Auf den Flügeln der Liebe. Barbara Cartland
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Auf den Flügeln der Liebe - Barbara Cartland страница 7
Seine Stimme war ganz leise, und obwohl sie ihn plötzlich angsterfüllt ansah, rührte sie sich nicht vom Fleck. Beide waren sich einer geheimen Kraft bewußt, die sie zueinander hinzog, einer Art Magnetismus, der sie durchströmte und alles fremd und doch sprühend vor Leben erscheinen ließ. Dieser Strom verwandelte ihre Worte und erfüllte sie mit Erregung und einem nie gekannten Zauber.
Einen Augenblick lang konnte keiner von beiden sich bewegen. Sie standen wie angewurzelt da, sahen einander an, ihre Blicke aneinandergeheftet wie durch eine Macht, die stärker als ihr eigener Wille und ihre Gedanken war.
Armand spürte, daß sein Herz heftig schlug. An dem weißen Hals des Mädchens sah er das Pochen ihres Pulses und wußte, daß sie den Atem schnell und heftig zwischen ihren geöffneten Lippen ausstieß.
Nun fragte sie flüsternd: »Wer sind Sie?«
Es kostete ihn große Mühe, auf den Boden der Wirklichkeit zurückzukehren.
»Ich bin Armand de Segury«, antwortete er, »und bin auf der Reise von der Normandie, meiner Heimat, nach Paris.«
»Armand de Segury«, wiederholte sie. »Wie merkwürdig! Der Name meines Bruders ist ebenfalls Armand, und ich erwarte seine Ankunft.«
»Heute Abend? Jetzt?« fragte Armand nur zu dem einen Zweck, die Unterhaltung fortzusetzen.
Was spielte es schon für eine Rolle, was sie laut sagten, wenn ihre Herzen doch eine ganz andere Sprache sprachen?
»Heute Abend, morgen oder, wie Sie sagen, vielleicht auch jetzt! Wer weiß? Er kommt von weit her und hätte eigentlich schon vor ein paar Tagen hier eintreffen sollen. Aber das interessiert Sie gewiß nicht, mein Herr! Ich habe es auch nur erwähnt, weil Sie zufällig denselben Namen tragen wir er.«
»Doch, es interessiert mich sogar sehr«, entgegnete Armand.
»Warum?«
Die Frage war ziemlich naiv. Er antwortete lächelnd: »Möchten Sie wirklich die Antwort darauf hören?«
Wieder errötete sie. Dann schien sie sich mühsam an die Regeln des Anstands zu erinnern und sagte: »Ich muß ins Haus zurück. Es ist schon spät.«
»Ich bitte Sie, mich nicht allein zu lassen!« Seine Worte waren impulsiv, eindringlich.
»Aber ich muß gehen! Auf Wiedersehen, Monsieur!«
Sie streckte die Hand aus, doch statt sie, der Etikette entsprechend, zu küssen, nahm er sie in seine beiden Hände und hielt sie fest.
»Manchmal geschehen Dinge im Leben«, sagte er, »die so außergewöhnlich sind, wie man sie sich niemals erträumt hätte. Es gibt Momente, die einzigartig sind - wundervolle Momente, wie vom Himmel gesandt. Wir wären wirklich töricht, wollten wir solche Momente, solche Ereignisse ignorieren, oder wollten wir sie als alltäglich abtun. Heute Abend ist mir ein Wunder widerfahren. Als ich dort drüben den Wald betrat, war ich ein ganz anderer Mensch, als ich es jetzt, in diesem Augenblick, bin. Können Sie mich jetzt verlassen und von mir erwarten, nach Paris zu fahren, als wäre nichts geschehen?«
Er spürte, daß ihre Finger in seinen Händen zitterten, doch er ließ ihre Hand nicht los.
»Ihre Reise ist zweifellos wichtig, mein Herr.«
»Nichts ist wichtiger, als daß wir uns wiedersehen.«
»Aber das ist unmöglich!«
»Warum?«
Sie zögerte.
»Es gibt so viele Gründe, die dagegen sprechen«, meinte sie schließlich. »Sie sind ein Fremder, ich kenne Sie nicht! Wenn ich Ihnen gestattete, mir einen kurzen Besuch abzustatten, wie sollte ich dann Ihre Bekanntschaft erklären? Meine Großtante, die auch meine Anstandsdame ist, würde Fragen stellen. Außerdem erwarten wir meinen Bruder.«
»So viele Ausreden«, murmelte Armand, »und doch würde ich ohne Eitelkeit, in aller Bescheidenheit, schwören, daß Sie mich ebenso sehr wiedersehen möchten, wie ich Sie.«
Sie blickte zu ihm auf, und ihre Widerrede erstarb ihr auf den Lippen.
Sie spürte nur zu gut diese unerklärliche Anziehungskraft zwischen ihnen beiden, dieses prickelnde Gefühl, das sich wie Feuer von seinen Fingern auf sie übertrug und in ihrem ganzen Körper ausbreitete.
Sie hatte das Gefühl, als zöge er sie unbarmherzig näher zu sich heran, und von plötzlicher Panik ergriffen, riß sie ihre Hand los und wandte das Gesicht ab.
»Bitte gehen Sie!« flehte sie.
Armand sank auf die Knie, faßte erneut ihre Hand und drückte seine Lippen darauf.
»Ich werde morgen Abend wiederkommen und warten«, sagte er leise. »Wenn Sie nicht hier sind, werde ich wissen, daß dies alles nur ein Traum war.«
Er stand auf und eilte den gleichen Weg hinab, auf dem er zum Tempel gekommen war, ohne sich noch einmal umzusehen.
Erst als er das Ende des Sees erreicht und den Pfad fand, der durch den Wald zur Mauer führte, wandte er sich um. Doch sie war fort!
Der Tempel stand im Schein des Mondes leer und verlassen da.
Als Armand den Gasthof betrat, fand er den Wirt vor, der, mühsam ein Gähnen unterdrückend, auf ihn wartete.
»Wer lebt auf dem Grundstück auf der anderen Seite des Dorfes?« erkundigte sich Armand.
»Es ist der Familie de Valmont zurückgegeben worden«, antwortete der Wirt und fügte hinzu: »Oder denen, die noch davon übrig sind!«
»Haben sie es in den Jahren des Terrors verloren?«
Der Wirt nickte.
»Der Graf starb unter der Guillotine. Ich behaupte ja nicht, daß ihm nichts vorzuwerfen war, aber er war trotzdem kein schlechter Herr. Doch er mußte sterben, wie die meisten der verdammten Adligen in dieser Gegend. Aber der Kaiser, der ja ein gerechter Mann ist, hat der Tochter des Grafen, der Comtesse Rêve, den Grundbesitz zurückgegeben. Sie lebt dort mit ihrer Tante, der alten Herzogin.«
»Und der Sohn der Familie?« fragte Armand.
Der Wirt sah ihn überrascht an.
»Sohn? Es gibt keinen Sohn, soweit ich weiß! Der Graf und die Gräfin hatten nur ein einziges Kind, und sie lebt jetzt dort im Château, wie Sie selbst sehen können, falls Sie morgen auf Ihrem Weg nach Paris dort einen kurzen Besuch abstatten wollen.«
»Ich werde es mir überlegen«, entgegnete Armand in gleichgültigem Ton. »Übrigens breche ich morgen noch nicht nach Paris auf. Mein Pferd hat Ruhe nötig, und ich auch. Ich werde noch eine Nacht hierbleiben.«
Der Wirt wurde augenblicklich unterwürfig.
»Aber gewiß doch, Monsieur. Es ist mir eine Ehre, Monsieur. Wenn Monsieur mir morgen früh seine Lieblingsspeisen mitteilen möchten, wird meine Frau ein Essen zubereiten, das sogar dem Kaiser munden würde.«
Lange bevor der Wirt zu reden aufhörte, war Armand bereits die halbe