Sophienlust Box 16 – Familienroman. Patricia Vandenberg

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Sophienlust Box 16 – Familienroman - Patricia Vandenberg Sophienlust Box

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gut, Nick. Dir ist immer alles andere wichtiger«, seufzte Pünktchen.

      Nick wurde einer Antwort enthoben, denn jetzt ertönte der Gong zum zweiten Mal. Eilig wuschen sich die beiden die Hände und erschienen danach am großen Esstisch, wo Tante Ma eben die Hände faltete, um das Tischgebet zu sprechen.

      *

      Josefa Klinger half Carola, die Zwillinge zu versorgen und schlafen zu legen. Dann bereiteten die beiden Frauen gemeinsam das Abendessen zu. Gerade als sie fertig waren, kam Wolfgang Rennert mit dem Wagen aus Bachenau zurück, wo er etwas zu erledigen gehabt hatte.

      »Hm, das duftet beinahe so gut wie bei Magda drüben in der Küche vom Herrenhaus«, stellte er schnuppernd fest.

      »Josi ist nicht nur eine gute Ärztin, sondern auch eine ausgezeichnete Köchin«, entgegnete Carola lachend. »Sie hat einen Käseauflauf gemacht. In fünf Minuten können wir essen.«

      »Herrlich. Sie könnten für immer und ewig bei uns bleiben, Frau Dr. Klinger«, meinte Wolfgang Rennert in bester Laune. »Wenn Carola Ihnen die Küche überließe, wäre die Arbeit tadellos aufgeteilt. Allerdings könnten wir Ihnen kein Gehalt zahlen«, scherzte er.

      »Ich würde auch keines nehmen, Herr Rennert«, erwiderte Josefa Klinger. »Mein Chefarzt hätte da im Übrigen auch noch ein Wörtchen mitzureden. Ich bin krankheitshalber beurlaubt, aber nicht frei, um bei Ihnen die Stelle einer Köchin anzunehmen, wenn ich das auch gern täte. Außerdem kann Ihre Frau selbst so gut kochen, dass das auch gar nicht nottut.«

      »Sie hätte dann aber mehr Zeit zum Malen. Ich habe nicht behauptet, dass sie nicht kochen kann«, wehrte sich Wolfgang Rennert.

      Carola Rennert war eine begabte Malerin, die ihre knappe Freizeit gern diesem schönen Hobby widmete und ihre Bilder auch gut verkaufte.

      »Es geht trotzdem nicht, denn ich habe nun mal den Beruf einer Ärztin und werde in der Klinik zurzeit von einer ausländischen Kollegin vertreten, die jedoch nur für eine begrenzte Zeit bleiben kann. Nicht, dass ich mich für unersetzlich hielte, aber ich liebe nun mal meinen Beruf.«

      »Schade«, seufzte Wolfgang Rennert. »Essen wir also den Käseauflauf.«

      Inzwischen hatte Carola aufgedeckt und das lecker duftende Gericht auf den Tisch gestellt. Dazu gab es einen bunten Salat, der einem Schlemmerlokal alle Ehre gemacht hätte.

      »Was hören Sie von Lexis Vater?«, erkundigte sich der Hauslehrer.

      Josefa spürte, dass ihre Wangen heiß wurden. Sie senkte den Blick auf ihren Teller, als sie antwortete: »Nicht viel. Er hat zwei Postkarten geschrieben. Offenbar ist es nicht leicht für ihn, sich freizumachen und sein Töchterchen zu besuchen, wie er es sich vorgenommen hatte.«

      »Als Pilot einer US-Fluglinie hat er sicherlich allerlei anderes im Kopf als ein Kind von fünf Jahren, von dessen Existenz er bisher keine Ahnung hatte«, mutmaßte Wolfgang Rennert. »Ein Glück, dass Lexi sich bei uns wohlfühlt und nichts entbehrt. Ihr Vater wird sie wahrscheinlich nach und nach vergessen, sodass unser Freund Nick endlich wieder einmal ein Kind haben wird, das für immer bei uns bleibt.«

      »Wie meinen Sie das?«, fragte Josefa etwas verständnislos.

      »Nick nimmt die Aufgabe von Sophienlust so ernst, dass er die Kinder, die zu uns kommen, nicht gern wieder hergibt – selbst dann nicht, wenn sich durch Adoption oder ähnliche Möglichkeiten ein wirkliches Glück für ein Kind ergibt. Sein einziger Trost ist dann meist nur eine Hochzeitsfeier hier in Sophienlust. Aber unser Flugkapitän wird kaum um seines Töchterchens willen eine Ehe eingehen. Jedenfalls hatte ich nicht den Eindruck von ihm. Er sieht blendend aus und hat all die vielen hübschen Stewardessen seiner Luftlinie, von den hübschen Fluggästen weiblichen Geschlechts ganz zu schweigen. Warum sollte er es um einer einzigen Frau willen, mit allen übrigen Frauen verderben? Ich finde, zwei Postkarten sind für solch einen Mann schon eine echte Leistung.«

      »Warum fällst du so ein summarisches Urteil? Er hat doch eben erst Lexis Mutter zu seiner Frau gemacht …«

      »… nachdem er sie zunächst mit dem Kind hat sitzenlassen«, vollendete Wolfgang Rennert trocken. »Mag sein, dass er nichts von dem Kind gewusst hat. Doch immerhin hat er sich der Mutter gegenüber nicht gerade wie ein Gentleman betragen. Oder bist du anderer Meinung, mein liebe kleine Carola?«

      »Wir kennen die genaue Vorgeschichte nicht und sollten nicht vorschnell urteilen. Vielleicht weiß Josi mehr.« Fragend sah Carola die junge Ärztin an.

      Doch Josefa Klinger schüttelte stumm den Kopf. Der Käseauflauf schmeckte ihr plötzlich nicht mehr.

      »Ärzte sind an die Schweigepflicht gebunden«, stellte Wolfgang Rennert fest. »Halten wir also den Daumen, dass der Herr Flugkapitän Lexi nicht vergisst, sondern in absehbarer Zeit eine hübsche Stewardess zu seiner Frau macht, die auch bereit ist, Lexi bei sich aufzunehmen. Aber das hört sich für mich wie ein schönes Märchen an, das niemals wahr werden wird. Macht nichts, dann bleibt Lexi eben bei uns. Es lässt sich leben in Sophienlust, nicht wahr, Carola? Du bist doch auch hergekommen, um niemals wieder fortzugehen.« Er küsste seiner geliebten Frau die Hand.

      »Vielleicht heiratet Nick oder Henrik die Kleine? Wer kann das heute wissen?«, sagte Josefa Klinger leise, um zu einem neuen Thema überzugehen.

      »Nick wird von Pünktchen mit Beschlag belegt. Ich weiß nicht, wie der Junge darüber denkt, aber für Pünktchen steht fest, dass sie einmal seine Frau sein wird«, wandte Carola ein. »Manchmal mache ich mir Sorgen wegen Pünktchen, denn sie hat sich in diesen Gedanken fest verrannt, viel zu fest für ein Kind von elf Jahren.«

      »Sie sind beide noch Kinder, doch vielleicht wird die Geschichte mit der hübschen Stewardess Wirklichkeit«, meinte Wolfgang Rennert lachend.

      Wenig später hoben sie die kleine, gemütliche Tafel auf. Josefa Klinger, die müde war, zog sich in ihr Zimmer zurück. Dort saß sie im bequemen Sessel und legte den Kopf gegen die Rückenlehne, um nachzudenken. Ohne ihr Zutun beschäftigten sich ihre Gedanken mit dem Flugkapitän Alexander Rethy.

      Hätte ich mich um Lexi gekümmert, wenn ich ihren Vater nicht gekannt hätte, fragte sie sich und fand keine Antwort darauf. Eines hatte sich aus dem anderen ergeben. Vivian von Stöcken, das Kind und der Flugkapitän waren gleichzeitig in ihr Leben getreten. Doch wenn sie ehrlich gegen sich selbst war, so musste sie sich eingestehen, dass manches für sie ein neues und anderes Aussehen gewonnen hatte, seit der Flugkapitän Alexander Rethy mit seinem Töchterchen an das Sterbebett Vivian von Stöckens gekommen war.

      Josefa Klinger schloss die Augen. Deutlich sah sie das sonnengebräunte Gesicht des großen Flugkapitäns vor sich. Ja, sie konnte sich vorstellen,

      dass die hübschen Stewardessen es auf einen solchen Mann abgesehen hatten! Wolfgang Rennert hatte kaum übertrieben.

      Die Ärztin seufzte. Bisher hatte sie nie ans Heiraten gedacht. Sie stammte aus Weißrussland und hatte früh beide Eltern verloren. Durch Stipendien war ihr das Studium ermöglicht worden, das sie trotzdem teilweise hatte selbst verdienen und erhungern müssen. Vielleicht hatte die Leberentzündung sie auch deshalb so besonders schwer mitgenommen. Sie jedoch, daran gewohnt, auf sich selbst nicht die geringste Rücksicht zu nehmen, hatte gemeint, dass sie das Gesundwerden erzwingen könne. Doch ihr Chef, ein erfahrener alter Arzt, hatte gerade noch zur rechten Zeit erkannt, dass sie im Begriff war, sich einen Schaden fürs ganze Leben zu erwerben. Er hatte ein Machtwort gesprochen und ihr einen längeren Urlaub verordnet, den sie nun bei ihrer Freundin Carola auf Sophienlust

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