Warum musste Abel sterben?. Anselm Grün

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Warum musste Abel sterben? - Anselm Grün

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entwickeln, die nur im Einzelfall gelten und die in der Außenwelt nicht mehr zu rechtfertigen wären. Es gibt viele Menschen, die nur darauf warten, dass sie aus ihrer Einsamkeit heraus einmal darüber sprechen können, wie sie sich fühlen und wie sie die Welt, in der sie leben, empfinden. Dabei geht es nicht darum, eine Erklärung zu finden, warum etwas Tragisches oder Schlimmes passiert ist, sondern häufig nur darum, dass da jemand ist, der sagt: »Ich möchte bei dir sein, ich möchte dich verstehen.«

      Viele befinden sich in ausweglosen Situationen und müssen Entscheidungen treffen, die schwierig sind, die aber das Leben ihnen abfordert. So erzählte mir ein Mann, wie sehr er darunter leidet, seine Frau und seine Kinder verlassen zu haben. Er spürte, dass seine Wesensart sich nicht mit den Vorstellungen vertrug, die seine Frau von ihm hatte. Gleichzeitig hing sie aber sehr an ihm und konnte ohne ihn nur in Panik und Angst leben. Auch seine Kinder schienen nur schwer zu verstehen, dass er sie verließ. Und dennoch, so meinte der Mann, war es das Beste, was er tun konnte. Wäre das nicht ein Beispiel, um zu begreifen, was es bedeutet, alles abgeben zu müssen, damit es im Leben gut weitergehen kann? Wenn das so wäre, dann sind wir ganz nahe bei der Geschichte von Abraham. Ich meine, man muss sie so verstehen, dass ein Mensch sich ganz in das Gefühl hineinbegibt, was Gott sein könnte. Das ist der ganz unmittelbare Dialog zwischen Gott und einem Individuum. Da steht ein einzelner Mensch vor seinem Gott, und nur in dieser Beziehung entwickelt sich etwas, was passend und richtig ist. Daraus ließe sich folgern, dass das Ende all der Vorstellungen gekommen ist, in der wir den göttlichen Willen in das Ethisch-Allgemeine aufheben und Religion für eine Funktion der Moral erklären. Der Einzelne vor seinem Gott würde heißen, dass die Personalität Gottes und unsere eigene Person ins Zentrum des Geschehens rücken. Das ist doch aber auch das Großartige an Abraham, dass er das Äußerste wagte und sich in seinem Glauben verankert wusste. Glauben, das ist die Verheißung Gottes an Abraham aus dem zwölften Kapitel der Genesis, ein zahlreiches Volk zu werden. Abraham hörte nicht auf, an Gott zu glauben für dieses Leben, das er zur Verfügung hatte. Das ist die Größe dieses Mannes. Zeichnet das nicht einen gläubigen Menschen aus, dass er hofft, dass Gott ihm alles zurückgibt, was er im Begriff war wegzugeben? Ist es nicht ein ungeheurer Gedanke, sich Gott so anzuvertrauen und sich tragen zu lassen, bis zum Wiedererhalt von allem, was verloren schien?

      Abraham steht mitten im Leben, als ihm am Berg Morija zugemutet wird, seinen eigenen Sohn zu opfern. Das scheint mir wie ein Bild für das, was wir lernen müssen: Der Glaube Abrahams beginnt gerade damit, dass in seiner Person etwas Besonderes ist mit einer großen Zukunft, die ihm gilt. Seine Größe wird die eines Stammvaters sein. Was der Gott der Bibel will, ist ein Vertrauen auf das Individuelle in unserer Person. Darum geht es an dieser Stelle und viel weniger um Isaak als um Abraham selbst. Er muss lernen zu sein, selbst wenn sein Sohn nicht wäre. Nur er selbst mit seinem Leben ist gemeint. Es gibt viele Eltern, die ihre Kinder hinaus in eine Zukunft gehen lassen müssen, die sie nicht kennen. Für sie ist es, als ob ihr Sohn oder ihre Tochter ihnen stürben. Sie müssen lernen, dass die Freiheit eines anderen Menschen wichtiger ist, als das Liebste bei sich behalten zu wollen. Kinder finden zu ihrem eigenen Leben nur, wenn die Eltern lernen, selbst zu sein. Dieses Moment einer radikalen Herauslösung aus dem Verband der Generationenkette geschieht hier, indem Abraham Gott zurückgibt, was er von ihm bekam. Dann ereignet sich das Wunder des wiedergewonnenen Lebens. Es kann sein, dass Kinder im eigenen Haus bleiben, gerade weil man sie freigelassen hat. Es ist möglich, dass sie gerne wieder zu Besuch kommen, einfach weil sie spüren, dass ihre Eltern ihre Angst um sie durch Vertrauen besiegt haben. Für Eltern ist es wichtig zu spüren, dass ihre Kinder nie ihr Besitztum sind. Sie wurden lediglich geliehen, wie ein Geschenk, das zurückgegeben werden soll in die Hände dessen, der es gab. Aber das ist nicht das Ende, das ist nicht der Tod, sondern das ist das wirkliche Leben.

      Wenn wir die Erzählung von Abraham so lesen, dass sie der Selbstfindung und dem durchaus irdischen Glück dienlich statt widersprechend wird, dann öffnet sie sich auch zu der Interpretation des Jesus von Nazaret über das Heilige Buch seines Volkes. An vielen Stellen des Alten Testaments hören wir, dass Opfer darzubringen sind als Rituale der Versöhnung. Und immer bleibt dann das Gottesbild zwiespältig zwischen Grausamkeit und Mitleid, zwischen Sadismus und Erbarmen, zwischen Strenge und Gnade. Wir haben Mühe, damit zurechtzukommen. Ein solches Gottesbild würde von uns Dinge verlangen, die möglicherweise unmenschlich sind, da wir uns in Pflichten verstricken auf Kosten der unmittelbaren Mitmenschlichkeit.

      Genau das wollte Jesus verändern. Er wies immer wieder darauf hin, dass die Zwiespältigkeiten nicht in Gott liegen, sondern in uns selbst, in unserer eigenen seelischen Struktur. Sie spielen sich in uns ab. Niemals dürfen wir sie in Gott hineinprojizieren.

      Zum Schluss noch ein Gedanke von Eli Wiesel, dem bedeutenden jüdischen Philosophen des 20. Jahrhunderts, der die Geschichte Abrahams und Isaaks als ein Modell der Leidensbewältigung für das jüdische Volk verstand. Er formulierte in etwas so, dass die Erzählung in ihrer Zeitlosigkeit von höchster Aktualität sei. Er meint: Wir kannten Juden, die – wie Abraham – ihre Söhne haben umkommen sehen im Namen dessen, der keinen Namen hat. Wir kannten Kinder, die – wie Isaak – dem Wahnsinn nahe, den Vater auf dem Altar haben sterben sehen in einem Feuermeer, das bis zum höchsten Himmel reichte. Als Identifikationsfigur für Verfolgte überdauert die Bindung Isaaks Jahrhunderte und sie umfasst die gesamte jüdische Geschichte. Als wandelten Abraham, Sara und Isaak noch auf der Erde.

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