Ohne Panzer Ohne Straßen. Franz Taut

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Ohne Panzer Ohne Straßen - Franz Taut Zeitzeugen

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näherte sich ein Zug gefangener Rotarmisten – die ersten Gefangenen. Sie trugen erdfarbene Uniformen. Mit ihren kahl geschorenen Schädeln, auf denen kleine, erdbraune Krätzchen saßen, wirkten sie wie gleichgeformte Wesen einer unheimlich fremden Welt.

      »Teufel sind das«, knurrte Faltermann verbissen.

      Der Hauptmann hörte es nicht. Er dachte an den Tag vor Epinal. An jenen Tag im Juni vor einem Jahr, kurz vor dem Waffenstillstand in Frankreich, als der Fähnrich Heise verwundet im Feuer der französischen Festungsartillerie gelegen hatte. Mit erlöschender Stimme hatte er die Position der feindlichen Geschütze und dann seine eigene Verwundung und den Tod seines Funkers gemeldet. Die Batterie hatte die feindliche Artillerie schließlich zum Schweigen gebracht. Sanitäter hatten Heise aus dem Trichter geborgen, in den er mit letzter Kraft gekrochen war. Das Tornister-Funkgerät, das er dem gefallenen Funker abgenommen hatte, war von Granatsplittern durchsiebt gewesen. Jetzt, beim ersten Sturmangriff des neuen Feldzuges, war der junge Heise, der beste B-Offizier des Regiments, vom Tod ereilt worden.

      Am Fuß des Hanges, der zu den vom Flammöl geschwärzten Bunkern anstieg, verließ der Hauptmann den Wagen.

      Der Funker Kranz kam dem Batteriechef entgegen. Pioniere und Infanterie hatten das Gefechtsfeld verlassen. Kampflos stießen sie ins Hinterland der im ersten Ansturm eroberten Befestigungslinie vor.

      Kranz führte den Hauptmann zu dem Toten. Er lag in einer Reihe mit den übrigen Gefallenen. Man hatte Zeltbahnen über sie gedeckt. Der Hauptmann schlug die Zeltbahn vom fahl wächsernen Gesicht seines Leutnants zurück. Die eingesunkenen Augen des Toten waren geschlossen.

      Faltermann kam hinzu. Sie trugen den Leutnant zum Wagen. Der Funker verstaute das Gerät. Der Hauptmann setzte sich neben den auf den Rücksitz gebetteten Toten. Er hielt den kraftlos pendelnden Kopf, wie um ihn vor den Erschütterungen der Fahrt über den holperigen Feldweg zu schützen.

      Spät am Abend erschien Hauptmann Kern unerwartet in der Feuerstellung der Batterie. Seine Miene war verschlossen.

      »Leutnant Heise ist tot«, sagte er zu Hohberg.

      »Wie ist das geschehen, Herr Hauptmann?«, fragte der Batterieoffizier bestürzt.

      Hauptmann Kern zuckte die Schultern.

      »Ja, wie ist das geschehen? Eine MG-Garbe, vermutlich die letzte, bevor die Russen den Kampf bei den Bunkern einstellten. Sie übernehmen fürs Erste die B-Stelle, Hohberg. Ich habe Heise zum Tross gebracht. Morgen früh werden wir ihn begraben.«

      Hauptmann Kern stieg wieder in seinen Wagen und fuhr ab.

      Hohberg übergab Wachtmeister Binder, dem Führer der Geschützstaffel, den Befehl über die Feuerstellung. Dann schickte er einen Melder zur nahen Protzenstellung, wo bei den Zugmaschinen sein Wagen stand.

      Eine Viertelstunde später befand er sich auf der Fahrt zur B-Stelle, die unterdessen auf einen mit Buschwerk bewachsenen Hügel zwei Kilometer jenseits der Bunkerlinie vorverlegt worden war.

      Bei Dunkelheit traf er dort ein, nachdem er unterwegs von Pionieren aufgehalten worden war. Die Pioniere waren dabei, Minen zu räumen, die, wie der Offizier erklärte, der die gefährliche Arbeit überwachte, von den Russen unbemerkt erst kurz zuvor eingegraben worden waren.

      Ruhig, verdächtig ruhig verging die Nacht. Nur im Nordosten flackerten Mündungsblitze von fernem Geschützfeuer. Knapp drei Kilometer vor der neuen B-Stelle hatte die Infanteriespitze angehalten. Dort fiel kein Schuss. Nur Leuchtkugeln stiegen von Zeit zu Zeit hoch und tauchten für Sekunden das Gelände in milchigen Schein.

      Es war die erste Nacht in Feindesland.

      Auch am Morgen ereignete sich nichts. Standen die Russen noch unter der Schockwirkung des Überraschungsangriffs und begannen sie erst jetzt, ihre Streitkräfte zu mobilisieren und zu gliedern?

      Am frühen Vormittag traf der Batteriechef, vom Tross kommend, ein. Leutnant Hohberg verließ die B-Stelle, um sich zurück zur Feuerstellung zu begeben. An einer Weggabelung in einem Jungwald winkten zwei Landser. Der Gefreite Anschütz, Hohbergs Fahrer, sah den Leutnant fragend an. Hohberg nickte.

      »Ja, halten Sie an!«

      Auf die Frage, was sie wollten, antwortete einer der beiden: »Nehmen Sie uns mit, Herr Leutnant? Wir sollen beim Kompanietross Ersatz für ein ausgefallenes MG holen.«

      »Die Mot-Truppen sind doch besser dran als wir Stoppelhopser«, sagte der andere, als sie einstiegen.

      Hohberg beugte sich zurück und reichte den beiden seine Zigarettenpackung.

      Der Jungwald blieb zurück. Der Weg senkte sich in einer Schleife der an dem Hang gestaffelt angelegten Bunkerlinie zu. Zur Linken neigte sich ein ausgedehntes Kornfeld, durch dessen hohe Halme der heiße Sommerwind wogend strich.

      Die Stirnwand eines der vom Flammöl schwarz gefärbten Bunker war schräg zur Straße gerichtet.

      Anschütz fuhr mit verminderter Geschwindigkeit um die abschüssige Kurve. Der Bunker kam näher. Etwa siebzig Meter waren es noch, als plötzlich aus den Schießscharten MG-Feuer und zugleich das trockene Bellen einer kleinkalibrigen Kanone schlug.

      Der Soldat, der hinter Hohberg saß, schrie auf. Im gleichen Augenblick, während das Feuer aus dem Bunker sich rasend verstärkte, riss Anschütz den schleudernden Wagen in scharfem Bogen herum. Der Wagen war offen, das Verdeck heruntergeklappt.

      »Raus!«, brüllte der Gefreite. Zugleich mit dem Landser, der den Sitz hinter dem Fahrer eingenommen hatte, hechtete Leutnant Hohberg über die Tür, kam, sich überschlagend, auf und warf sich mit einem Satz ins Getreide.

      Mit dem vornübergesunkenen Verwundeten, der nicht hatte springen können, steuerte Anschütz den Wagen im Zickzack den Hang hinauf. Kreischend schwirrten Geschosse. Die Windschutzscheibe zersplitterte, schrill kreischend streiften Querschläger das Blech der Karosserie. Anschütz hielt das Lenkrad fest umklammert. Nicht aufgeben!

      Der Verwundete auf dem Rücksitz schrie.

      »Sei doch still!«, brüllte Anschütz.

      Jetzt – die Höhe war erreicht. Noch zehn Meter! Anschütz brachte den Wagen zum Stehen und zündete sich mit zittrigen Fingern eine Zigarette an. Er sah sich um. Der verwundete Landser hing bewusstlos zwischen dem Sitz und der Vorderlehne. Auf der Fußmatte hatte sich eine Blutlache gebildet. Auch der Feldblusenärmel des Verwundeten färbte sich rot.

      Anschütz fuhr weiter. An der Wegegabelung im Jungwald hatte er zuvor ein Hinweisschild mit dem Rotkreuzzeichen gesehen.

      Leutnant Hohberg war unterdessen im Feuerhagel immer tiefer in das Kornfeld gerobbt, ständig darauf bedacht, dass die Halme sich nicht zu heftig bewegten. Wenig später tauchte neben ihm der Landser auf, der zu gleicher Zeit mit ihm aus dem Wagen gesprungen war. Dicht über ihnen pfiffen in rascher Folge die Geschossgarben der Feuerstöße aus dem Bunker. Die Kanone schwieg.

      Der Soldat hatte einen stark blutenden Streifschuss über dem linken Knie abbekommen. Im Liegen zog Hohberg ein Verbandspäckchen aus der Feldbluse und versorgte die Wunde. Sie krochen weiter, hielten an, wenn der Feuerhagel jäh zunahm, und setzten sich wieder in Bewegung, sobald der Beschuss etwas nachließ oder in anderer Richtung das Gelände abstreute, bis sie endlich eine Steilstufe erreichten, die volle Deckung bot, sodass sie sich aus ihrer verkrampften Haltung aufrichten und Atem holen konnten.

      »Was

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