Handbuch ADHS. Группа авторов

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in fronto-striato-parieto-zerebellären Arealen vorliegen (Rubia 2018). Obwohl sich die betroffenen Hirnbereiche teilweise überlappen, gibt es unterscheidbare, funktionsspezifische Veränderungen, die jeweils mit einem bestimmten exekutiven Defizit assoziiert zu sein scheinen: (i) Verminderte Hirnaktivierungsmuster in einem bilateralen fronto-striato-thalamischen Netzwerk zeigen sich bei ADHS insbesondere bei Inhibitionsaufgaben (Cortese et al. 2012; Dickstein et al. 2006; Hart et al. 2013; Lei et al. 2015; McCarthy et al. 2014). (ii) Dagegen lassen sich bei Aufmerksamkeitsleistungen vor allem Minderaktivierungen in einem rechtshemisphärischen fronto-striato-thalamo-parietalen Netzwerk beobachten (Cortese et al. 2012; Hart et al. 2013). (iii) Verringerte Aktivierungsmuster in einem hauptsächlich linkshemisphärischen fronto-parieto-zerebellären Netzwerk treten bei Prozessen der Zeitverarbeitung auf (Hart et al. 2012), und (iv) eine reduzierte Hirnaktivität in einem vorrangig lateral-medialen frontalen Netzwerk kommt bei ADHS-Patienten bei Arbeitsgedächtnisleistungen vor (Cortese et al. 2012; McCarthy et al. 2014).

      Zusammengenommen deuten diese Befunde auf eine multisystemische neuronale Dysfunktion bei ADHS hin, die verschiedene funktionsspezifische fronto-striato-parieto-zerebelläre Hirnnetzwerke umfasst (image Abb. 5.3). Allerdings lassen sich bei ADHS-Patienten auch immer wieder abnorm erhöhte Aktivierungsmuster in verschiedenen Hirnarealen innerhalb und außerhalb des fronto-striato-parieto-zerebelläre Kernnetzwerkes beobachten (Rubia 2018). Dies könnte ein Hinweis auf kompensatorische neuronale Aktivität sein. Dabei ist bisher allerdings nicht eindeutig geklärt, ob diese alternativ überaktivierten Areale primär aufgabenspezifisch und/oder individuell unterschiedlich sind.

      Neben eingeschränkten »kalten« Exekutivfunktionen lassen sich bei ADHS-Patienten auch Auffälligkeiten bei »heißen« Exekutivfunktionen beobachten (Castellanos et al. 2006). Dazu zählen höhere kognitive Prozesse der Verhaltensregulation, die durch individuell relevante Motivation und Emotionen geprägt sind. Experimentell werden »heiße« Exekutivfunktionen vor allem mit Risiko- und Entscheidungsaufgaben erfasst, bei denen bestimmte Verhaltensentscheidungen positive oder negative Auswirkungen haben (z. B. Belohnungsgewinn, Bestrafungsvermeidung, größerer vs. kleinerer Gewinn). Neurobiologisch sind bei diesen Prozessen besonders orbitofronto- und ventromedial-fronto-striatale Netzwerke involviert. Die Datenlage zu hirnfunktionellen Veränderungen bei ADHS-Patienten ist diesbezüglich allerdings vergleichsweise dünn und uneinheitlich. Ein mehr oder weniger robuster Befund bei ADHS ist die Minderaktivierung des ventralen Striatums bei der Erwartung einer Belohnung (Plichta und Scheres 2014), wohingegen der Belohnungserhalt selbst und das aktive Bemühen um bzw. die Entscheidung für eine sofortige (vs. spätere) Belohnung eher mit einer Überaktivierung des fronto-striatalen Belohnungsnetzwerkes einherzugehen scheinen.

Images

      Abb. 5.3: Funktionsspezifische neurofunktionelle Dysfunktionen bei ADHS

      FMRT-Befunde zum Einfluss von Alter, Subtypen, Geschlecht und Komorbiditäten

      Vergleicht man fMRT-Befunde von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit ADHS scheinen die fronto-kortikalen Veränderungen – im Gegensatz zu den subkortikalen striatalen Auffälligkeiten – im Entwicklungsverlauf fortzubestehen oder sich sogar noch zu verstärken (Cubillo und Rubia 2010). Wie in Kapitel 5.2 beschrieben, geht diese funktionelle Hirnreifeverzögerung mit einer verspäteten Reifung wesentlicher neuroanatomischer Strukturen, insbesondere des Frontal- und Parietalkortex, einher und dürfte den unterschiedlichen neuropsychologischen Leistungsdefiziten der Patienten zugrunde liegen (Kelly et al. 2017).

      Hirnfunktionelle Veränderungen im fronto-striato-zerebellären Netzwerk scheinen beim kombinierten ADHS-Subtyp ausgeprägter aufzutreten als beispielsweise beim rein unaufmerksamen Subtyp (McCarthy et al. 2014). Hier wären zukünftig Untersuchungen in einem faktoriellen 2 x 2 Design wünschenswert, um die Frage klären zu können, ob die Auffälligkeiten beim kombinierten Subtyp eher additiv oder interaktiv die symptomspezifischen Auffälligkeiten widerspiegeln. Bezüglich möglicher Geschlechtsunterschiede spricht die bisherige Befundlage gegen geschlechtstypische neurofunktionelle Veränderungen bei ADHS (Cortese et al. 2012). Es muss allerdings festgehalten werden, dass in der neurobiologischen Forschung zu ADHS Patientinnen nach wie vor deutlich unterrepräsentiert sind. Im Vergleich mit komorbiden psychischen Störungen, die ADHS häufig begleiten (z. B. Störung des Sozialverhaltens, Autismus-Spektrum-Störung), scheinen Veränderungen in lateralen fronto-striatalen Arealen, besonders im Zusammenhang mit der Inhibitionskontrolle, ADHS-spezifisch zu sein (Rubia, 2018).

      Es ist nach wie vor nicht eindeutig geklärt, ob man bei der Messung von neurobiologischen Veränderungen mittels fMRT, ADHS (bzw. ADHS-Symptome) besser dimensional im Sinne einer extremen Normvariante einzelner Verhaltensmerkmale oder doch eher kategorial (d. h. als diskreten von der Normalität abgrenzbaren Zustand) erfassen sollte. Die Studienergebnisse von Elton et al. (2014) zur funktionellen Konnektivität bei ADHS belegen beide Ansätze. Die Autoren sprechen sich deshalb für eine doppelte Charakterisierung der ADHS-Ätiologie aus, die sowohl dimensionale als auch kategoriale Mechanismen (Hybridmodel) der dysfunktionalen Netzwerkorganisation beinhaltet.

      FMRT-Befunde zum Ruhezustand

      In den letzten Jahren haben R-fMRT-Studien zur Erforschung von neurofunktionellen Veränderungen im Ruhezustand bei ADHS deutlich zugenommen, allerdings mit teilweise deutlich heterogenen Befunden. Groß angelegte Initiativen zum Datenaustausch konnten dagegen zeigen, dass sich R-fMRT-Daten besonders gut für multizentrische Datenaggregationen eignen (Mennes et al. 2012). Solche Initiativen sind von großer wissenschaftlicher Bedeutung, da sie sowohl die Reproduzierbarkeit von Forschungsergebnissen absichern, als auch die Untersuchung von Subgruppen erlauben, die zuvor durch kleine Stichprobenumfänge unmöglich war. Ein Beispiel ist das ADHD-200-Repository, einer Open-Access Sammlung von R-fMRT- und anatomischen Datensätzen, die an acht unabhängigen Standorten erhoben wurden und Daten von 351 Heranwachsenden mit ADHS und 571 Kontrollen enthalten (Fair et al. 2012).

      Im Einklang mit der Annahme, dass insbesondere die funktionellen Interaktionen im Gehirn bei Patienten mit ADHS verändert sind (Castellanos et al. 2008; Konrad und Eickhoff 2010), zeigen R-fMRT-Studien sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern mit ADHS eine schwächere funktionelle Konnektivität zwischen den Regionen des Default-Mode Netzwerkes und dem zentralen Exekutivnetzwerk (Mattfeld et al. 2014; Sun et al. 2012). Seitdem haben sich Belege für multiple dysfunktionale Netzwerkinteraktionen bei ADHS gehäuft, die neben dem Default-Mode Netzwerk, das zentrale Exekutivnetzwerk und das ventrale Aufmerksamkeitsnetzwerk betreffen (Kessler et al. 2014; Sripada et al. 2014). Durch die zunehmenden Befunde für eine gestörte Emotionsregulation bei ADHS-Patienten wurden in jüngster Zeit auch neuronale Netzwerke untersucht, die an diesen Prozessen beteiligt sind (einschließlich der Amygdala), und auch hier gibt es erste Hinweise auf eine veränderte funktionelle Konnektivität bei ADHS (Karalunas et al. 2014; Hulvershorn et al. 2014).

      5.4 Bildgebungsbefunde zu Therapieeffekten bei ADHS

      Stimulanzien, wie Methylphenidat (MPH), stellen eine wichtige Behandlungsmöglichkeit bei ADHS dar. Im Rahmen mehrerer kombinierter Therapie- und Bildgebungsstudien konnte gezeigt werden, dass sich nach einer akuten Gabe von MPH die initial reduzierte fronto-striatale und fronto-zerebelläre Konnektivität bei ADHS während Aufmerksamkeitsaufgaben normalisiert (Rubia et al. 2009). Dabei hatte MPH sogar noch stärkere Effekte auf die funktionelle Konnektivität als auf die regionale neuronale Aktivität. Ferner scheinen Stimulanzien die notwendige Unterdrückung der Aktivität des Default-Mode Netzwerkes während kognitiver Aufgaben zu unterstützen (Peterson et al. 2009). Langzeiteffekte von Stimulanzien sind insgesamt noch unzureichend erforscht. Strukturelle MRT-Studien zeigen jedoch, dass eine Behandlung mit Stimulanzien langfristig neben den anatomischen Hirnveränderungen in der weißen Substanz, dem vorderen ACC, dem Thalamus und dem Kleinhirn auch den kortikalen Entwicklungsverlauf

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