Handbuch ADHS. Группа авторов

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entwickelnde Gehirn sind vermutlich hochspezifisch und von zahlreichen Faktoren, wie genetische Prädispositionen, Alter, Komorbiditäten, Symptomstärke oder Therapiedauer, abhängig.

      Bildgebungsbefunde zu den pharmakologischen Behandlungseffekten von Atomoxetin, einem selektiven Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, oder Guanfacin, einem selektiven alpha2A-adrenergen Rezeptor-Agonist, sind bislang eher rar. Im Ruhezustand zeigten Erwachsene ADHS-Patienten nach einer achtwöchigen Gabe von Atomoxetin eine normalisierte Konnektivität zwischen dem Default-Mode Netzwerk und Exekutivnetzwerken, die mit einer klinischen Symptomverbesserung korrelierte (Lin et al. 2015). Ähnliche Effekte zeigten sich für Guanfacin (Bedard et al. 2015). Zusammengenommen deutet dies auf einen unspezifischen Wirkmechanismus verschiedener Pharmakotherapien bei ADHS hin. Hinsichtlich nicht-pharmakologischer Behandlungseffekte fanden einige Bildgebungsstudien interessanterweise ebenfalls erhöhte neuronale Aktivität, trotz geringer Verhaltenseffekte, in fronto-zerebellären Regionen nach kognitivem Training (Hoekzema et al. 2010) oder im ACC nach einem Neurofeedback-Training bei Kindern mit ADHS (Lévesque et al. 2006).

      Kasten 5.2: Neuroanatomische Veränderungen bei ADHS: Das Henne-Ei-Dilemma

      Zwar scheint die strukturelle und funktionelle Neuroanatomie bei ADHS-Patienten verändert, allerdings ist noch unklar, ob es sich hierbei um kausale Krankheitsmechanismen handelt oder ob die Veränderungen eher die Folge der Erkrankung sind. Kombinierte Familien- und Bildgebungsstudien – d. h. Studien an biologischen Geschwistern und/oder Eltern zusammen mit den betroffenen Patienten – können helfen, diesem Problem zu begegnen. Erste Studien dieser Art zeigten, dass sich strukturelle Auffälligkeiten bei nicht betroffenen Geschwistern, Eltern und ADHS-Patienten ähneln (Lawrence et al. 2013; Durston et al. 2004; Greven et al. 2015). Womöglich beeinflusst eine familiäre, d. h. genetisch bedingte Varianz, die Gehirnanatomie, was auf biologische Schutz- und Risikofaktoren hindeutet. Bisherige Bildgebungsbefunde legen eine wesentliche Vererblichkeit fronto-striataler Strukturen bei ADHS nahe, wohingegen Auffälligkeiten beispielsweise im Kleinhirn eher mit dem Vorliegen der Erkrankung selbst einhergehen. Zusammengenommen stellen besonders Veränderungen im fronto-striatalen Netzwerk, einschließlich zugrundeliegender Fasertrakt-Verbindungen, ein Risikofaktor für die Entwicklung einer ADHS Erkrankung dar.

      5.5 Neuroanatomische Implikationen für Diagnostik und Therapie

      Neuroanatomische Studien der letzten Jahre haben maßgeblich zu einem verbesserten Störungsverständnis von ADHS beigetragen, indem sie ein verbessertes Wissen über die neuronalen Grundlagen der Kardinalsymptome, die pathophysiologischen Risikofaktoren und Erkenntnisse zum Wirkmechanismus der Pharmakotherapie ermöglichten. Dennoch hat vermutlich die große Heterogenität des Störungsbildes bislang verhindert, ADHS im Einzelfall mithilfe der Bildgebung diagnostizieren zu können. Diesbezüglich zeigen neuere Ansätze zur ADHS-Individualdiagnostik auf der Basis von MRT-Bildern, wie »Machine Learning« zur Mustererkennung, dass monozentrische Studien mit kleineren Stichprobenumfängen bei der Vorhersage des ADHS-Status vergleichsweise gut abschneiden, dagegen aber die Treffgenauigkeit für eine korrekte Klassifikation eines ADHS-Patienten in großen, multizentrische Datenbanken (z. B. ADHD-200-Respiratory) mit 55 % und 78 % deutlich geringer ausfällt (Wolfers et al. 2015). Dennoch erscheint die Kombination von »Machine Learning« und Bildgebung längerfristig besonders für die Identifikation von kategorial oder dimensional definierten ADHS-Subgruppen auf neuronaler Ebene vielversprechend, was möglicherweise auch für die Therapieplanung relevant werden könnte: So ist vorstellbar, dass eine gezieltere und somit effizientere ADHS-Behandlung möglich ist, einschließlich pharmakologischer Therapie und die Anwendung von Neurostimulations-, Neurofeedback- und neuropsychologischer Verfahren, wenn Subgruppen mit distinkten Defiziten in bestimmten neuronalen Netzwerken identifiziert werden könnten.

      5.6 Zusammenfassung und Fazit

      • Bildgebungsstudien gewähren uns wertvolle Einblicke in die Veränderungen der strukturellen und funktionellen Organisation des Gehirns bei ADHS.

      • Auf Gruppenebene zeigen sich bei ADHS Auffälligkeiten hinsichtlich der Volumina, der strukturellen Konnektivität und der neurofunktionellen Aktivität und Interaktion in komplexen Hirnnetzwerken mit drei zentralen Knotenpunkten: Präfrontalkortex, Basalganglien und Kleinhirn.

      • Neurofunktionell zeichnet sich ADHS durch multisystemische neuronale Dysfunktionen aus, die unterschiedliche aufgabenspezifische fronto-striato-parieto-zerebelläre Netzwerke umfasst und den diversen neuropsychologischen Leistungsdefiziten der Patienten, einschließlich Probleme bei Inhibition, Aufmerksamkeit, Zeitverarbeitung und Arbeitsgedächtnis, zugrunde liegen dürften.

      • Trotz zunehmender methodischer Fortschritte befindet sich die klinische Nutzbarkeit der zerebralen Bildgebung für die ADHS-Diagnostik nach wie vor in den Kinderschuhen. Zukünftig könnte beispielsweise die Anwendung von »Machine Learning« und darauf basierende Mustererkennungsansätze die Vorhersage von Erkrankungsverlauf oder Therapieerfolg insbesondere bei spezifischen Subgruppen von ADHS-Patienten bereichern.

      • Zudem könnte die Kombination von (epi)genetischen Analysen mit Bildgebungsverfahren neue Einblicke in diejenigen neurobiologischen Mechanismen erlauben, die der Entstehung, Aufrechterhaltung und Abschwächung von ADHS-Symptomen über die gesamte Lebensspanne zugrunde liegen.

      • Allerdings stellt die Heterogenität des Erscheinungsbildes von ADHS – sowohl hinsichtlich des Musters der Kernsymptome als auch der vielfältigen mit ADHS assoziierten Komorbiditäten – eine große methodische Herausforderung dar.

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