Christina, Band 1: Zwillinge als Licht geboren. Bernadette von Dreien

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Christina, Band 1: Zwillinge als Licht geboren - Bernadette von Dreien Christina

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oder ausgegrenzt. Ihre auffallendste Eigenschaft aber war wohl, dass sie immer authentisch, immer sie selbst war, und dass sie niemals irgendwelche Intrigen, Ungerechtigkeiten oder Lügen unterstützte. Zu Hause erzählte sie häufig von der Schule, und ihre Wahrnehmungen der Eigenheiten und Tätigkeiten der anderen Schüler wie auch der Lehrer war stets sehr beeindruckend, aber nie urteilend. So konnte sie zum Beispiel fragen: «Mama, warum merkt der Lehrer nicht, wie er von einigen Schülern angelogen wird?»

      Oft beschrieb sie auch detailliert bestimmte Emotionen von Personen, was mich immer wieder verwunderte. Wie konnte ein derart kleines Mädchen bei anderen Menschen so vieles spüren und wahrnehmen?

      Christina spielte zwar gerne mit anderen Kindern, oft aber auch stundenlang alleine. Sie liebte es, an unserem Brunnen mit Wasser zu experimentieren, ebenso auch mit Steinen und vor allem mit Tieren und Pflanzen. Auch dies war für mich lange Zeit rätselhaft, doch da es völlig natürlich wirkte, machte ich mir keine Sorgen deswegen. Christina zeigte sich als sehr naturverbundenes, fröhliches Mädchen, das viel lachte und stets eine tiefe Zufriedenheit ausstrahlte, auf Außenstehende jedoch meist einen sonderbar ruhigen Eindruck machte. Vor Fremden sprach sie oft gar nicht.

      An ihrem 10. Geburtstag verkündete Christina zum Erstaunen der versammelten Familie – einschließlich Großeltern, Paten, Freunden sowie einiger Nachbarskinder – mitten beim Kuchenessen: «Mama, jetzt bin ich schon zehn Jahre auf dieser Welt, und es ist noch sooo nichts gelaufen!» Es schien, als sei ihr plötzlich bewusst geworden, dass sie ja hierher auf Erden gekommen war, um eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, und dass sie damit noch immer nicht begonnen habe.

      Nach dieser Aussage war ich kurz sprachlos. Wieder eine ihrer zahlreichen rätselhaften Bemerkungen, die ich nicht zu deuten wusste. Denn aus meiner Sicht war in den zurückliegenden zehn Jahren sehr wohl sehr viel gelaufen, und vieles davon war alles andere als einfach gewesen. Doch anscheinend maß Christina ihrer umfangreichen Krankengeschichte nicht allzu viel Gewicht bei. Sie schien sich vielmehr in ihrem Leben zu langweilen und suchte endlich eine angemessene Herausforderung. Damals verstanden wir die Bedeutung dieser wunderlichen Aussage noch nicht; sie sollte sich uns erst einige Jahre später offenbaren.

      Mario und Christina waren von Anfang an ein innig miteinander verbundenes Geschwisterpaar, und dies ist auch heute noch so. Schon früh zeigte sich, dass Mario eher ein begabter Techniker und seine Schwester eher eine Denkerin ist. Mit den Händen zu arbeiten, war nie Christinas Ding, und so beanspruchte sie sehr häufig seine Hilfe, ohne sich jedoch benachteiligt zu fühlen. Ich staunte oft, dass sie darüber nicht frustriert war, doch sie fand Marios praktische Talente einfach nur toll. Auf diese Weise ergänzten sich die beiden in vielerlei Hinsicht, oft auch auf amüsante Art und Weise. Geschwisterneid oder Streitereien, gegenseitiges Herumkommandieren oder gar Schadenzufügen war diesen Kindern völlig unbekannt. Im Gegenteil, sie waren ausgesprochen fürsorglich zueinander. Dies fiel mir erst dann wirklich auf, wenn ich andere Kinder beobachtete, die teilweise ganz anders miteinander umgingen. So war ich auf eine stille und demütige Art und Weise einfach dankbar für die schöne Fügung, solche Kinder haben zu dürfen.

      Sonderbar war eines Tages eine Frage von Mario, als er ungefähr sechs Jahre alt war. Ich war mit ihm im Auto unterwegs, und er saß auf dem Rücksitz. Ganz nebenbei stellte er mit seiner kindlichen Stimme die Frage: «Mama, was ist eine Heilige?». Obwohl er katholisch erzogen wurde, wusste der Erstklässler von Religion noch nicht allzu viel, daher kam diese Frage ziemlich überraschend. Weshalb wollte er aus heiterem Himmel wissen, was eine Heilige ist?

      Ich antwortete: «Kurz gesagt, waren Heilige meist aufopfernde Menschen, die sich für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt einsetzten. Manche von ihnen konnten auch heilen und Wunder vollbringen.» Ich nannte ihm ein paar Beispiele, wie etwa die heilige Bernadette Soubirous aus Lourdes, deren Körper nach ihrem Tode nicht verweste und noch heute erstaunlich lebendig aussieht.

      Marios Antwort auf diese knappe Erklärung ließ mich verstummen: «Aha, dann ist Christina also eine Heilige.» Seine klare Feststellung, an der er keinerlei Zweifel zu hegen schien, ließ ich einfach mal so stehen, ohne zu fragen, warum er denn meine, dass seine Schwester eine Heilige sei.

      Es ist durchaus nicht üblich, dass Kinder ihre eigenen Geschwister für Heilige halten, schon gar nicht, wenn sie selbst überhaupt nicht exakt wissen, was Heilige eigentlich sind. Irgendetwas hatte Mario an seiner Schwester bemerkt. Aber was? Allein ihr friedfertiges Wesen konnte kaum der Grund für eine solche Aussage gewesen sein. Auch dieser wunderliche Moment sollte erst einige Jahre später aufgeklärt werden.

      Weitere Auffälligkeiten während Christinas Schulzeit zeigten sich etwa im Mathematikunterricht, der für sie stets eine spezielle Herausforderung darstellte. Ihre Leistungen in Mathematik standen in keinem Verhältnis zu jenen in den Sprachen oder den Naturwissenschaften. Schon als Kleinkind bei den Entwicklungskontrollen in der Klinik war ihr Verständnis der Zahlenreihen weit unter der Norm gewesen, und auch später in der Schule blieb das Rechnen immer ihre große Hürde. Die Mathe-Hausaufgaben erledigte sie stets mit mir zusammen und besuchte zusätzlich auch Nachhilfe.

      In der 5. Klasse erhielt sie die Aufgabe, einen Würfel zu beschreiben. Die einfache Fragestellung lautete: Wie viele Seiten hat ein Würfel? Christina antwortete mir umgehend mit einem sicheren Lächeln im Gesicht: «Sechzig!»

      Nach dieser Antwort riss bei mir allmählich der Geduldsfaden. «Ein Würfel kann doch nicht sechzig Seiten haben!», erwiderte ich etwas ungehalten, holte einen kleinen Würfel aus der Spielschublade und legte ihn vor sie hin.

      Daraufhin kam die korrekte Antwort: «Er hat sechs Seiten.»

      Was ich damals nicht wissen konnte, ist, dass Christina bereits zu diesem Zeitpunkt multidimensional zu sehen vermochte und manchmal schlichtweg vergaß, Fragen gemäß unserer dreidimensionalen Sicht zu beantworten. Auch diese Begebenheit klärte sich erst Jahre später auf, als Christina mir darlegte, dass sie damals imstande war, zehndimensional zu sehen. Auf meine Frage, wie denn ein solch zehndimensionaler Würfel mit sechzig Seiten aussehe, meinte sie nur lachend: «Nun ja, das Ding hat definitiv keine Ähnlichkeit mit einem Würfel unserer Dimension.»

      Christinas Hauptbeschäftigung während ihrer Schulzeit war und ist noch immer das Lesen. Mit dem ganzen üblichen Mädchenkram – einschließlich Schminke, Schmuck, Uhren, Handys, Social Media, Fernsehen usw. – konnte sie seit jeher nicht viel anfangen. Lieber spielte sie in freier Natur mit den Tieren oder den Nachbarskindern.

      Zu Weihnachten oder zum Geburtstag meldete sie nie Wünsche an. Wenn man sie nach ihren Geschenkwünschen fragte, kam meist eine Antwort wie: «Ich brauche nichts. Ich habe alles, was ich brauche.» Dies war für die Anverwandten nicht wirklich hilfreich und sorgte nicht selten für Bemerkungen wie etwa: Diese Bescheidenheit ist doch nicht normal!

      Oft bekam sie dann Bücher geschenkt, denn nichts konnte Christina so sehr begeistern wie Bücher. Anfangs interessierten sie hauptsächlich Bücher mit schönen Illustrationen über die Natur. Vor allem Weltnaturerbe-Stätten sprachen sie an, aber auch die Sterne und das Weltall. Als Unterstufenschülerin sammelte sie zudem niedliche kleine Engelchen, die noch heute ihre Wände und Regale zieren. Auch Steine faszinieren sie seit jeher sehr.

      Bereits als Kleinkind liebte Christina Engel und wusste um deren Bedeutung. Mehr als dreißig Engelfiguren stehen noch heute in ihrem Zimmer. (Bild aus dem November 2004)

      Das zwanghafte Schenken an Weihnachten aber blieb stets verwunderlich für das Mädchen. Einige Jahre später bemerkte sie zum «Fest der Liebe» einmal: «Ich verstehe nicht, warum sich die Menschen nur gerade an diesen Tagen Geschenke machen

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