Zukunft gestalten: JETZT. Jakob von Uexküll

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Zukunft gestalten: JETZT - Jakob von Uexküll

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mit „weniger Autorennen und mehr Tanzwettbewerben“ (Chandaran Nair), eine spannende Welt der Kultur, Bildung, Forschung, des Sports, der spirituellen Erfahrung und menschlicher Interaktion, wo der Sinn des Lebens „nicht hinter den Objekten, sondern hinter den Subjekten gesucht wird“, wie mein Großvater, der Biologe und Gründer der Umweltforschung es ausdrückte.

      Die Entscheidung liegt bei jedem von uns. Die Geschichte hat sehr laut an unsere Tür geklopft. Werden wir antworten?

       Brainpool Project

      Inzwischen arbeiten neun Institutionen zusammen, um sich für langfristiges Denken und Handeln in der Politik einzusetzen und die Interessen künftiger Generationen zu schützen. Im Rahmen des EU-geförderten Gemeinschafts-Projekts Brainpool zur Einführung von Wohlstandsindikatoren, die den sozialen Fortschritt von Gesellschaften besser abbilden als das traditionell herangezogene Brutto-Inlandsprodukt, hat der Weltzukunftsrat eine zentrale Rolle gespielt. Bei der Abschlusskonferenz in Paris wurden die Ergebnisse und Empfehlungen von einem hochkarätigen Panel diskutiert – darunter Politiker aus Großbritannien, Frankreich, Finnland und Italien, der EU-Kommissar für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit László Andor sowie Vertreter der OECD.

       Förderung erneuerbarer Energien

      Mit der Arbeit für Einspeisegesetze zur globalen Förderung erneuerbarer Energien hat der Weltzukunftsrat wesentlich dazu beigetragen, dass mehr als 60 Länder entsprechende Gesetze erlassen haben. In mehr als 30 parlamentarischen Anhörungen und Strategie-Workshops in den USA, den Arabischen Emiraten, afrikanischen und europäischen Ländern hat der WFC Entscheidungsträger intensiv mit den Herausforderungen und Chancen in diesem Bereich konfrontiert. Ziel ist es, Städte, Gemeinden und Regionen in einem internationalen 100 %-Erneuerbare-Energien-Netzwerk zusammenzubringen und Lösungen und Erfolge zu verbreiten.

       futurepolicy.org

      

       Die Rolle Europas

      Als die EU vor einigen Jahren den Friedens-Nobelpreis bekam, saß ich in einem Live-Interview des Bayerischen Rundfunks und wurde gebeten, auf die eingehenden Anrufe zu reagieren. Ich war schockiert über die vielen negativen und zynischen Reaktionen. Da ich aus einer Familie komme, die in den europäischen Kriegen des letzten Jahrhunderts viel verloren hat, ist mir der Wert der europäischen Friedensunion sehr bewusst und ich konnte mir einen besseren Friedenspreisträger kaum vorstellen. Aber für viele Europäer, besonders im Westen, scheinen diese historisch einmaligen Errungenschaften wenig zu bedeuten und man schimpft lieber über Brüssel. Besonders krass erlebe ich das in dem Land, in dem ich zurzeit lebe – Großbritannien – wo die Hetze gegen die EU groteske Ausmaße erreicht hat.

      Aber, wenn man Europa verlässt, wird einem schnell bewusst, wie neidisch viele Afrikaner, Asiaten und Lateinamerikaner auf Europa schauen. Es gibt dort verschiedene Unions-Projekte, aber sie kommen, wenn überhaupt, nur sehr langsam voran. Aber die Afrikanische Union hat eine Parlamentarische Versammlung und es gibt auch ein lateinamerikanisches Parlament, wo bisher nur die Mitglieder aus Venezuela und Bolivien direkt gewählt sind.

      Vor etwas über 10 Jahren war ich auf einer Konferenz in Venezuela eingeladen. Als Auftakt hielt Präsident Chavez eine mehrstündige Rede, und, als die europäischen Teilnehmer am letzten Tag in den Präsidentenpalast eingeladen wurden, erwarteten wir etwas Ähnliches. Aber der Präsident erschien mit einem Notizblock und bat uns, über unsere Arbeit zu erzählen, denn er wolle von Europa lernen ...

      Als Abgeordnete des Europäischen Parlaments merkten meine Kollegen und ich, dass diese Berufsbezeichnung mehr Eindruck machte, je weiter wir uns von Europa entfernten. So gelang es einem Kollegen, in Thailand die Begnadigung eines zu Tode verurteilten zu erreichen. Als ich im Pazifik-Staat Palau zu einer kontroversen und gewalttätigen Volksabstimmung als Wahlbeobachter entsandt wurde, merkte ich, dass sich meine US-Kollegen nicht aus ihren Hotels wagten, während mir bedeutet wurde, dass ich als Europäer nichts zu befürchten hatte.

      Das friedliche Europa von heute, das viele für so selbstverständlich halten, war nie selbstverständlich und ist es auch heute nicht. Viele Jahre lang hatten wir zwar ein vereinigtes West-Europa, aber auch die tägliche Gefahr einer gewollten oder versehentlichen nuklearen Katastrophe. Völker an den Rändern unseres Kontinents, die sich noch nie bekämpft hatten, waren nun bedroht und konnten innerhalb von Minuten ausgelöscht werden in einem Konflikt, auf den sie keinen Einfluss hatten. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR wurde vielen klar, wie viel Glück Europa damals gehabt hatte.

      Erinnern wir uns: Bis zum Zusammenbruch der UdSSR waren demokratisch gewählte Politiker in Europa quer durch das politische Spektrum der Überzeugung, dass der Westen auf einen konventionellen Angriff des Warschauer Paktes mit einem atomaren Gegenangriff antworten solle, d.h. unseren Kontinent für Jahrtausende (oder länger) unbewohnbar zu machen!

      Dass es nicht dazu kam, verdanken wir nicht ihnen, sondern der Vernunft der nicht-gewählten russischen Politiker angeführt von Präsident Gorbatschow. Aber wie wurde Russland hierfür gedankt? Gab es ernsthafte Versuche auf seinen friedlichen Verzicht auf seine Großmacht-Rolle mit einer Eingliederung in eine neue europäische Friedensordnung zu antworten?

      Im Gegenteil: Von NATO- aber auch von EU-Vertretern wurde Anfang der 90er Jahre immer wieder verkündet, der Westen habe den Kalten Krieg gewonnen. Statt vertrauensbildende Maßnahmen umzusetzen, wurden Absprachen ignoriert, und der Westen drängte triumphierend immer weiter nach Osten. Auch aus den verheerenden Folgen der versprochenen NATO-Mitgliedschaft für Georgien vor einigen Jahren wurde nichts gelernt, sondern man wiederholte in der Ukraine denselben Fehler und steht jetzt blamiert da. Die Periode russischer Schwäche ist vorbei – solche Perioden waren historisch immer kurz – und wir Europäer merken, dass die von vielen vergessenen auf uns gerichteten Atomraketen noch immer da sind, noch immer mit „launch on warning“, d. h. sie können innerhalb von Minuten absichtlich oder versehentlich abgefeuert werden. Wie können wir Europäer zulassen, dass einige wenige Atommächte so mit uns umgehen, ohne dass es einen Aufschrei gibt gegen ihre Weigerung, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen und atomar abzurüsten? Wer bedroht Europa am meisten? Die theoretischen iranischen Atomwaffen – oder die tatsächlichen auf Europa gerichteten?

      Man ist nicht voreingenommen, wenn man die historische Einmaligkeit Europas sieht. Kriege und Kolonialismus sind Teile dieser Geschichte, aber auch der Aufbau von Demokratie, Mitbestimmung und Rechtsstaatlichkeit durch politisches Engagement der Bürger, d. h. nicht als Gabe eines Herrschers.

      Die Vereinigung streitender Kleinstaaten gelang den Briten in Indien, und die Indische Union – die größte Demokratie der Welt – besteht noch heute. Aber in Afrika und Lateinamerika bestehen fast alle von Europäern gezogenen Kleinstaaten-Grenzen fort. Der Respekt vor anderen Kulturen führt manchmal dazu, dass das Ausmaß des europäischen Einflusses übersehen wird. Zum Beispiel hören wir viel vom kommenden asiatischen Zeitalter und dem globalen Einfluss Chinas – aber selten, dass die derzeitig herrschende chinesische Ordnung nicht etwa auf Konfuzius und Laotse baut, sondern auf zwei europäische Denker namens Marx und Lenin! Nachdem Europa der Welt durch Nazismus und Faschismus gezeigt hatte, wie leicht verwundbar und umkehrbar auch unsere hochgelobte Zivilisation war, und wie schnell unvorstellbare Barbareien sich ausbreiten können,

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