Handbuch ADHS. Группа авторов

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(FDA) zugelassen (Snyder et. al. 2015). Dabei wurde argumentiert, dass bei einer ADHS Verdachtsdiagnose eine erhöhte TBR mit hoher Sicherheit auf »echtes« ADHS hinweise, während eine unauffällige TBR weitere Abklärung erfordere, da in diesem Fall andere Diagnosen ADHS vortäuschen könnten (DSM-Kriterium »E«).

      Dieser mehrstufige Ansatz mag allenfalls eine homogene Teilgruppe mit ADHS identifizieren, aber lässt wesentliche Bestandteile einer sorgfältigen, leitliniengerechten ADHS-Diagnostik vermissen, und weder der klinische Nutzen noch die Validität und Reliabilität wurden unabhängig geprüft. Die FDA-Zulassung als EEG-basierte Diagnostikhilfe wurde dementsprechend breit kritisiert (Arns et al. 2016; Gloss et al. 2016). Zusammenfassend erlauben zurzeit neurophysiologische Masse keine klinische Translation. Sie sind weder für eigenständige ADHS-Diagnosen noch als diagnostische Hilfsmittel validiert und eine unabhängige Replikation durch ausgewiesene universitäre ADHS Zentren bleibt unerlässlich.

      EEG – Wirkung von Stimulanzien und anderen Behandlungen

      Die oben beschriebenen EEG Abweichungen normalisieren sich zum Teil unter einer Therapie mit Methylphenidat (MPH) und anderen Stimulanzien (Clarke et al. 2002a). Eine ähnliche EEG Normalisierung wird auch nach Abschluss von EEG-Biofeedback (»Neurofeedback«) Behandlungen berichtet (Heinrich et al. 2007; Monastra et al. 2002). Allerdings bleibt mangels Kontrollbedingungen unklar, ob diese Befunde für Neurofeedback oder für die begleitenden Behandlungen spezifisch sind. Trotz guter Erfolge der Stimulanzien Behandlung auf die Symptomatik bleibt ein Anteil von ADHS-Kindern, die nicht auf diese Behandlung ansprechen. Deshalb sind Studien, die diese Gruppen anhand von EEG-Merkmalen unterscheiden, von klinischer Bedeutung. Das quantitative EEG konnte in frühen Studien eine positive Therapieantwort auf Stimulantien wie MPH mit fast 75 % Klassierungsgenauigkeit vorhersagen (Steinhausen et al. 1984), wobei in weiteren Studien vor allem Kinder mit erhöhter langsamer Aktivität wie erhöhter TBR, Theta-EEG-Aktivität, oder Alpha-Verlangsamung gut anzusprechen schienen (Clarke et al. 2002b).

      Aufgrund dieser vielversprechenden ersten Befunde wurden EEG-Masse als mögliche prädiktive Biomarker für gutes Ansprechen auf Stimulanzien gehandelt. Ernüchternde neuere Befunde aus größeren prospektiven Studien zeigen inzwischen, aber dass diese Marker nur sehr begrenzte Voraussagen bei Teilgruppen wie männlichen Jugendlichen erlauben (Arns et al. 2018). Zusätzlich scheinen genetische Varianten im Dopamin-System sowohl das EEG als auch die Therapieantwort zu beeinflussen. So ergab MPH nur bei denjenigen ADHS Patienten mit einer bestimmten Variante des Dopamin-Transporter-Gens (DAT1 10/10 repeat) eine klare Verbesserung der CPT-Leistung und des EEGs bei Ruhe und im CPT mit Abnahme der Theta-Leistung und des Theta/Beta Verhältnisses (Loo et al. 2004).

      Anhand von EEG- und ERP-Befunden ließ sich auch das Ansprechen auf Neurofeedback teilweise voraussagen, wobei weniger starke Alpha Aktivität und stärkere CNV zusammen fast 30 % des Therapieerfolgs erklärten (Wangler et al. 2011). Dennoch fehlt auch hier eine unabhängige Validierung und die Befunde erlauben zurzeit keine klinische Anwendung.

      Familiäre Einflüsse auf das EEG ergaben sich in einer Studie von Kindern mit ADHS, deren Alpha während einer CPT Aufgabe (nicht bei Ruhe) vor allem frontal vermindert war, wenn auch ein Elternteil von ADHS betroffen waren (Loo und Smalley 2008).

      6.4 ERP-Befunde bei ADHS

      Kinder mit ADHS schneiden besonders schlecht in Tests ab, welche Aufmerksamkeit, Antwortkontrolle, Motivation und Ausdauer erfordern, während ihre grundlegenden Fähigkeiten zur Wahrnehmung und Motorik intakt scheinen. Entsprechend werden für die meisten neurophysiologische ERP-Studien ähnliche Tests verwendet. Allerdings wird dabei meist versucht, die Verhaltensunterschiede zwischen ADHS und Kontrollgruppen zu minimieren, und Fehler werden von der Auswertung ausgeschlossen, um »verdeckte« neurophysiologische Defizite trotz korrekter Verarbeitung zu erfassen. Neurophysiologisch lassen sich nun Aufmerksamkeit und Antworthemmung als parieto-frontale und als fronto-striatale Netzwerke darstellen, welche beide mit ADHS in Verbindung gebracht werden.

      Manche Tests, die auf ADHS ansprechen, können auch neurophysiologische Defizite von Aufmerksamkeit und Antwortkontrolle unterscheiden. Dazu zählen bestimmte Formen des CPT wie der CPT A-X oder O-X, welche einen Go/NoGo Test enthalten (van Leeuwen et al. 1998) sowie Stopp- oder Go/NoGo Aufgaben, welche die Hemmung vorbereiteter Antworten erfordern (Rubia et al. 1998). Die verminderte Inhibition oder Antwortkontrolle wurde – neben verminderter Motivation – lange als Kerndefizit betrachtet (Sonuga-Barke 2002). Sie stellt aber vermutlich wie die Aufmerksamkeitsprobleme und die beeinträchtigte energetische Zustandsregulation (Sergeant 2000) nur einen Aspekt dar (Banaschewski und Brandeis 2007; Banaschewski et al. 2004).

      Grundverarbeitung und frühe Aufmerksamkeit

      Ein wesentlicher neurophysiologischer Befund ergibt sich aus der Tatsache, dass die ERPs zu unbeachteten Reizen nur geringe und wenig konsistente Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne ADHS und so eine weitgehend intakte Grundverarbeitung anzeigen. Hingegen belegt eine Vielzahl von ERP-Studien mit aktiven, Aufmerksamkeit fordernden Versuchsanordnungen, dass schon frühe Aufmerksamkeitseffekte im ERP bei ADHS je nach Versuchsanordnung vermindert oder verstärkt sind, während die ERP-Marker von späten Aufmerksamkeits- und Exekutivfunktionen durchwegs verminderte Aktivität anzeigen (Banaschewski und Brandeis 2007; Barry et al. 2003b).

      Verminderte frühe Aufmerksamkeitseffekte finden sich im ERP von Kindern mit ADHS sowohl in auditorischen (Kemner et al. 2004) als auch in visuellen Tests zur selektiven Aufmerksamkeit (Jonkman et al. 2004). Dabei zeigt die Lokalisation, dass nur die eigentlichen Aufmerksamkeitseffekte in den sensorischen Hirngebieten vermindert sind, während die sensorische Grundaktivität im Vergleich zu den unbeachteten Standards in den gleichen Gebieten nicht verändert ist. So kann neurophysiologisch belegt werden, dass Aufmerksamkeitsprobleme über verminderte Aktivierung durch beachtete Merkmale, aber nicht wegen erhöhter Aktivierung durch falsche Reize (»Ablenkung«), noch durch beeinträchtigte Grundverarbeitung zustande kommt. Einige frühe Aufmerksamkeitseffekte sind bei ADHS aber auch verstärkt (Brandeis et al. 2002a; Wiersema et al. 2006b), was als vermehrtes vorzeitiges Orientieren zum Ausgleich des Mangels an Ressourcen im Sinne einer Kompensation gedeutet wird.

      Späte Aufmerksamkeit und Zustandsregulation

      Spätere Formen von Aufmerksamkeit, welche nur von beachteten aufgabenrelevanten Reizen aktiviert werden, lassen sich anhand von P300-Komponenten messen. Latenz und Amplitude der P300 gelten als Maße für die Dauer und den Aufwand von Aufmerksamkeits- und Entscheidungsprozessen und wurden bei Kindern mit ADHS in zahlreichen Studien untersucht.

      Die verminderten P300 Amplituden nach Warn- oder Zielreizen bilden den am besten replizierten ERP-Befund bei Kindern mit ADHS (Barry et al. 2003b; van Leeuwen et al. 1998). Eine derartige Verminderung ist besonders deutlich bei Kindern mit reinem ADHS ohne Komorbidität mit anderen Störungen (Banaschewski et al. 2003). Gut ausgewiesen ist auch, dass sich die Amplituden der Zielreiz- und der NoGo-P300 unter MPH teilweise normalisieren (Barry et al. 2003b; Broyd et al. 2005; Pliszka et al. 2007; Seifert et al. 2003).

      Die P300 Veränderungen bei ADHS sind spezifisch für bestimmte Versuchsbedingungen. Die Verminderung der P300 ist etwa nach überraschenden Warnreizen deutlicher als nach vorgewarnten Zielreizen, was auf ein Defizit bei der Mobilisierung und Orientierung von Aufmerksamkeit hinweist. Die posterioren Quellenlösungen für die Warnreiz-P300 unterstützen diese Deutung (Banaschewski et al. 2004; Banaschewski et al. 2003; Herrmann und Fallgatter 2004; van Leeuwen et al. 1998).

      Die Verminderung der P300 kann zumindest teilweise durch beeinträchtigte Zustandsregulation aufgrund fehlender Ressourcen bei entsprechendem Bedarf erklärt werden. So führt etwa eine Verlangsamung des Aufgabentempos bei normalen Kontrollgruppen zur Bereitstellung von mehr Ressourcen und einer stärkeren P300, während

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