Das Wechselspiel von Köln. Franziska Franke

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Das Wechselspiel von Köln - Franziska Franke Krimi

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blickte mich fragend nach Cicero um, der auf der Wartebank Platz genommen hatte.

      »Colonia Claudia Ara Agrippinensium«, half er mir aus und seine Haltung straffte sich. Scherzhaft erwog ich, Cicero in Zukunft als meinen Nomenclator vorzustellen.

      »Das ist natürlich etwas anderes«, gab Tiberius nachdenklich zu.

      Im sonnigen Süden übten die Geldwechsler ihr Gewerbe im Freien aus. Ich hatte jedoch in der Zwischenzeit erfahren, dass Probus Marcellus eine Art Laden besaß, wusste aber nicht, wo sich dieser befand.

      »Sein Geschäft ist doch auf der anderen Seite des Forums?«, fragte ich so beiläufig wie möglich.

      Wieder kam die Schere einem meiner Ohren bedrohlich nah.

      »Nein! Es ist die Wechselstube hinter der nächsten Säule.«

      »Das meinte ich, ich habe mich nur versprochen«, murmelte ich in gespielter Zerstreutheit vor mich hin.

      »Und wann findet die Beisetzung statt?«, wollte der Barbier wissen, der oft an fremden Totenfeiern teilnahm, um den neuesten Klatsch zu erfahren.

      »Man hat ihn an Ort und Stelle verbrannt.«

      Um nicht wieder auf Ciceros Hilfe angewiesen zu sein, hatte ich die komplizierte Ortsangabe vermieden.

      »Das ist aber seltsam. In heißen Ländern mag das nötig sein, aber doch nicht in Germanien und schon gar nicht im Frühling«, kommentierte Tiberius nachdenklich und schnippelte noch etwas an meinem Haar herum. »Andererseits bei einem Seuchenopfer …«

      »Kennst du eigentlich die Witwe?«, unterbrach ich den Barbier, denn ich wollte lieber nicht über eine Epidemie nachdenken, die im Hause des Decurios grassierte.

      »Julia Marcella? Nur flüchtig. Sie ist eine eingebildete Person, die nicht mit mir redet!«, bemerkte Tiberius, der eine berufsbedingte Abneigung gegen schweigsame Zeitgenossen hatte. »Sie hat übrigens eine jüngere Schwester namens Pina, die Julia Marcellus bisher noch nicht verheiraten konnte. Seit einer Zeit macht ihr ein Tribunus Augusticlavius der 22. Legion den Hof, aber sie hat ihn noch nicht erhört. Ich glaube, er heißt Quinctilius Rufinus.« Der Barbier stapelte tief. Wie immer war er ausgezeichnet informiert. »Die junge Dame ist wohl etwas wählerisch. Aber sie ist bildhübsch und eine schlechte Partie ist sie sicher auch nicht. Vielleicht wäre sie etwas für dich?«

      Ich fragte mich, ob das ein Witz sein sollte, aber Tiberius wirkte nicht so, als ob er scherzte. Ob sich der Barbier neuerdings ein Zubrot mit Eheanbahnungen verdiente?

      »Ich dachte, als Gutsbesitzer willst du doch sicherlich endlich eine Familie gründen«, fügte er ungerührt hinzu.

      »Es reicht!«, fuhr ich Tiberius an, bereute aber im gleichen Augenblick meine harsche Reaktion. »Die Haare sind wirklich kurz genug! Du kannst aufhören!«, versuchte ich die Situation zu retten und erhob mich vom Barbierstuhl.

      Da ich meine Zeit und mein Geld mit einem unnötigen Haarschnitt verschwendet hatte, gab ich Tiberius nur ein dürftiges Trinkgeld. Dann schlenderte ich zum benachbarten Ladengeschäft, zog die massive Eichentür auf und spähte hinein. Der Innenraum der Wechselstube war spärlich möbliert und ganz in Weiß gehalten. Er sollte den Kunden wohl das Gefühl vermitteln, dass auch die Bankgeschäfte hier durchschaubar und vertrauenswürdig abgewickelt wurden.

      »Möchtest du einen Kredit?«, fragte mich ein auffällig attraktiver junger Mann mediterranen Typs, kaum dass ich eingetreten war.

      Er stand mit blasiertem Antlitz hinter einem auf drei Seiten

      geschlossenen Tisch, dessen Vorderfront mit dicken Leisten und Nägeln verstärkt war. Das sicherte die Münzen, von denen die gängigsten Werte auf dem Tisch lagen, aber der gesunde Menschenverstand ließ vermuten, dass sich das eigentliche Kapital an einem besser gesicherten Ort befand.

      »Sehe ich so aus? Im Gegenteil, ich erwäge, einen Teil meines Vermögens bei einer Bank zu deponieren«, fuhr ich den jungen Schnösel verärgert an.

      Was mochte Cicero wohl von mir denken? Jedes Mal wenn ich ihn bei meinen Ermittlungen mitnahm, stellte jemand meine Autorität infrage und ich musste lügen.

      »Ich darf leider nur Münzen überprüfen und wechseln. Das Aufbewahren von Geld regelt der Patron selbst«, gab der gutaussehende Angestellte etwas kleinlaut zu. »Äh … ich meinte selbstverständlich … die Patronin.«

      Der eben noch so eingebildete junge Mann wirkte auf einmal verlegen.

      »Dann trifft es sich gut, dass ich sowieso vorhatte, Julia Marcella heute Nachmittag einen Besuch abzustatten«, entgegnete ich und stolzierte mit der dünkelhaftesten Miene, die ich zustandebrachte, davon.

      ***

      Das am Stadtrand gelegene Haus des Probus Marcellus war riesengroß, aber wenig einladend: Nur winzige und obendrein hoch angebrachte Fenster gliederten die weiß getünchten Außenmauern, die einen ganzen Häuserblock einnahmen.

      Die zweiflüglige Holztür wies mehr Ziernägel und Bronzebeschläge auf, als nötig gewesen wären. Im Zentrum jedes Flügels befand sich ein bronzener Löwenkopf, der einen ringförmigen Türklopfer zwischen den Zähnen hielt. Ich zögerte einen Augenblick, bevor ich nach dem rechten Ring griff. Wenn ich gewusst hätte, wie vornehm das Haus des Verstorbenen war, hätte ich mir meine beste Tunika übergestreift. Kritisch begutachtete ich den groben, ungefärbten Stoff meines Gewandes. Wenigstens war es sauber.

      Zum Glück begleitete mich Cicero, was demonstrierte, dass auch ich kein Habenichts war. Also gab ich mir einen Ruck und pochte an die Tür. Die Schläge des Klopfers hallten noch im Inneren des Hauses wieder, als bereits ein bulliger Sklave die Türflügel aufriss. Sein kahler Schädel auf breiten, gebeugten Schultern ließ ihn wie einen abgehalfterten Ringer wirken, der sich als Rausschmeißer in einer Taverne verdingt hatte. Wahrscheinlich gehörte es zu seinen Aufgaben, unerwünschte Besucher an die frische Luft zu setzen und ausstehende Zahlungen einzutreiben.

      »Ich lasse der Herrin deine Ankunft ankündigen«, brummte der stämmige Türsteher, nachdem ich mich vorgestellt und mein Anliegen geäußert hatte. Er schien nicht besonders erbaut über meine Ankunft zu sein. Dabei konnte er sich glücklich preisen, dass sein Herr in der Fremde gestorben war. Meist verdächtigte man bei ungeklärten Todesfällen als Erstes die Sklaven.

      Der Türsteher winkte einen mageren Jungen herbei, der sogleich hinter der nächsten Tür verschwand. Einige Minuten später kam er schweratmend zurück.

      »Die Herrin erwartet dich«, erklärte er japsend.

      Während ich ihm über zahllose mosaizierte Fußböden und steinerne Türschwellen folgte, verstand ich, wieso der Junge bei seiner Rückkehr außer Atem gewesen war. Nachdem wir einen langen Flur durchschritten hatten, von dem zur Rechten mehrere Räume abzweigten, bogen wir um die Ecke und durchquerten das Atrium. Wir passierten das Triclinium mit dem farbig gefassten Marmorstandbild des Bacchus und einer protzigen Anrichte, auf der Silbergeschirr zur Schau gestellt war.

      Ich besaß genug Orientierungssinn, um zu durchschauen, dass der Junge uns auf einem verschlungenen Weg durch das Haus führte, um es geräumiger erscheinen zu lassen. Mit jedem Raum, den ich erblickte, nahm die Pracht der Ausstattung zu, während meine Stimmung sank. Hatte ich bisher geglaubt, das luxuriöseste Domizil weit und breit zu besitzen, wurde ich nun eines Besseren belehrt. Die eleganten Möbel waren aus Italien importiert,

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