Christina, Band 1: Zwillinge als Licht geboren. Bernadette von Dreien

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Christina, Band 1: Zwillinge als Licht geboren - Bernadette von Dreien Christina

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große Vorliebe von Christina waren und sind die Tiere. Als Kind rettete sie mit großer Freude und Ernsthaftigkeit allerlei Schnecken, Käfern und anderen Kleintieren das Leben. Wenn es regnete, kontrollierte sie oft die Straßen, um sicherzustellen, dass keine Schnecken überfahren wurden. Das macht sie übrigens noch heute. Auch Fliegen, Wespen oder Bienen, die versehentlich ins Trinkglas fallen, fischt sie stets von Hand aus dem Glas und lässt sie wieder fliegen. Ihre Erklärung, weshalb sie dabei nicht gestochen werde: «Vielleicht fühlen sich die Bienen von mir nicht bedroht.»

      Gegenüber keiner Art von Tieren hatte Christina je Berührungsängste – weder gegenüber Spinnen oder Schlangen, noch gegenüber großen Raubtieren. Deshalb mochte sie liebend gerne Zoos besuchen und einfach die dortigen Tiere betrachten. Überhaupt zeigte sie in keinem Lebensbereich je Angst. Nur bellende Hunde oder generell Lärm mochte sie nicht – nicht etwa, weil sie Angst vor Hunden hatte, sondern weil das Gebell akustisch für sie schwierig war.

      Im Alter von sieben Jahren bekam sie einen Hasen geschenkt, und mit neun eine weiße Alpaka-Stute, die mittlerweile bereits drei Jungtiere geworfen hat. Mario besitzt ebenfalls einen Hasen sowie einen Alpaka-Hengst. Christina war stets äußerst liebevoll mit den Tieren und schien sich mit allen unterhalten zu können. Erklären konnte ich mir diese wunderliche Kommunikation zwar nie, doch es fühlte sich stets völlig selbstverständlich und natürlich an.

      Oktober 2012: Die 11½-jährige Christina mit ihrer Alpaka-Stute Daisy.

      Christina konnte mit der Natur förmlich verschmelzen. Ein eindrückliches Beispiel dafür trug sich an einem milden Oktobertag zu, als sie neun Jahre alt war. Es waren Herbstferien, und die Kinder verbrachten den Tag mehrheitlich im Freien. Wir ließen die Hasen nochmals in ihr großes Gehege ins Freie. Als ich meinen Blick aus dem Haus nach draußen schweifen ließ, erblickte ich Christina, die alleine mit einem Buch inmitten des großen Geheges saß und den beiden Hasen eine Geschichte vorlas – ohne Worte versteht sich. Die beiden Alpakas, deren Revier an das Hasengehege grenzt, setzten sich ebenfalls an den Zaun und lauschten der stillen Erzählung. Die Situation erweckte den Eindruck, als ob alle Tiere aufmerksam der lautlosen Geschichte folgten. Und das taten sie wohl auch, denn schon damals verfügte Christina über die Fähigkeit, mit Tieren, Pflanzen und Steinen zu kommunizieren.

      Von der dritten bis zur sechsten Klasse spielte Christina einige Zeit lang Keyboard. Sie zeigte sich darin zwar nicht etwa besonders talentiert, aber sie genoss das Musizieren und besuchte die Stunden gerne. Auch ich begrüßte es aus therapeutischer Sicht, da das Mädchen sonst sehr wenig mit den Händen arbeitete und motorisch eher unbeholfen war.

      Fürs Fernsehen hingegen hegte sie kaum je Interesse. Wenn abends die gemeinsame Fernsehstunde für die Kinder anstand, nahm sie meist ein Buch zur Hand oder schrieb irgendetwas, ohne dass sie sich gestört fühlte durch uns oder durch den Fernseher.

      Christinas Lieblingsbeschäftigung blieb immer das Lesen. Sie war derart schnell darin, dass ich es oft kaum glauben konnte. Im Alter von zehn Jahren las sie pro Woche mindestens fünf dicke Bücher. 300 Seiten waren da im Nu gelesen, und sie wusste anschließend über den gesamten Inhalt sehr gut Bescheid, was mit dem Lese-Kontrollsystem «Antolin» auch nachgewiesen wurde. Zu jener Zeit ahnten wir noch nicht, dass dieses Mädchen über synästhetische Fähigkeiten verfügt, also völlig anders angelegte neuronale Hirnstrukturen aufweist und deswegen unter anderem auch sehr schnell zu lesen und Texte zu verstehen imstande ist.

      Ihr Lesedrang konzentrierte sich anfänglich vor allem auf Abenteuer- und Fantasiegeschichten, später dann zunehmend auch auf Fachbücher in den Bereichen Naturwissenschaften und Mystik. Mit etwa zehn Jahren entdeckte sie ihre große Begeisterung für Kosmologie und Astrologie, die sich allerdings bereits Jahre zuvor angekündigt hatte.

      Denn schon als kleines Mädchen von zwei, drei Jahren hatte sie sich öfters am Abend, wenn es dunkel geworden war, einen Stuhl an ein geschlossenes Fenster geholt und stumm in die dunkle Nacht hinausgeschaut. Manchmal saß sie auch vor der Balkontüre, meistens aber wechselte sie an verschiedene Orte, als ob es überall etwas anderes zu sehen gab. Ich hatte mich oft gewundert, was für sie daran so faszinierend war, denn die Sicht auf die Sterne war ja häufig von Wolken verdeckt. Es musste also einen anderen Grund geben, welchen ich wiederum erst Jahre später erfuhr. Jedenfalls waren sämtliche Fensterscheiben und die Balkontüre stets gezeichnet – oder treffender ausgedrückt: verschmiert – von ihren Händchen und ihrem kleinen Mund, insbesondere in ihrem Kinderzimmer. Doch ich ließ sie stets gewähren, denn aus irgendwelchen Gründen fand sie den Anblick der nächtlichen Dunkelheit offensichtlich deutlich spannender als das Fernsehen.

      2003: Die rund zweijährige Christina am Fenster, um fasziniert ins Dunkel zu schauen.

      Etwa ab dem Alter von zehn Jahren begann Christina, der Familie lange Ausführungen über naturwissenschaftliche Themen vorzutragen. Voller Inbrunst erzählte sie beispielsweise liebend gerne über den Kosmos, referierte über unbekannte Planeten im Universum, über deren Entstehung und Struktur und erläuterte zuweilen auch das dortige Klima und die jeweiligen Naturgesetze. Woher bloß hatte das Mädchen derart detailliertes Wissen über ferne Planeten und Galaxien, über Sternentore, Wurmlöcher und Multiversen? Sie konnte dies alles unmöglich nur aus Büchern oder aus dem Internet erfahren haben, und gewiss erfand sie es auch nicht fortlaufend.

      Problemlos vermochte sie eine ganze Stunde lang oder auch länger ohne Unterlass über solche Themen zu referieren und sie mit anderen Gebieten wie Physik oder Evolutionsgeschichte zu verknüpfen. Auch stellte sie Vergleiche mit der Entwicklung der Erde und der Menschheit an, über die sie ebenfalls umfangreich Bescheid zu wissen schien. Gewiss hatte sie all dies nicht einfach bloß irgendwo gelesen und dann auswendig gelernt, denn sie legte bereits damals Sachverhalte dar, die eindeutig außerhalb der aktuellen Kenntnisse der Wissenschaft lagen.

      Ihren begeisterten Schilderungen zuzuhören war jedes Mal ein Erlebnis, und man war gut beraten, sie dabei nicht zu unterbrechen. Sie erzählte derart lebendig, sicher und glaubwürdig, dass es keinen Raum für Zweifel gab. Ich hatte, wenn sie zum Beispiel über andere Welten sprach, nicht selten den Eindruck, als ob sie gerade eben dort gewesen war und mir nun ihre aktuellen Erlebnisse im Schnelldurchlauf schilderte. Während dieser Ausführungen, die für Christina anscheinend völlig normal waren, fielen häufig Anmerkungen wie etwa: «… aber das kannst du nicht sehen» oder «… das ist für die Menschen hier undenkbar» oder «… das kann man mit dem dreidimensionalen Verstand nicht nachvollziehen».

      Insgeheim wünschte ich, sie würde gelegentlich auch in der Schule auf diese Weise referieren. Ihr Lehrer würde sie wohl kaum wiedererkennen. Doch in der Schule zeigte sie sich stets äußerst zurückhaltend – so zurückhaltend, dass man sie oftmals kaum bemerkte. Nie meldete sie sich freiwillig, um Fragen zu beantworten, folgte jedoch sehr aufmerksam und konzentriert den Lektionen und begab sich in die Rolle der stillen Zuhörerin.

      Die naturwissenschaftlichen «Vorträge» und unsere heimischen Gespräche darüber häuften sich und weiteten sich im Laufe der Jahre immer mehr aus. Zu den Fachgebieten Astronomie, Erdgeschichte und Evolutionsgeschichte kamen neu beispielsweise auch Quantenphysik, Zoologie, Archäologie, Klimaforschung, Neuropsychologie und Religionswissenschaft hinzu. Auch zu wissenschaftlichen Erfindungen und zentralen historischen Ereignissen auf unserem Planeten ließ sie gelegentlich subtil kritische Bemerkungen fallen. Und immer wieder verblüffend waren ihre Analysen zum aktuellen Weltgeschehen.

      Bei all diesen Themen durfte ich jederzeit auch kritische Fragen stellen. Darauf freute sie sich besonders, und sie wusste immer eine kluge Antwort zu geben. Oft forderte sie mich direkt dazu auf, etwas zu fragen,

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