Handbuch ADHS. Группа авторов

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die oben dargestellten stabilen Prävalenzraten seit mehreren Jahrzehnten.

      3.8 Epidemiologische Verlaufsstudien

      Anders als klinische Verlaufsstudien (image Kap. 13), in denen Zuweisungs- und Behandlungseffekte wirksam werden, gestatten Verlaufsuntersuchungen im Feld Schlussfolgerungen über die Veränderung von Prävalenzraten mit zunehmendem Alter der Kohorte. Diese Untersuchungen über den natürlichen Verlauf erlauben zusätzlich die Etablierung eines Standards, an dem sich die Therapieeffekte behandelter Stichproben im Prinzip messen lassen müssten. Die tatsächliche Verfügbarkeit derartiger natürlicher Verlaufsstudien mit hinlänglicher Stichprobengröße und Repräsentativität ist jedoch sehr gering. Offen bleibt in der Regel auch die Frage, ob aus dem Fehlen einer im Rahmen der Studie geplanten Intervention auf das Fehlen jeglicher Intervention bei einzelnen Probanden geschlossen werden darf bzw. inwieweit Kontrollen für derartige spontan auftretende Interventionen vorgenommen wurden.

      Bei insgesamt nur drei der in den 1990er Jahren durchgeführten epidemiologischen Studien liegen auch Nachuntersuchungen vor. In der Londoner Studie an 6–7-Jährigen fanden Taylor et al. (1991) nach einem Kurzzeitverlauf von nur neun Monaten bei Kindern, die als situationsübergreifend hyperaktiv diagnostiziert worden waren, eine Persistenzrate von 64 % vor. Dabei war die Schwelle für diese Diagnose auf der Basis von Eltern- und Lehrerfragebögen aber relativ niedrig, zumal nur 44 % der Kinder die Kriterien für ADHS gemäß DSM-III-Kriterien und nur 19 % die für HKS gemäß ICD-10 erfüllten. Insofern handelte es sich bei einem großen Teil der Kinder eher um subklinische Ausprägungen von Hyperaktivität. Hohe Raten für ein koexistierendes gestörtes Sozialverhalten und Familienprobleme in Form von mütterlichen psychischen Störungen, Scheidung und stark ausgeprägter kritischer Emotionalität waren mit Persistenz der Störung verbunden.

      Im 9-Jahresverlauf erfüllten nur noch 24 % der ursprünglich als situationsübergreifend hyperaktiv diagnostizierten Kinder die Kriterien für ADHS gemäß DSM-III-R-Kriterien und 12 % der Kinder die für HKS gemäß ICD-10-Kriterien (Taylor et al. 1996). Die Analyse der Verlaufsdaten zeigte, dass die initiale Hyperaktivität im Alter von 6–7 Jahren im Vergleich zu Kontrollen mit erhöhten Raten für psychische Störungen generell und speziell mit späterer Hyperaktivität und gestörtem Sozialverhalten verbunden war (Devlin et al. 2003; Taylor et al. 1996).

      Eine im Staate New York durchgeführte epidemiologische Längsschnittstudie an ursprünglich 10–13-Jährigen definierte drei unterschiedliche Schweregrade für ADHS und fand im Verlauf von zweieinhalb Jahren eine Persistenzrate von 42 % unabhängig vom Schweregrad. Die Odds-Ratio für Persistenz betrug für die schwere Form von ADHS nahezu 60 und lag für die mittelgradige und leichte Ausprägung bei 10. Nur 32 % der bei der Nachuntersuchung erfassten Probanden mit ADHS waren neu diagnostizierte Fälle (Cohen et al. 1993).

      Schließlich fand eine weitere nordamerikanische epidemiologische Verlaufsstudie an ursprünglich 6–10-Jährigen nach 3 und 4 Jahren eine Persistenzrate von 38 % über alle Erhebungszeitpunkte gemäß DSM-III-R-Kriterien (August, Braswell und Thuras 1998). Weitere 31 % hatten eine Ausprägung von ADHS zu einem Zeitpunkt, aber nicht zu beiden Zeitpunkten der Verlaufsuntersuchung, die als mittelgradig eingestuft wurde, und bei 31 % remittierte die Störung vollständig. Auch hier war die Persistenz mit einer stärkeren Ausprägung von externalisierenden Störungen, und ungünstigen Familienmerkmalen im Sinne ineffizienter Erziehung und Unzufriedenheit mit der Partnerbeziehung verknüpft. Insofern wurden die Befunde der Studie von Taylor et al. (1991) repliziert.

      3.9 Schlussfolgerungen

      Aus den in diesem Kapitel dargestellten Ergebnissen der neueren epidemiologischen Forschung zu ADHS lässt sich eine Reihe von allgemeinen Schlussfolgerungen ableiten.

      • Die Prävalenz für ADHS gemäß DSM-Kriterien liegt in internationalen Studien im Kindes- und Jugendalter zwischen 2 und 7 %, wobei die höheren Raten eher für den Altersbereich der Schulkinder im Alter von sechs bis elf Jahren gelten. Schätzungen in dieser Höhe finden sich auch in Studien, die auf den in Krankenkassendaten dokumentierten Diagnosen basieren.

      • Bei Anwendung der enger definierenden Kriterien der ICD-10 für HKS liegen die Prävalenzraten deutlich niedriger.

      • Die weltweite Prävalenz im Kindes- und Jugendalter unabhängig von den diagnostischen Kriterien liegt bei einem Mittelwert von 7,2 %. Gemäß zwei großen US-amerikanischen bzw. internationalen Studien liegt die Prävalenz bei Erwachsenen im Alter von 18 bis 44 Jahren bei 3,4–4,4 %.

      • Die Prävalenz variiert in Abhängigkeit von Geschlecht, Alter und Sozialschicht. Bis zur Adoleszenz sind Jungen etwa 2- bis 4-mal häufiger betroffen als Mädchen. Allerdings werden Mädchen wahrscheinlich in Kindheit und Jugend unterdiagnostiziert, wobei sich die Symptomatik bei den Geschlechtern auch unterscheidet. Auch im Erwachsenenalter dominiert das männliche Geschlecht. Die Prävalenz ist bei Kindern im Vorschulalter und in der Adoleszenz niedriger. ADHS kommt zwar in allen Sozialschichten vor, ist aber in niedrigeren sozialen Schichten häufiger, wobei diese Beziehungen eher auf komorbide Störungen des Sozialverhaltens zurückgehen.

      • Der Subtypus ADS ist eher mit Lernstörungen und internalisierenden Störungen verbunden, während der kombinierte und der isoliert hyperaktiv-impulsive Typ eher mit externalisierenden Störungen und Problemen der psychosozialen Anpassung einhergeht.

      • Die Komorbidität von ADHS mit Störungen des Sozialverhaltens, Affekt- und Angststörungen im Kindes- und Jugendalter ist beträchtlich und kein Methoden-Artefakt diagnostischer Systeme. Im Erwachsenenalter ist die Stärke des Zusammenhangs von ADHS mit Affektstörungen, Angststörungen und Substanzmissbrauchstörungen ähnlich groß.

      • Auch in unbehandelten Feldstichproben ist die Persistenz von ADHS beträchtlich, sodass häufig von einer chronischen Störung mit Manifestation in Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter ausgegangen werden muss.

      • In zukünftigen Studien sollte die Entwicklung der Inzidenz und Prävalenz – auch für das Erwachsenenalter – weiter beobachtet werden. Nach wie vor besteht Erkenntnisbedarf hinsichtlich regionaler Unterschiede in der Diagnosehäufigkeit und der damit verbundenen Therapien.

      Literatur

      Achenbach TM (1991a). Manual for the Child Behavior Checklist/4-18 and 1991 Profile. Burlington, VT: University of Vermont, Department of Psychiatry.

      Achenbach TM (1991b). Manual for the Youth Self Report and 1991 profile. Burlington, VT: University of Vermont, Department of Psychiatry.

      Almqvist F, Puura K, Kumpulainen K, Tuompo-Johansson E, Henttonen I, Huikko E, Linna S, Ikaheimo K, Aronen E, Katainen S, Piha J, Moilanen I, Rasanen E, Tamminen T (1999). Psychiatric disorders in 8–9-year-old children based on a diagnostic interview with the parents. Eur Child Adolesc Psychiatry 8 (Suppl. 4): 17–28.

      Akmatov MK, Holstiege J, Hering R, Schulz M, Steffen A, Bätzing J. (2018). Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung bei Kindern und Jugendlichen in der ambulanten Versorgung in Deutschland Teil 3 – Identifizierung raumzeitlicher Cluster der Diagnoseprävalenz im Zeitraum 2009 bis 2016. (DOI: 10.20364/VA-18.02).

      Ambrosini PJ (2000). Historical development and present status of the schedule for affective disorders and schizophrenia for school-age children (K-SADS). J Amer Acad Child Adolesc Psychiatry 39(1): 49–58.

      Angold A, Costello EJ, Erkanli A (1999). Comorbidity. J Child Psychol Psychiatry

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