Mami Bestseller Staffel 3 – Familienroman. Jutta von Kampen
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»Wiederseh’n, Opa!«
Der Blick des alten Herrn kam von weither. »Ach so, ja. Wollt ihr schon gehen? Besucht mich wieder einmal.«
»Na klar! Morgen bestimmt!« sagte Veronika.
Der Alte lächelte geistesabwesend.
*
Die Luft nach dem Gewitter war herrlich aromatisch. Alles sah aus wie frisch geputzt. Nur die Tauber war nach dem Platzregen aufgewühlt und schmutzig. Lehmbraun gurgelte das Wasser über die großen Steine.
Als Urte die Stadt erreichte, trugen sie ihre Füße wie von selbst in die Richtung des Folterkellers. Ein glückliches Lächeln stahl sich um ihre Lippen. Sie wollte noch einmal die glücklichen Stunden nachempfinden und vielleicht eine Tasse Kaffee im kleinen Hotel Adam trinken.
Sie bog in die enge Straße ein. Dem Hotel gegenüber stand eine alte verwitterte Kutsche, in der unzählige Blumen blühten. Petunien flatterten im leichten Wind wie Schmetterlinge auf und nieder.
Plötzlich stockte Urtes Fuß. War das nicht Hans-Günthers Stimme? Ihr Herz holperte. Am Eingang des Hotels stand eine Frau, haselnußbraun das Haar, sonnenbraun die Haut, von der eine tiefdekolletierte Bluse eine Menge sehen ließ. Sie stand da in gezierter Haltung, in der Hand ein Veilchensträußchen, den süß-kindlichen Schmollmund ein wenig geöffnet.
Das alles nahm Urte innerhalb einer Sekunde undeutlich wahr. Dann hörte sie wieder die bekannte Stimme: »Nein, meine Süße, das geht wirklich nicht! Ein bißchen natürlicher, bitte!«
Und dann tauchte H.G.B. auf, und Urtes Herz begann zu rasen.
Das Mädchen mit dem Schmollmund aber hob den Veilchenstrauß an die Lippen und dann dem jungen Mann entgegen. Sie himmelte H.G.B. auf eine Weise an, daß Urte übel wurde. Sie drehte sich auf dem Absatz um und rannte wie gejagt davon.
Er ist ein Schuft! Er ist eben doch ein Schuft! Ihre Absätze hämmerten aufs Straßenpflaster.
Endlich, als sie völlig außer Atem war, verlangsamte sie den Lauf.
Mir hat er erzählt, er sei heute in München! Damit ich ihn nicht bei seinem Rendezvous störe! Urte zerbiß ihre Lippen. Der körperliche Schmerz tat ihr gut.
Ich bin eine dumme leichtgläubige Gans!
Sie warf den Kopf in den Nacken und stieß mit der Schuhspitze nach einem Stein, der im Weg lag. Er prallte an der Hauswand ab und traf ihr Schienbein.
Der Schmerz trieb ihr die Tränen in die Augen. Oder war es nicht nur der körperliche Schmerz? Sie fuhr sich sehr energisch über die Augen. – Ich werde wegen diesem Don Juan doch keine Tränen vergießen!
Ein Auto bremste scharf neben ihr. Erschrocken sprang sie zur Seite. Dann sah sie sein lachendes Gesicht. H.G.B. lachte wie ein Lausbub über den gelungenen Streich. Urte war so verblüfft und wütend, daß ihr nichts weiter einfiel, als den Kopf erneut in den Nacken zu werfen und weiter zu gehen.
»Hallo, Urte, was ist denn mit dir los?«
Sie drehte sich nicht um. Stur setzte sie den Weg fort. Sie wollte nicht mehr mit ihm reden! Sie fühlte sich entsetzlich erniedrigt.
Hans-Günther Buss war wieder gestartet, und das Auto rollte im Schrittempo neben ihr her. »Willst du mir nicht wenigstens sagen, was los ist?« hörte sie die drängende Stimme des Mannes.
Wut stieg in ihr hoch. »Geh zum Teufel und zu deinen Haremsdamen!« stieß sie hervor.
H.G.B. sah sie verdutzt an, dann grinste er verstehend. »Ach so, du hast mich gesehen. Eine Schwarze, eine Braune – aber nun fehlt mir dringend eine Blonde!«
Urte sah geradeaus und schwieg verbissen.
»Ich stelle mit Entzücken fest, daß du eifersüchtig bist, Mädchen! Aber nun ist es genug! Sei nicht albern. Das gehört nun mal zu meinem Beruf; ich kann es nicht vermeiden, mit diesen Damen umzugehen.«
Schweigen.
»Urte, ich habe mich etwas beeilt und bin heute schon wieder zu dir zurückgekommen!« Seine Stimme klang weich.
Urte streifte ihn mit einem Seitenblick. »Du warst in München?«
»Aber sicher! Ich habe dieses Mädchen doch erst geholt. Aber sie ist kein Flirt von mir, glaub mir doch!«
»Sie hat dich angehimmelt, daß mir übel wurde!« erwiderte Urte heftig.
H.G.B. lachte leise. »Du mußt zugeben, daß ich mich dagegen schlecht zur Wehr setzen kann!«
Urte schwieg wieder verbissen.
»Sei nicht albern, und steig ein – zum Kuckuck!« Urte blickte zur Seite und stutzte. Auf dem hinteren Sitz des offenen Sportwagens bewegte sich etwas Kleines, Goldbraunes. Es saß in einem Käfig und mümmelte an einer Mohrrübe.
»Aber das ist ja ein Goldhamster!« rief sie verblüfft.
»Der Beweis, daß ich in München war und trotz aller Hetze an dich gedacht habe!«
Urte fühlte sich beschämt. »Das..., das finde ich aber wirklich reizend.«
H.G.B. grinste. »So bin ich eben: reizend!«
Urte stieg ein. »Manchmal aber schon ein bißchen aufreizend!«
»Du auch, mein Goldkind, du auch!« Er küßte sie, bis ihr die Luft ausging und sie ihre kleinen Fäuste gegen seine Brust stemmte.
»Das war die Strafe!« erklärte er und startete mit einem Ruck, der Urte in die Lederpolster warf.
»Na, das ist ja wohl das letzte! Strafe – wofür?«
»Daß du an meiner Lauterkeit gezweifelt hast!«
Er unterstrich die Worte mit einer großen Geste.
Urte mußte gegen ihren Willen lachen.
»Weißt du, es ist schwer, dir wirklich böse zu sein. Und das ist gefährlich. Ich glaube, mit deinem Charme streust du allen Frauen Sand in die Augen.«
»Man tut, was man kann, um in einem Stall voller Wildkatzen und Schlangen nicht ununterbrochen als Dompteur fungieren zu müssen. Glaube mir, es ist manchmal nicht ganz einfach mit den Weibern!« Er seufzte komisch.
»Jetzt soll ich dich vielleicht auch noch bedauern?« Der empörte Tonfall gelang Urte nicht recht.
H.G.B. hielt ihr die Wange hin. »Bitte, streichle mich ein bißchen. Diesen Vorzug räume ich nur dir ein.« Er sagte es seltsam ernst.
Urte legte ihre Hand an seine Wange. Er drehte rasch den Kopf und küßte die Innenfläche. Dann stoppte er den Wagen vor dem »Oberen Felsenkeller«.
Veronika kam angerannt. Ihr Blick fiel auf den Passagier im Fond und ihre Augen wurden groß wie Stiefmütterchen.
»Das ist ja ein Goldhamster!«
»Er