Mami Staffel 12 – Familienroman. Sina Holl

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Mami Staffel 12 – Familienroman - Sina Holl Mami Staffel

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aufgerichtet, in einem weißen Kleid, schmal in der Taille, nach unten hin weitfallend, und sah ihnen entgegen.

      »Ist sie das?« wisperte Angela. Ihr Papa nickte nur.

      »Willkommen«, sagte Ariane, als sie bei ihr waren. Sie gab Gerhard die Hand, nahm die Blumen, die er ihr in einer Klarsichthülle überreichte. »Wie schön sie sind, danke.«

      Dann richtete sie den Blick auf das Kind. Dieses kleine Mädchen, den Kopf in den Nacken gelegt, die Augen weit und erwartungsvoll zu ihr aufgeschlagen, die zarten Wangen gerötet.

      Brennendheiß drängte es sich Ariane plötzlich gegen die Lider. Sie hatte nicht umsonst Angst vor dieser Begegnung gehabt. So groß wäre ihre Janine jetzt auch, wenn sie hätte leben dürfen.

      »Guten Tag, Angela«, sagte sie, dabei berührte sie nur die Schulter des Kindes, nahm schnell den Blick von ihm.

      Sie hatte lange nicht mehr geweint. Irgendwann waren ihr die Tränen versiegt. Sie sah auf die Rosen.

      »Guten Tag«, sagte Angela artig. Aber die Frau sah sie schon nicht mehr an. Angela nahm den Teddybär wieder fester an sich.

      »Kommt herein.« Ariane machte eine einladende Handbewegung. »Meine Eltern sind heute nicht da«, erklärte sie im Plauderton, als sie die Treppe hinaufgingen, »sie machen einen Besuch bei Freunden. Unser Mädchen hat Ausgang, wir sind allein im Haus.«

      Der Tisch war schon gedeckt.

      Ariane bot Platz an, sie versorgte die Blumen, in einer Kristallvase stellte sie sie auf eine mit Intarsien verzierte Kommode.

      Stumm und beeindruckt sah Angela sich um. Sie fand es sehr schön hier. So groß, ja, das Zimmer kam ihr so groß vor wie Opas ganze Wohnung, und so hohe Fenster hatte es, und… und… Es gab viel zu bestaunen.

      Sie tranken Kaffee, Angela bekam Schokolade, Ariane reichte kleine Törtchen dazu. Sie hatte sich wieder gefaßt, war gewandt und liebenswürdig bei leichter Konversation. Sie erzählte von dem Besuch bei ihrer Tante, der Inhaberin des Kunstsalons, »wo Sie sich zweimal so hilfsbereit gezeigt haben, Gerhard«, lächelte sie dem Gast zu.

      »Zweimal?« stutzte er.

      »Ja, zuerst bei den Amerikanern, die ich nicht recht verstand. Erinnern Sie sich nicht?«

      »Wir waren auch in Amerika«, warf Angela schüchtern ein.

      »Ich weiß«, sagte Ariane freundlich. »Aber jetzt bist du doch auch gern hier, ja?« Das Kind nickte stumm.

      Etwas später zeigte sie Gerhard die anderen Räume, Angela, an seiner Hand kam mit. Alles war sehr komfortabel, zu beiden Schlafzimmern gehörte je ein Bad. »Und dieses Zimmer wäre dann für Angela«, erklärte Ariane, die nächste Tür öffnend. »Wir werden kindgerechte Möbel hineinstellen, die darf sie mit aussuchen.«

      »Sollen wir hier wohnen«, staunte das Kind, das dies alles noch nicht recht begriff.

      »Würden Sie sich hier wohl fühlen können«, wandte sich Ariane an Gerhard. »Sie haben nun gesehen, daß jeder genug Raum für sich haben wird.«

      »Ja«, sagte Gerhard, hinter dessen Stirn sich viele Gedanken bewegten. War dies nicht in der Tat eine sonderbare Wohnungsbesichtigung? Sich vorzustellen, daß er mit Ariane hier leben sollte, die es nicht weiter zu berühren schien. Sie führte ihn herum wie einen Gast, der für eine gewisse Zeit hier Wohnrecht haben sollte.

      Wieder zurück im Wohnzimmer, läutete das Telefon. »Entschuldigung –« Ariane griff nach dem Hörer. »Danegger.«

      Gerhad bemerkte, wie ihr Gesicht sich belebte, als sie überrascht sagte: »Andreas! Daß du dich wieder einmal meldest… Ja, ich weiß, du bist viel unterwegs… Wie soll es mir schon gehen, Andreas…«

      Gerhard sprach leise mit seinem Töchterchen. Es war immer etwas peinlich, wenn man dem Gespräch eines anderen unfreiwillig zuhören mußte. Angela flüsterte nur. »Bleiben wir dann nicht mehr bei der Oma?«

      »Vorläufig schon noch, Angela…«

      Er vernahm, wie Ariane abschließend sagte: »Morgen abend, ja, natürlich paßt es mir. Ich erwarte dich, komm nicht so spät. Bis dann, auf Wiedersehen, Andreas.«

      Nachdem sie den Hörer aufgelegt hatte, blieb sie noch sekundenlang abwesend und sah auf den Apparat. Als sie aufblickte, schien es, als müsse sie sich erst besinnen, daß sie nicht allein war.

      Sie gab keine Erklärung ab, zwang sich zu einem Lächeln.

      »Gehen wir doch noch in den Garten«, schlug sie vor. »Wir haben da einen kleinen Teich mit Goldfischen darin, hinter den Blumenbeeten.«

      »Ich weiß. Ich kenne den Garten«, sagte Gerhard.

      »Ach ja, Sie haben es mir erzählt. Das ist lange her, nicht wahr. Aber es hat sich nichts verändert.«

      Mit ihrem leichten Gang schritt sie vor ihnen auf dem Weg zwischen den grünen Rasenflächen.

      »Wo sind denn die Fische?« fragte Angela neugierig.

      »Dort, wo auch eine Bank steht«, antwortete Ariane, »nur ein paar Meter weiter.«

      »Das Wasser blüht ja!« rief das Kind verwundert aus, als sie angelangt waren. Es waren Seerosen. Nie zuvor hatte Angela dergleichen gesehen. Die Fischlein entdeckte sie erst später, wie sie, goldglänzend, unter den Wasserpflanzen hin und her huschten. Das gefiel ihr, sie hockte sich davor nieder. Gerhard und Ariane nahmen auf der Bank Platz.

      »Man könnte für Angela eine Schaukel anbringen«, überlegte Ariane laut. »Als ich klein war, hatte ich meinen Spaß daran. Es kamen Freundinnen, wir durften hier herumtoben. Die Schaukel könnte sogar noch im Keller sein.«

      »Es ist lieb von Ihnen, daß Sie sich Gedanken darum machen,

      Ariane.«

      Sie senkte den Kopf. »Angela soll ja auch mein Kind werden«, sprach sie leise und stockend. »Nur – ich muß immer an meine Janine denken. Ich brauch Zeit, damit umzugehen.«

      »Wir werden Ihnen Zeit lassen«, betonte Gerhard, ruhig und fest.

      »Danke, Gerhard«, kam es wie ein Hauch über ihre Lippen.

      Angela kam zu ihnen. Sie lehnte sich gegen die Knie ihres Vaters, aber sie sah Ariane unverwandt an.

      »Wie soll ich denn zu Ihnen sagen?« fragte sie plötzlich.

      »Sie meint, wie sie Sie anreden soll«, warf Gerhard ein.

      »Nenn mich Ariane, wie dein

      Papa. Und du darfst auch Du sagen.«

      Das kleine Gesichtchen, die fragend zu ihr emporgehobenen Kinderaugen… Irgend etwas riß und zerrte an Ariane, tief in ihrem Innersten, wo doch ewig lange nichts mehr gewesen war als zu Stein gewordener Schmerz.

      Abrupt stand sie von der Bank auf, tat rasch ein paar Schritte, sinnlos, wie um zu fliehen.

      Gerhards Züge spannten sich, er erhob sich ebenfalls. »Geht sie weg?« wisperte Angela erschrocken. Doch da

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