Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman. Viola Maybach
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Und ja, so gerade und aufrecht wie Verena wollte er von nun an auch sein. Entschlossen wuschelte Graf Markus mit den Fingern durch seine eben erst sorgfältig gekämmten Haare. Er war Handwerker, nicht Bürohengst, und er würde sich auch für einen Scheich aus Fudschaira nicht verstellen!
Die Kellnerin kam vorbei, sie lächelte verheißungsvoll. Nun wäre es der Moment gewesen – vor ein paar Wochen wäre er sicher so gewesen –, und Markus hätte sie gefragt, wann sie heute Abend Dienstschluss hätte. Heute aber lächelte er nur freundlich und legte ein großzügiges Trinkgeld auf den Tisch. Dann stand er auf. Vor seinem großen Gespräch wollte er sich noch ein wenig die Beine vertreten.
Es waren schon viele Touristen in der Mailänder Innenstadt unterwegs. Mit seinen dunklen Haaren sah Markus aber nicht aus wie einer von ihnen, sondern wie ein einheimischer Geschäftsmann, nach dem sich die Frauen umschauten. Flirtstimmung lag in der Luft. Wie gern hatte er sich früher an diesem Reigen beteiligt! Liebe, das war für ihn ein Spiel gewesen, im Gegensatz zur Ehe, die er als Vereinbarung betrachtet hatte. So hatte er sich seine Zukunft vorgestellt: Ein nettes Mädchen heiraten – und er hatte dabei durchaus an Sonja Rütter gedacht –, und dann einfach ein behagliches Leben führen. Ein, zwei Kinder, ein Hund, ein Haus im Grünen. Keine großen Erwartungen.
Immer wieder wanderte Graf Markus’ Hand zu der kleinen Schatulle in seiner rechten Sakkotasche. Die linke Hand aber hielt das Handy umklammert und tippte immer wieder dieselbe Kurzwahl. Schließlich blieb Markus in einer kleinen, angenehm beschatteten Passage stehen und wählte kurzentschlossen eine andere Nummer.
»Hallo, Bruderherz! Was macht Mailand?«
»Gabriela! Hast du mit Verena gesprochen? Ich kann sie nämlich noch immer nicht erreichen.«
Seine Schwester am anderen Ende der Leitung schien zu zögern. Als sie zu sprechen begann, klang ihre Stimme heiser und fremd.
»Ja, ich habe mich mit Verena unterhalten.«
»Und? Was hat sie gesagt? Lass dir doch bitte nicht alles aus der Nase ziehen. Merkst du nicht, wie wichtig das für mich ist?« Markus war ungeduldig.
»Das weiß ich doch, Markus. Ich weiß nur nicht, wie ich es dir sagen soll.« Komtess Gabrielas Stimme klang ungewöhnlich leise. So kannte er seine Schwester doch gar nicht!
»Gabriela, ich bin kein kleines Kind! Sag mir bitte was los ist!«
»Sie liebt dich nicht, Markus. Es tut mir so leid. Es war wohl nur ein netter Flirt für sie, und als ich ihr gesagt habe, dass du Juniorchef bist und Graf, wurde sie ganz schön sauer. Warum hast du ihr das denn nicht gleich gesagt? Sie hat dich einen gemeinen Lügner genannt, einen reichen Schnösel.«
»Es hat sich einfach nicht ergeben. Und ich hatte auch Angst, sie zu vergraulen. Sie hat in Deutschland schlechte Erfahrungen mit einem reichen Kerl gemacht und war so glücklich, als ich sagte, ich sei bloß Tischler.«
»Meine Güte, Markus! Du bist aber kein Tischler. Du bist Graf Markus von Bäumler und wirst demnächst der Eigentümer eines der traditionsreichsten Österreichischen Vorzeigeunternehmen sein. Du darfst nicht immer so tiefstapeln. Vor allen nicht, um irgend so ein Mädel zu beeindrucken, das dankbar sein sollte, dass du sie überhaupt wahrnimmst!«
»Nein, Gabriela, das darfst du nicht sagen. Ich bin es, der dankbar sein muss, wenn Verena mich haben will. Sie ist so wunderbar!«
Gabriela unterbrach ihn mit einem schrillen Lachen. »Na sieh mal an! Dich hat’s ja ganz schön erwischt! Aber lass dir keine grauen Haare wachsen, Bruderherz, das geht vorbei. Eine Frau, die sich für einen Grafen zu gut ist – und dich wegen deines Bankkontos, deines Berufs oder deines Namens zurückwies –, die ist deiner nicht wert. Steigere dich bloß nicht hinein. Du kennst sie ja gar nicht. – Sonja lässt dich übrigens grüßen. Sie vermisst dich.«
Ein langes Schweigen folgte dieser Nachricht. Dann riss sich Markus zusammen und flüsterte ins Telefon: »Aber – das kann doch nicht sein! Nur wegen meiner Herkunft? Wegen meines Titels?«
»Tja, so sind die Leute. Uns aber sagt man nach, arrogant zu sein«, sagte Gabriela verärgert. »Du solltest das Mädel schleunigst vergessen.«
»Das kann nicht sein«, flüsterte Markus. Dann legte er auf.
Erst jetzt bemerkte er, dass er die Schatulle in seiner Hand umklammert hielt. Das Scharnier drückte scharf in seine Daumenkuppe. Am liebsten hätte er den Ring dem nächsten Menschen der ihm begegnete, in die Hand gedrückt und Gabrielas Rat befolgt. Alles vergessen …
Aber nein, er würde den Ring behalten! Er würde es schaffen. So einfach gab er nicht auf. Zuerst wollte er den Vater überzeugen, dann die Geliebte. Und als Erstes stand der Abgesandte von Scheich Hamad auf seiner Liste.
Gerade noch geknickt und gebrochen, fühlte sich Graf Markus plötzlich stark wie nie zuvor. Erst jetzt wurde ihm klar, dass in ihm ein Kämpfer steckte.
*
Das Taxi bewegte sich wie eine Schnecke. Da hätte er ja gleich zu Fuß gehen können, dachte Theo Swoboda verärgert. Überhaupt – wie kam er dazu, dem Mädel nachzurennen? Da waren diese jungen Leute alle verkabelt und mehrfach mit Telefonen ausgestattet, und dann konnte man sie nicht erreichen. Wenn ihm die Bilder dieser Kleinen bloß nicht zu gut gefallen hätten! Da sie nicht an ihr Telefon ging, hatte er sich kurzentschlossen in ein Taxi gesetzt und fuhr zu der angegebenen Adresse. Ausgerechnet in Sievering wohnte die Kleine! Warum nicht gleich am Kahlenberg oben? Jetzt hatte er extra die Galerie zugesperrt, wahrscheinlich würde genau heute jemand eines seiner großen Bilder kaufen wollen. Das hatte er nun davon, weil er immer noch an die Kunst glaubte! Nein, er war wirklich kein guter Geschäftsmann. Zornig schlug sich Theo Swoboda aufs Knie. Und traf genau die Stelle, die er sich letzten Winter beim Eislaufen verletzt hatte. Als er kurz aufheulte, drehte sich der Taxifahrer neugierig zu ihm um.
»Alles in Ordnung, der Herr?«
»Ja, ja. Geht schon. Fahren Sie nur weiter. Ich will heute noch ankommen«, grummelte der Alte. Aber sie waren ja schon da. Da er ein schlechtes Gewissen hatte, weil er gar so unfreundlich gewesen war, zeigte sich Theo Swoboda beim Zahlen besonders großzügig. So ging es ihm immer. Zuerst grantelte er, dann machte er es wieder gut.
Mühsam kletterte er aus dem Taxi und suchte die angegebene Hausnummer. Es war ein verwilderter Garten, eine dunkelrote Backsteinvilla, die von Efeu überwachsen war. Schön ist es hier, dachte der Alte. Dann fiel sein Blick auf das Türschild.
Benedikt, stand in geschwungenen Lettern da.
»Benedikt …«, murmelte Theo Swoboda. »Das wäre doch zu schön, wenn …«
Er erinnerte sich, als ob es gestern gewesen wäre. Wie ein verliebter Teenager hatte er im Theater gesessen, immer in derselben Loge, immer mit einer roten Rose, die er dann vor der Garderobe abgab. Er hatte Lilo Benedikt sein ganzes Leben lang bewundert und ihre traurige Privatgeschichte in der Klatschpresse verfolgt. Eines war ihm immer klar gewesen: Er hätte die Frau glücklich gemacht. Nicht so wie dieser Weitenberger, dieser Industrielle, der sie immer nur betrogen hatte. Er hätte sie auf Händen getragen. Das Pech war nur, dass er sie nie persönlich kennen gelernt hatte.
Und nun? Aber in Wien war Benedikt kein so seltener Name. Nein, er wollte sich nicht in Tagträumen verlieren. Dazu war er nun bei weitem zu alt. Er war hier, um ein Geschäft zu machen. Er suchte