Mami Bestseller Staffel 3 – Familienroman. Jutta von Kampen
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Читать онлайн книгу Mami Bestseller Staffel 3 – Familienroman - Jutta von Kampen страница 20
»Ich bin gekommen, um dich zu holen, Ika! Aber ich muß natürlich zuerst mit der Wirtin sprechen. Ist sie da?«
Veronika brachte kein Wort über die Lippen. Sie nickte stumm und wies auf das Haus.
»Lauf nicht fort!« mahnte die Kindergärtnerin. »Wir fahren gleich ab!« Sie betrat die Gaststube. Wenige Augenblicke später erschien die Wirtin. »Grüß Gott.«
»Grüß Gott. Ich bin gekommen, um Veronika abzuholen. Ich bin Kindergärtnerin im Haus ›Alpenblick‹.«
»Na, das ist aber eine Überraschung. Da muß ich mich erst einmal setzen.« Die Wirtin sank auf den nächsten Stuhl. »Darum also Ikas Abneigung gegen das Kinderheim! Die Kleine kam in Panik, wenn wir sagten, daß sie vielleicht in ein Heim müßte.«
»Sie haben das Kind sicher sehr verwöhnt«, bemerkte die Kindergärtnerin kühl.
»Ika hat von einer Tante Anni erzählt. Aber viel mehr brachten wir aus ihr nicht heraus. Wir haben immer herumgerätselt, wo sie wohl hergekommen ist.«
»Sehen Sie, Frau Eckstein, das ist auch der Grund, warum Veronika nicht in eine private Pflegestelle vermittelt werden kann. Sie ist ein bißchen…, na, sagen wir einmal, sie ist ein bißchen zurückgeblieben.« Die Kindergärtnerin sah die Wirtin bedeutungsvoll an. »Sie verstehen, was ich meine?«
»Sie meinen, die Kleine ist ein bißchen blöd?« fragte die Wirtin empört. »Davon ist mir aber bisher noch nichts aufgefallen!«
»So? Aber mit fünf Jahren müßte ein Kind die notwendigen Antworten über seine Herkunft eigentlich machen können!«
Der Wirtin kam ein Gedanke. »Wenn ich mir vorstelle, wieviel Angst das Kind vor dem Heim hatte, möchte ich beinahe glauben, daß sie absichtlich nichts gesagt hat!«
Die Kindergärtnerin richtete sich steif auf.
»Es ist dem Kind bei uns kein Unrecht geschehen!« erklärte sie sichtlich verschnupft. »Und es wird ihr auch jetzt niemand etwas tun, obwohl Veronika uns eine Menge Scherereien gemacht hat.«
Die Wirtin warf der Frau einen mißtrauischen Blick zu. »Das ist ja alles ganz schön. Aber irgend etwas muß das Kind doch so verstört haben.«
»Es hat sie nichts verstört! Veronika ist von Natur aus so!«
»Wir fanden das Kind alle sehr liebenswert. Wir haben sogar schon in Erwägung gezogen, es bei uns zu behalten.«
»So, das ist sehr liebenswürdig von Ihnen, aber ich glaube nicht, daß Sie die Genehmigung dazu bekommen. Eben aus dem bereits genannten Grund. Wenn es Ihnen ernst ist, versuchen Sie es. Das Jugendamt wird darüber entscheiden müssen. Jetzt nehme ich das Kind auf jeden Fall erst einmal mit!«
»Ach du liebe Zeit, wird das ein Theater geben!« prophezeite die Wirtin.
»Überhaupt nicht! Ich habe Veronika bereits getroffen und es ihr gesagt. Sie hat überhaupt nicht reagiert – wie immer. Sie ist ziemlich stupid.«
»Ich kann kaum glauben, daß wir das gleiche Kind meinen. Hier war Ika sehr aufgeschlossen und fröhlich und sehr leicht zu lenken.«
Die Kindergärtnerin musterte Frau Eckstein kühl. »Sie können das nicht so beurteilen. Ein Kinderpsychologe muß darüber entscheiden!«
»Ein Kinderpsychologe, du liebe Güte, was für ein Theater! Ich werde doch merken, wie ein Kind ist! Jedenfalls ist Ika völlig normal! – Na, wenn es also nicht anders geht, greifen Sie sich die Kleine. Ich will aber nicht dabei sein. Der Jammer bricht mir das Herz. Ich hole inzwischen noch das Kleidchen, das sie anhatte, als sie kam.«
Die Kindergärtnerin trat wieder vor die Tür, sah sich um und rief: »Veronika!«
Nichts rührte sich. Der Platz, an dem Veronika gespielt hatte, war leer. Nur der Käfig mit dem Goldhamster stand verlassen im Sand.
Die Wirtin erschien in der Haustür. »Haben Sie das Kind schon ins Auto verfrachtet?«
»Ich kann sie nirgends entdecken«, erwiderte die Kindergärtnerin ratlos.
»Da haben wir’s! Sie ist fortgelaufen, weil sie so große Angst hatte! Als ob ich mir das nicht schon gedacht hätte!«
»Wo könnte sie denn sein?« fragte die Kindergärtnerin kleinlaut.
»Keine Ahnung.« Die Wirtin hob die Schultern, obwohl ihr natürlich sofort der Professor im Toppler-Schlößchen einfiel. Aber sie wollte dem Kind eine Chance geben. Vielleicht konnte man inzwischen beim Jugendamt vorstellig werden und dem kleinen Mädchen eine Rückführung ins Heim ersparen.
»Ich möchte annehmen, daß Ika hier nicht wieder auftaucht, solange Sie noch hier sind.«
»Und es würde Ihnen nichts ausmachen, Veronika noch einen Tag zu behalten?« fragte die Kindergärtnerin mit einem erzwungenen Lächeln.
»Ich habe schon gesagt, uns stört die Kleine nicht. Wir haben sie ins Herz geschlossen. Da machen Sie sich nur keine Sorgen!«
»Was bleibt mir anderes übrig, als erst einmal wieder zu gehen? Auf diese Weise kommen wir sicher am ehesten ans Ziel. Vielleicht hat das Kind sich irgendwo versteckt und wartet nur darauf, daß ich abfahre. Ich frage später noch einmal nach.« Sichtlich verärgert stieg die Kindergärtnerin ins Auto.
Die Wirtin stand noch einen Moment in der Haustür und sah dem Wagen nach. Sie überlegte gerade, ob sie zum Professor gehen sollte, um sich nach Veronika zu erkundigen – da entdeckte sie Urte Söhrens auf dem Weg.
»Ach, Fräulein Söhrens, gut, daß Sie kommen! Eben war eine Kindergärtnerin hier, die Ika abholen wollte! Stellen Sie sich vor, die Kleine ist doch aus dem Heim! Und die Kindergärtnerin tat so, als sei die Kleine ein bißchen dumm! Na, ich habe ihr was erzählt, dieser Tante Anni!«
Dies alles sprudelte die Wirtin in einem Atemzug heraus. In ihrer Aufregung bemerkte sie gar nicht, wie verstört das blonde Mädchen wirkte.
»Ika ist also fort?« fragte Urte. Gemischte Gefühle hatten sie beim Bericht der Wirtin bewegt. Wenn das Kind fort war, hielt sie hier ganz bestimmt nichts mehr!
»Ja, sie ist fort! Woher wissen Sie das?« fragte die Wirtin verblüfft.
»Aber Frau Eckstein, Sie haben es mir doch eben selber gesagt. Die Kindergärtnerin hat Ika geholt und…«
»Nein, eben nicht! Die Kleine ist nämlich vorher ausgerissen! Ich denke mir, sie wird beim Herrn Professor sein. Was meinen Sie? Ich wollte dem armen Hascherl wenigstens eine Galgenfrist gönnen.« Plötzlich wurde die Wirtin aufmerksam. »Sie sind so blaß, Fräulein Söhrens! Ist Ihnen nicht gut?«
»Ach, ein bißchen Kopfschmerzen.« Urte wich dem forschenden Blick aus. »Dann werde ich nachsehen, ob ich Ika bei Herrn Professor Buss finde.«
»Lieber nicht! Besser, wir wissen gar nicht, wo die Kleine ist. Sollte die Kindergärtnerin noch einmal auftauchen, brauchen wir wenigstens nicht