Auf den Flügeln der Liebe. Barbara Cartland

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Auf den Flügeln der Liebe - Barbara Cartland Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland

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ich einen Vorschlag machen darf, Sir«, fuhr Lord Sheringham fort, »so halte ich es für ratsam, daß niemand außer Ihnen, Mr. Canning und den Kabinettsmitgliedern, die heute nachmittag hier waren, wissen, wohin ich fahre. Es wäre mir am liebsten, wenn Sie es auch nicht meiner Stiefmutter erzählten. Sie wissen, wie sehr ich Lady Morden schätze, aber Frauen klatschen nun einmal viel, weil sie sonst wenig zu tun haben.«

      »Ich werde ihr sagen, daß du in Norfolk bist«, sagte Lord Morden. »Aber wie steht es mit deinen Freunden, mein Junge, besonders mit den weiblichen?«

      »Denen werde ich genau dasselbe erzählen. Heute Abend wird ganz London bereits von Ihrer Härte und Strenge wissen. Ich werde Sie wegen Ihres Verhaltens beschimpfen und vielleicht sogar ein paar Tränen an einer weißen Schulter weinen. Und schon morgen könnte ich dann aufbrechen.«

      Lord Morden streckte seine Hand aus.

      »Danke, Armand.«

      »Im Gegenteil, Vater, ich habe Ihnen zu danken. Zum ersten Mal seit Monaten habe ich etwas zu tun, was mich wirklich interessiert.«

      »Willst du mir etwa erzählen«, fragte Lord Morden mit gespieltem Ernst, »daß dich all jene wunderschönen Damen, mit denen dein Name auf solch widerwärtige und bedauerliche Weise in Verbindung gebracht worden ist, nicht interessierten?«

      »Bis zu einem gewissen Punkt interessieren sie mich zwar«, sagte Lord Sheringham, »aber dieser Punkt, Sir, war immer gegen Morgen erreicht.«

      Lord Morden lachte, doch sein Blick, der auf dem hübschen Gesicht seines Sohnes ruhte, war traurig.

      Drei Tage später landete Monsieur Armand de Segury bei Tagesanbruch an der Küste Frankreichs. Die Matrosen, die ihn gemäß ihren Anweisungen ans Land ruderten, sprachen nicht, als er zum Abschied winkte.

      Sie beobachteten, wie er leichtfüßig vom Bug des Bootes auf den Sand sprang, und warteten, bis seine hohe Gestalt im Schatten der Klippen verschwunden war. Dann ruderten sie rasch zurück zu ihrem Schiff.

      Armand begab sich in aller Ruhe zu einem Dörfchen, das etwa eineinhalb Kilometer von der Küste entfernt lag. Zur Frühstückszeit schlenderte er in einen Gasthof, bestellte sich eine gute Mahlzeit und erzählte dem Gastwirt eine lange und komplizierte Geschichte.

      Seine Kutsche sei etwa fünfzehn Kilometer vom Dorf entfernt zusammengebrochen, er sei von einem Bauern auf dessen Wagen bis zum Dorf mitgenommen worden und jetzt brauche er ein Pferd, da er dringende Geschäfte in Rouen zu erledigen habe.

      Der Wirt glaubte ihm seine Geschichte ohne weiteres und erkundigte sich im ganzen Dorf und in der Umgegend nach Pferden, die zum Verkauf angeboten würden.

      Glücklicherweise war es leicht, ein Tier mit einem ganz passablen Stammbaum aufzutreiben. Der im Dorf ansässige Burgvogt, der durch die Revolution verarmt war, züchtete seit einiger Zeit Pferde, erhielt jedoch, wie er sagte, für seine Tiere nur selten einen vernünftigen Preis.

      Natürlich konnte er sie an die Armee verkaufen, aber die drückte den Preis bis auf den letzten Sou herab, wo er doch ohnehin schon oft beim Verkauf eines Pferdes ein Verlustgeschäft machte.

      Als er merkte, daß Armand reich genug war, um einen anständigen Preis zu zahlen, bemühte er sich beinahe rührend darum, es ihm recht zu machen.

      Nach kurzen Verhandlungen, die bei einer Flasche Wein endeten, setzte Armand seine Reise auf dem Rücken eines temperamentvollen schwarzen Hengstes fort.

      Es überraschte Armand nicht, daß das Land hier gut bestellt war, die Leute in den Dörfern einen zufriedenen Eindruck machten und die Kinder rotbackig und wohlgenährt waren. Die schändlichen Sansculotten und blutbefleckten Szenen auf Gillrays Karikaturen, die ganz England hatten schaudern lassen, waren durch saubere Straßen und ordentliche Bürger ersetzt worden.

      Die Frauen in den Dörfern, mit ihren roten Jacken aus leichtem Wollstoff, mit den Latzschürzen und den langen, flatternden Zipfeln an den weißen Hauben, hatten ein freundliches Wort für jeden, der die Märkte besuchte, um ihre leuchtend bemalten Eier zu kaufen.

      Sie klapperten mit ihren Holzschuhen mit scharlachroten Troddeln fröhlich über die Pflastersteine, und in den Gasthöfen servierten sie duftenden Kaffee, schaumige, gelbe Omeletts und lange, knusprige Brötchen mit der ihnen eigenen Geschicklichkeit.

      In den Provinzstädten jedoch sah es ganz anders aus. Hier bekam man bereits die Härte des Wirtschaftskrieges, den Napoleon angefangen hatte, zu spüren. Für Tausende von französischen Staatsbürgern bedeutete er den Ruin. Es gab keinen Absatzmarkt für überschüssige Produktionen, die Steuern stiegen in zerschmetternde Höhen, während der Konsum sank; die Scharen hungernder Bettler wurden von Tag zu Tag größer.

      Den passenden Hintergrund bildeten die Schlösser, Burgen und Landsitze, die während der Revolution zerstört worden waren, die geplünderten und verlassenen Kirchen, die entweihten Grabstätten und zerschlagenen Altäre.

      Nur auf den Feldern, von denen die jungen Männer zwangsweise zum Heeresdienst eingezogen worden waren, gab es noch Vollbeschäftigung. Hier, wenn auch nirgendwo anders, wurden die Jahre der Vernachlässigung und Zerstörung rasch wieder aufgeholt.

      Armand hatte es nicht eilig, nach Paris zu gelangen. Er war sich der Risiken und Schwierigkeiten, die ihm bevorstanden, und der Tatsache, daß er hier in Frankreich ein gefährliches Spiel spielte, wohl bewußt.

      Er dachte an die Geschichte, die einer der Würdenträger an der Universität oft erzählte: dieser hatte einmal versucht, nach Mekka zu gelangen, indem er vorgab, ein arabischer Pilger zu sein.

      »Die wichtigste Kunst der Tarnung«, pflegte er den aufmerksamen Studenten zu sagen, »ist es, in der Sprache, derer man sich bedient, zu denken.«

      Armand hatte jene Worte nie vergessen, und während er nun durch Frankreich ritt, übte er sich darin, nur noch Französisch zu denken, was ihm natürlich leichter fiel als anderen Leuten.

      Seine Mutter hatte, als er noch klein war, Französisch mit ihm gesprochen; seine allerersten Worte als Kleinkind waren sogar eine Mischung aus Französisch und Englisch gewesen. Wenn er und seine Mutter zusammen waren, hatten sie immer Französisch geredet, und oft hatte sie liebevoll zu ihm gesagt: »Du mußt auch mein Sohn sein, nicht nur der deines Vaters. Dein Vater kann dir sehr viel geben - deine Stellung, deinen Titel, den großen Reichtum, den du eines Tages erben wirst -, aber auch ich kann dir etwas Wertvolles geben. Ich kann dich das Geheimnis eines ausgefüllten Lebens lehren, kann dir die Kunst beibringen, über dich selbst zu lachen, und ich kann dir von der Freude und dem Schmerz des Liebens erzählen.«

      Er erinnerte sich daran, wie sie in solchen Momenten den Kopf in den Nacken warf und ihr ganzer Körper sich ein wenig bog, als fühlte sie eine tiefe Sehnsucht, wenn sie ausrief: »Tiens! Aber diese Engländer! Sie wissen nicht, wie man liebt! Wenn du älter bist, Armand, werde ich dir eine Menge darüber erzählen!«

      Als er jedoch alt genug war, um derartige Dinge zu verstehen, war sie nicht mehr da. Seine faszinierende, bewundernswerte, kleine französische Mutter starb, als er gerade siebzehn geworden war.

      Nur zu lebendig erinnerte er sich noch des Schocks, den er erlitt, als er von ihrem Tod erfuhr. Er wußte noch, daß er auf eine Schale mit Frühlingsblumen im Salon - dem Zimmer, das ganz besonders ihr gehört hatte - gestarrt und dabei gedacht hatte, daß auch sie sterben würden, daß auch ihre Schönheit vergehen würde, genau wie die seiner Mutter.

      Er

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