Christina, Band 1: Zwillinge als Licht geboren. Bernadette von Dreien
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Und doch gab es auch mit dieser sorgsamen Auswahl an Nahrungsmitteln in den folgenden Jahren immer wieder Schwierigkeiten. Christina litt wohl nicht mehr an Neurodermitis, doch da normalerweise die Verdauung des Menschen im Mund beginnt – mit dem ganzen Speichelfluss und dessen Enzymen –, fehlte dieser Teil bei Christinas Nahrungsaufnahme über die Magensonde. Dies wiederum hatte eine sehr schlechte Verdauung zur Folge, was oft mit Krämpfen, Verstopfung und Erbrechen einherging. Aber im Großen und Ganzen konnte sie mit der natürlichen Ernährung gut gedeihen – ganz zum Erstaunen der begleitenden Ernährungsberater, für die eine solche Ernährungsweise neu und unkonventionell war.
Bei all diesen mannigfachen körperlichen Problemen sah man das Kind allerdings niemals weinerlich, quengelnd oder gar trotzend. Und allein dies grenzte ebenfalls an ein Wunder.
5
Christinas Kindheit
Christinas zweites Lebensjahr war geprägt von vielen kleinen gesundheitlichen Rückschlägen und zum Teil heftigen Darmproblemen. Auffallend war, dass es ihr im Winter deutlich schlechter ging als im Sommer – ebenfalls ein Phänomen, das sich erst nach Jahren aufklären sollte. In der kalten Jahreszeit häuften sich jeweils auch später noch die Infekte und andere Herausforderungen massiv.
Zu den jahrelangen Dauertherapien in Christinas Kindheit gesellten sich außerdem regelmäßige medizinische Entwicklungskontrollen. Motorisch lag das Mädchen gegenüber dem üblichen Entwicklungsstand zunächst weit zurück, doch mit 18 Monaten konnte sie endlich vollständig gehen und plauderte wie ein normales Kind. Essen und Trinken aber konnte sie trotz täglicher Bemühungen noch immer nicht selbständig. Sie wurde weiterhin rund um die Uhr mit enorm kleinen Mengen per Sonde versorgt.
Die Situation war für uns insgesamt sehr belastend und ungewiss, also nicht wirklich so, dass man gleich eine zweite Schwangerschaft herbeisehnen würde. Dennoch wollte ich mir nicht vorstellen, dass Christina als Einzelkind aufwachsen würde. Ich verfügte zwar nicht über die Erfahrung einer «normalen» Schwangerschaft, aber ich erhoffte mir eine solche. So wurde ich in dieser Zeit wieder schwanger und erlebte zu meiner großen Freude eine sehr schöne, weitestgehend unkomplizierte zweite Schwangerschaft. Im Hitzesommer 2003 legte ich satte 19kg zu, dennoch fühlte ich mich rundum wohl und joggte sogar noch bis in den sechsten Monat. Es war ein völliger Kontrast zur vorherigen Schwangerschaft, und ich war dankbar für beide Erfahrungen.
Am 28. November 2003 kam unser Sohn Mario zur Welt, rund zweieinhalb Jahre nach den Zwillingen. Damit war unsere kleine Familie komplett.
Allerdings folgte nun wieder eine sehr anstrengende erste Zeit. Ich hatte nachts nicht nur alle zwei Stunden Christina zu sondieren, sondern zusätzlich auch noch Mario zu stillen. So waren wir Eltern jede Nacht am Rotieren. Mario war glücklicherweise ein ungemein zufriedenes Baby und schlief schon bald durch. Christina war meist lange wach, weinte jedoch selten, war stets zufrieden und schien im Rahmen der Umstände insgesamt topfit zu sein. Es war mir ein Rätsel, woher dieses Kind seine Lebensenergie nahm, denn es stand jeden Morgen strahlend am Gitter seines Bettchens, als ob nichts gewesen wäre.
Jede Mutter weiß, wie unleidlich Kleinkinder sein können, wenn sie hungrig sind, nicht genügend geschlafen haben oder gar krank sind. Man kann sich vorstellen, wie schwierig es erst ist, wenn ein Kind unter konstantem Hungergefühl leidet und fast im Dauerzustand mit gesundheitlichen Rückschlägen zu kämpfen hat. Oft konnte Christina vor lauter Hunger nicht länger als zwei Stunden am Stück schlafen, oder sie litt an plötzlichen Bauchkrämpfen. Ihre herzzerreißenden Schmerzensschreie, die von diesen Bauchkrämpfen ausgelöst wurden und die jahrelang jede Nacht zu vernehmen waren, gingen durch Mark und Bein. Erstaunlich und aus medizinischer Sicht nicht zu erklären war allerdings die Tatsache, dass sie während des Tages niemals klagte oder unleidlich war.
Tagsüber war das Mädchen immer sehr zufrieden und brauchte auch keinen zusätzlichen Schlaf. Sie zeigte weder Ungeduld noch Klagen, weder Jammern noch Quengeln oder irgendeine andere negative Energie. Sie war trotz ihrer höchst herausfordernden Situation meist ruhig und friedvoll, wenngleich ihr die körperlichen Strapazen ins Gesicht geschrieben standen – zeitweise mehr, zeitweise weniger. Ich ahnte damals nicht, dass sie konstant mit sehr lichtvollen höheren Sphären in Verbindung stand. Ihre tiefe innere Zufriedenheit und ihr strahlendes Lachen spendeten mir tagtäglich eine unsagbare Energie. Ja, sie verzauberte die Menschen geradezu. So gelang es auch mir, nicht zu klagen oder gar zu verzweifeln. Mir war durchaus bewusst, das alles noch viel schlimmer hätte sein können. In Zahlen ausgedrückt, hatte Christina lediglich eine Chance von etwa 12%, die Strapazen ihrer extremen Frühgeburt ohne spätere Folgeschäden zu überstehen. Außerdem bekam ich während der Jahre im Kinderspital derart viele wirklich kranke Kinder zu Gesicht, dass ich Christinas Leben ganz einfach als ein großes Geschenk ansah, wenngleich es wohl eher einem Wunder gleichkam.
Wie erstaunlich sich ein Leben durch seinen eigenen Willen und durch die schöpferische Energie durchsetzen kann, beschrieb Christina Jahre später mit den folgenden Worten: «Biologische Berechnungen können so perfekt sein, dass sie sich gegen die mathematischen Berechnungen stellen. Wenn dein Wille auf den Willen des Lebens ausgerichtet ist, dann erwacht eine Kraft in dir, die so unaufhaltsam und so unanfechtbar ist, dass sich die Kräfte des Universums in Ehrerbietung verneigen. Selbst die widrigsten unter ihnen haben nichts entgegenzusetzen angesichts der klaren Absichten, die das Leben hat. Denn ein Leben kann jedes Multiversum bis auf seinen Kern erschüttern. Jeder Mensch, jedes Wesen hat einen Instinkt für sein Überleben. Schau dir eine Blume an: Ihr Leben ist reine Spontaneität. Wenn ein Leben nur dann entscheiden würde, dass es leben möchte, wenn die Umstände um das Leben herum gut sind, dann wäre das lächerlich. Das wäre etwa so, als würde man nur dann etwas tun, wenn es einem jemand befiehlt, oder als würde man jemanden nur dann lieben, wenn diese Person es von einem verlangt. Ob ein Leben gedeiht, hängt nicht vom äußeren Umstand ab. Leben entsteht genauso auch dort, wo keine guten Lebensumstände sind. Die Natur unterliegt keiner militärischen Befehlskette.»
Während Christinas Weg weiterhin schwierig war, entwickelte Mario sich erfreulicherweise sehr schnell. Er begann mit elf Monaten, auf seinen eigenen zwei Beinchen die Welt zu erkunden, und war insgesamt ein wahrer Wonneproppen. Christina aber hatte nach wie vor mit vielen Herausforderungen zu kämpfen: Magengeschwüre, Darmverschluss, Abszesse in der Speiseröhre aufgrund der Refluxkrankheit, welche mitsamt den Mandeln herausoperiert wurden. Solche Erkrankungen warfen sie in ihrer ohnehin verzögerten Entwicklung immer wieder um Monate zurück.
Anlässlich eines der vielen Aufenthalte in der Kinderklinik begab sich ein unerklärliches Ereignis. Ich verbrachte eine ganze Woche mit Christina in der Klinik und versorgte sie Tag und Nacht. Da sich das Sondieren derart schwierig gestaltete, konnte und wollte ich dies dem Personal nicht zumuten. Eines Abends war ich todmüde und wusste, dass ich nun einfach irgendwo ein paar Stunden Schlaf am Stück benötigte. So instruierte ich die junge Nachtschwester darüber, um welche Uhrzeit, was und wie viel sie zu sondieren hätte. Mehrfach erklärte ich ihr deutlich, dass sie keinen Sondentropf anhängen dürfe, da Christina die übliche Sondennahrung nicht vertrage und große Mengen schon gar nicht. Danach legte ich mich gegen Mitternacht erschöpft in einem ruhigen Nebenraum schlafen.
Dann geschah das Ungewöhnliche: Es war gegen 04:00 Uhr morgens, und es fühlte sich deutlich so an, als ob mich jemand berührt hätte, doch ich sah niemanden im Zimmer. Naheliegend wäre jetzt gewesen, mich einfach umzudrehen und weiterzuschlafen, aber in mir machte sich das klare Gefühl breit, dass Christina in Gefahr war – ein Empfinden, das ich in dieser Art zuvor noch nie erlebt hatte. Fast panikartig verließ ich den Raum und eilte umgehend in Christinas Zimmer. Was ich nun erlebte, bestätigte mir einmal mehr, dass ich mich auf meinen Instinkt, auf meine innere Führung verlassen kann.
Die Nachtschwester hatte, entgegen meinen expliziten Anweisungen, einen ganzen Liter Flüssignahrung angehängt! Dies entsprach in etwa der Menge,