Zukunft gestalten: JETZT. Jakob von Uexküll

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zukunft gestalten: JETZT - Jakob von Uexküll страница 4

Zukunft gestalten: JETZT - Jakob von Uexküll

Скачать книгу

Vereinten Nationen (UNEP), Mitglied vom World Future Council, schreibt in seinem Buch Corporation 2020, dass es auf dem Energie-Sektor auf Grund der enormen Subventionen für fossile Brennstoffe gar keinen funktionierenden Markt gebe.

      Die Externalisierung, also die Abwälzung von Produktionskosten auf die Um- und Nachwelt, ist unlauterer Markt-Wettbewerb und Betrug durch Vorspiegelung falscher Tatsachen und sollte verboten werden. Eine sofortige Beendigung dieser Marktverzerrung, würde aber die meisten Produzenten ruinieren. Daher muss der Realwirtschaft finanziell geholfen werden, ihre Produktion nach dem Kreislaufmodell umzustellen. Dies kostet natürlich kurzfristig etwas, spart aber langfristig sehr viel – denn die tägliche Nicht-Nutzung potentieller erneuerbarer Energien verschwendet enormes Naturkapital. Stattdessen verbrennen wir wertvolle fossile Rohstoffe, die dadurch für die petrochemische Industrie in Zukunft verloren sind.

      Eine weitere Finanzierungsquelle sind die Billionen jährlicher Rüstungsausgaben, die – ginge es nach rationalen Kriterien – schon längst für die Bekämpfung der größten Bedrohung unserer Sicherheit, den Klimawandel, umgewidmet worden wären.

      Und dann haben wir noch das absurde Finanzsystem, das unsere Regierungen zwingt, Geld für wichtige Zukunftsaufgaben gegen Zins von privaten Banken zu leihen, statt es zinslos von der Zentralbank zur Verfügung gestellt zu bekommen. Dies, behaupten Ökonomen, würde zu einer Hyperinflation wie in der Weimarer Republik in den 1920ern oder kürzlich in Zimbabwe führen. Auch das ist ideologischer Unsinn; denn damals brach die Produktion zusammen. Neues Geld gegen neue Leistung, d. h. die Produktion von neuen Waren und Dienstleistungen mit ungenutzten Produktionsmitteln, ist aber nicht inflationär.

      Unsere Politiker und Ökonomen gehen davon aus, dass Wachstum wiederkommt, egal was wächst. Sie haben nicht verstanden, dass wir schon längst unwirtschaftliches Wachstum haben, das seine eigenen Voraussetzungen verzehrt.

      Es geht jetzt um die Wiedereroberung unseres Selbst als mündige Bürger, es geht um das Erwachen aus dem kindischen Traum von einer globalen Konsumkultur, der permanenten Unreife, Unzufriedenheit und Unverantwortlichkeit.

      Die alten Israeliten hatten das Wort hochma für die Wissenschaft des Herzens, für die Fähigkeit zu fühlen und zu handeln, als ob die Zukunft von jedem von uns abhängen würde. Im alten Athen wurde der politisch engagierte Bürger ein „Polites“ genannt. Wer nicht am öffentlich-politischen Leben teilnahm, wurde als ein „Idiotes“ bezeichnet.

      Ohne uns kollektiv politisch zu engagieren, ob lokal, regional, national oder international, wird es nicht gehen.

      Wie schnell unsere Zivilisation zusammenbrechen kann, zeigte sich in New Orleans nach dem Hurrikan Katrina, als die abgeworfenen Trinkwasservorräte von kräftigen Männern ausgetrunken wurden, während Kinder, Frauen und alte Menschen leer ausgingen.

      Unsere Kinder erwarten, dass wir jetzt aktiv werden. Eine Journalistin bei der konservativen Londoner Sunday Times schrieb, als der neue UN-Klimabericht erschien, habe kein Erwachsener sie darauf angesprochen, wohl aber ihr 9-jähriger Sohn.

      Die Grundfrage ist heute nicht, wie viel Menschlichkeit, wie viel Umwelt und Kultur wir uns ökonomisch leisten können, sondern welches ökonomische System wir uns menschlich, ökologisch und kulturell leisten können. Die Wachstumsraten, auf denen unser derzeitiger Lebensstandard beruht, sind auf einem enormen Schuldenberg gebaut, der zu Lasten unserer Umwelt und zukünftiger Generationen geht. Wir haben seit Jahrzehnten viel mehr Forderungen gegenüber zukünftigem Wohlstand aufgebaut, als wir tatsächlich Wohlstand geschaffen haben. Hier wird es auch bei uns einen großen Schuldenschnitt geben müssen.

      Finanz-Experten schätzen, dass 80 % der Werte von Investment-Fonds auf der Erwartung zukünftiger Kapitalflüsse basiert. Eine Klimakatastrophe wird diese Werte schnell vernichten.

       Was können wir tun? Einige Anregungen:

      1.Glauben Sie nicht, dass Sie die Welt nicht verändern können: Die Welt verändert sich täglich und Sie wissen nur noch nicht, welche Rolle Sie dabei spielen können. Informieren Sie sich daher über Lösungen, z. B. auf den Webseiten vom World Future Council und Right Livelihood Award (Alternativer Nobelpreis). Setzen Sie sich privat und öffentlich für ihre Umsetzung und Verbreitung ein, z. B. für eine Vertretung der Rechte zukünftiger Generationen auf allen Ebenen, und dafür, dass Schüler, Studenten und besonders Absolventen von Business-Schulen, Ökonomen und Kandidaten für politische Ämter „eco-literacy“, d. h. eine ökologische Bildung vorweisen müssen.

      2.Lernen Sie, wie Geld geschaffen wird: Im Mittelalter wurden Machtdiskussionen mit der Kirche nur auf Latein geführt. Heute müssen wir Finanz-Latein lernen, denn in einer Welt, die von Geld regiert wird, machen wir uns machtlos, wenn wir auf diesem Gebiet nicht mitreden können.

      3.Wagen Sie auch Konflikte: Jesus hat mit den Geldwechslern im Tempel bekanntlich nicht verhandelt, er hat sie hinausgeworfen.

      4.Lassen Sie sich nicht abschrecken, wenn Sie die neuen Medien nicht beherrschen: Ich hielt in Berlin eine Rede vor Jugendlichen aus 36 Ländern und bekam anschließend ein sehr positives Echo. Eine ältere Teilnehmerin sagte daraufhin erstaunt: „Aber Sie waren doch der Einzige, der kein PowerPoint benutzt hat!“

      5.Bereiten Sie sich auf die bevorstehende moralische Weltrevolution vor, vergleichbar mit der Abschaffung der Sklaverei, auf der unsere damalige Wirtschaft basierte. Die kommende nachhaltige Weltordnung wird sehr vielfältig sein, denn es gibt keine Grenzen menschlichen Lernens, wie der Club of Rome schon vor 40 Jahren schrieb.

      Vor noch gar nicht langer Zeit musste man in Deutschland Leben riskieren, um Krieg und Barbarei zu überwinden und die Zukunft seiner Kinder zu sichern. Heute werden uns keine solchen Opfer abverlangt! Die Risiken für unsere gemeinsame Zukunft sind jetzt anderer Art. Aber sie verlangen ein Umdenken, neue Bündnisse und Partnerschaften. Der World Future Council ist ein solches Bündnis von Vertretern der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft, der Politik, der Wissenschaften und der Kunst.

      •Die drohenden unumkehrbaren „tipping-points“, die jetzt alle unsere Errungenschaften und Pläne gefährden, verlangen engagiertes Handeln, wenn wir nicht wollen, dass unsere Kinder und Enkel uns als egoistische Verbrecher bzw. Ignoranten sehen werden, die die Risiken nicht begriffen hatten. Denn geschmolzene Gletscher kann man nicht mehr reparieren und für Trinkwasser gibt es keinen Ersatz.

      •Die Ewiggestrigen, die ihre Privilegien auch auf Kosten unserer Kinder bewahren wollen, haben mit ihren Spenden u. a. dafür gesorgt, dass im mächtigen US-Senat jetzt der Umwelt-Ausschuss einen Vorsitzenden hat, der Klimawissenschaftler mit Bibelzitaten zu widerlegen versucht, und einen Senats-Präsidenten, dessen Motto „Gewehre, Freiheit und Kohle“ ist – in dieser Reihenfolge!

      •Unsere Kinder vertrauen darauf, dass wir jetzt ernst machen. Unser Handeln wird zeigen, ob wir dieses Vertrauen verdienen oder verraten werden, wie in Ruanda vor 20 Jahren, wo auf dem Gedenkstein für einen ermordeten 10-Jährigen, der Arzt werden wollte, seine letzten herzzerreißenden Worte stehen: „Die UNO wird kommen und uns retten!“

      10. World Future Forum 2017 in Bregenz: weltweit führende Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur erarbeiten Lösungsstrategien für die Probleme unserer Zeit.

       Die Zukunft gestalten

Скачать книгу