliche Situation zu überbrücken. Bei dem Gedanken an die bevorstehende Reise stieß ich einen leisen Seufzer aus. Vielleicht hätte ich besser falls ich lebend und nicht in einer Urne zurückkehren sollte sagen sollen.

      Ich schaute dem Wagen nach, bis er in die weißen Schwaden eingetaucht war. Dann schwang ich mich auf mein Reittier, lauschte aber noch einen Augenblick in die nebelverhangene Stille, bevor ich losritt. Nichts deutete darauf hin, dass jemand mir folgte oder entgegenkam. Trotzdem wurde ich von einer unbestimmten Furcht ergriffen. Schleunigst lenkte ich mein Pferd über die feuchte Straße. Bald hatte ich die Ausläufer der Stadt hinter mir gelassen und ritt an offenen Feldern vorbei, was mich etwas zuversichtlicher stimmte.

      Ich begann innerlich mein Gespräch mit Pina zu rekapitulieren. Bei nüchterner Betrachtung war es enttäuschend verlaufen. Ich hatte nur Dinge erfahren, die ich bereits wusste. Die einzigen Neuigkeiten waren, dass der verstorbene Bankier ein Herzensbrecher war und, dass seine Witwe ein Vermögen mit in die Ehe gebracht hatte. Aber mir war unklar, welchen Schluss ich daraus ziehen sollte.

      Als ich endlich die Abzweigung zu meinem Landgut erreichte und in den Feldweg einbog, riss mich ein lautes Krachen aus meinen Gedanken. Vor mir stürzte ein dicker Ast auf den Pfad. Mein Pferd scheute, und ehe ich mich versah, fand ich mich auf dem feuchten Boden wieder. Zwei dunkle Schatten sprangen auf den Feldweg. Es waren grobe Gesellen in schmutzigen Tuniken, die sich mit Tüchern vermummt hatten, sodass ich ihre Gesichter nicht sehen konnte. Während einer von ihnen den Zügel meines laut wiehernden Braunen ergriff, hob sein Kumpan drohend einen Knüppel in die Höhe. Die Wegelagerer sahen eher nach gedungenen Mördern aus als nach gewöhnlichen Räubern. Ich rappelte mich vom Boden hoch und wollte mich schon zur Flucht wenden, als ich schwere Schritte hinter mir hörte.

      Erschrocken wirbelte ich herum und sah mich ihrem Anführer gegenüber, der ebenfalls maskiert war. Er war größer als ich und hielt einen langen Dolch in der Rechten. Seelenruhig prüfte er dessen Spitze mit dem Daumen.

      In der verzweifelten Hoffnung, dass zufällig eine Militärpatrouille vorbeikommen möge, versuchte ich, Zeit zu schinden.

      »Was wollt ihr von mir?«, sprach ich die Wegelagerer an. »Wenn es mein Geld ist, das könnt ihr gern haben.«

      Zum Glück hatte ich nur ein paar Sesterzien in der Börse.

      »Dein Geld, dein Pferd und deine feinen Sandalen«, hörte ich einen der Männer hinter mir sagen.

      Aus den Augenwinkeln sah ich, wie er mein widerstrebendes Pferd fortzuschleifen versuchte.

      »Ventus!«, rief ich mein Pferd mit scharfer Stimme zu mir und sprang ihm entgegen.

      Mein Brauner riss sich los und trat dabei den neben ihm stehenden Halunken gegen das Bein. Dieser stieß einen gellenden Schmerzensschrei aus und ließ seinen Knüppel fallen. Ich hechtete nach vorn, warf mich auf den Boden und packte die Waffe, wobei mich der Dolch des Anführers an der Schulter streifte. Ich verspürte einen stechenden Schmerz, der mir für einen Augenblick den Atem nahm, aber die Wunde schien nicht tief zu sein.

      Ich rollte zur Seite, sprang auf und schlug wild mit der Keule um mich. Der Schurke, der mir das Pferd stehlen wollte, wich zurück, konnte aber nicht verhindern, dass ich ihn vor die Brust schlug. Taumelnd ging er zu Boden, sein Kumpan umklammerte noch immer sein verletztes Bein.

      Mein treues Pferd war zu mir getrabt und es gelang mir, mich trotz meiner schmerzenden Schulter auf seinen Rücken zu hieven, bevor der Anführer der Bande mich erneut angreifen konnte. Ich brauchte meinen Braunen nicht anzuspornen, er preschte voran, als ob alle Furien ihm nachsetzten.

      Das ist ja gerade noch einmal gut gegangen, dachte ich, als ich die Banditen hinter mir gelassen hatte, die keine Anstalten machten, die Verfolgung zu Fuß aufzunehmen. Dankbar tätschelte ich den Hals meines Pferdes.

      Es empörte mich, dass die Wegelagerer nicht zur Rechenschaft gezogen werden würden. Aber ich wollte das Schicksal nicht dadurch herausfordern, dass ich zum Drusus-Monument zurückritt, wo sich die nächste militärische Einheit befand.

      So gleichmäßig wie das Niederprasseln des Regens, der uns seit Tagen zu schaffen machte, tauchten die Marinesoldaten ihre Ruderblätter in die schlammig-grauen Fluten des Stroms ein. In dichter Folge waren am linken Ufer römische Kastelle an unserer Liburne vorbeigezogen. Mit jeder Meile, die wir in Richtung Norden fuhren, sank die Temperatur und der Wind wurde schärfer. Wie die meisten Römer hasste ich die bedrohliche Unabwägbarkeit der Gewässer. Nur wenn es meine Geschäfte erforderten, hatte ich mich bisher den schwankenden Planken eines Schiffs anvertraut. Die schiere Vorstellung, beruflich zur See zu fahren, überstieg meine Phantasie. Das Schwanken des Bootes! Die hirnerweichende Monotonie der Ruderschläge! Das schweißtreibende Bedienen der Riemen! Die permanente Gefahr, Schiffsbruch zu erleiden, von den Barbaren auf dem anderen Rheinufer mit Speeren beworfen oder von Piraten gekapert zu werden! Kein Wunder, dass man bei der Marine zwei Jahre kürzer dienen musste als bei den Legionen.

      Meine

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